Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
Vom Netzwerk:
oder?«
    »Sie könnten schon, falls es jemand aus Ihrem Mitarbeiterstab wäre. Ghita Pearson zum Beispiel«, kam Lesley ihm zu Hilfe.
    »Ghita? Oh, natürlich, ja, Ghita. Und man kümmert sich gut um Sie, ja? Sie haben einen Wagen und alles? Gut.«
    Ein ganzer Tag verging und eine ganze Nacht, bevor sie wiederkamen.
    ***
    Diesmal war es Lesley, nicht Rob, die die Sitzung eröffnete, und sie tat es mit einer Frische, die darauf schließen ließ, dass seit dem letzten Treffen etwas Ermutigendes passiert war. »Tessa hat kurz vorher Geschlechtsverkehr gehabt«, teilte sie in heller, sich vor Tatendrang schier überschlagender Stimme mit, während sie ihre Besitztümer ausbreitete wie Beweisstücke vor Gericht – Bleistifte, Notizbücher, Kassettenrekorder, Radiergummi. »Wir gehen von einer Vergewaltigung aus. Das ist noch inoffiziell, obwohl ich annehme, wir werden es morgen alle in der Zeitung lesen können. Bisher ist lediglich ein vaginaler Abstrich gemacht worden, den man sich unterm Mikroskop angeguckt hat, um zu sehen, ob die Spermien noch leben. Sie waren tot, aber man nimmt an, dass es Sperma von mehr als einer Person ist. Womöglich ein ganzer Cocktail. Unserer Ansicht nach wird sich das allerdings nicht mehr feststellen lassen.«
    Woodrow ließ den Kopf in die Hände sinken.
    »Wir müssen die Erklärung unserer eigenen Schlauköpfe abwarten, bevor wir letzte Klarheit haben.« Lesley beobachtete ihn, während sie sprach.
    Rob klopfte wie am Vortag mit dem Bleistift lässig gegen seine großen Zähne.
    »Und das Blut auf Bluhms Jacke stammt von Tessa«, fuhr Lesley im selben freimütigen Ton fort. »Vorläufig, wohlgemerkt. Die können hier nur die Blutgruppen feststellen. A und B. Alles andere müssen wir zu Hause machen.«
    Woodrow hatte sich erhoben, was er auch gern bei informellen Zusammenkünften im Hochkommissariat tat, um die Atmosphäre aufzulockern. Langsam schlenderte er zum Fenster ans andere Ende des Zimmers hinüber und gab vor, die scheußliche Skyline der Stadt zu betrachten. Ein ungewöhnliches Donnern lag in der Luft und jener undefinierbare Geruch der Spannung, die dem wundersamen afrikanischen Regen vorausgeht. Im Gegensatz dazu strahlte Woodrow Ruhe und Gelassenheit aus. Niemand konnte die zwei oder drei Schweißtropfen sehen, die seine Achseln verlassen hatten und an den Rippen hinunterkrochen wie fette Insekten.
    »Hat man es Quayle schon mitgeteilt?«, fragte er, und wunderte sich – wie vielleicht auch die beiden Beamten –, warum der Witwer einer vergewaltigten Frau plötzlich ein Quayle war, und kein Justin mehr.
    »Wir hielten es für besser, wenn er es von einem Freund erfährt«, antwortete Lesley.
    »Von Ihnen«, schlug Rob vor.
    »Selbstverständlich.«
    »Außerdem ist es natürlich auch möglich – wie Les gerade gesagt hat-, dass Tessa und Arnold sich noch eine kleine Abschiedsnummer gegönnt haben. Ob Sie das allerdings erwähnen wollen, bleibt Ihnen überlassen.«
    Was wird wohl der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt?, ging es Woodrow durch den Kopf. Was muss noch passieren, bevor ich dieses Fenster öffne und hinausspringe? Vielleicht war es das, was ich eigentlich von ihr wollte: dass sie mich über die Grenzen dessen hinaustrieb, was ich ertragen kann.
    »Eigentlich mögen wir Bluhm ja«, entfuhr es Lesley in kameradschaftlicher Verzweiflung, als liege ihr sehr daran, dass auch Woodrow dieses Gefühl teilte. »Sicher, wir müssen auf den anderen Bluhm gefasst sein, die Bestie in Menschengestalt. Und dort, wo wir herkommen, tun die friedfertigsten Menschen die schrecklichsten Dinge, wenn sie dazu getrieben werden. Aber wer hat ihn getrieben – falls er getrieben wurde? Niemand, es sei denn, Tessa selbst.«
    Lesleys Pause schien dazu gedacht, Woodrow Gelegenheit zu einem Kommentar zu geben; der aber machte von seinem Recht zu schweigen Gebrauch.
    »Wenn es so etwas wie einen guten Menschen gibt, dann Bluhm«, insistierte sie, als wäre guter Mensch eine Kategorie wie Homo sapiens . »Er hat sehr viel Gutes getan. Nicht zur Selbstdarstellung, sondern weil er es für richtig hielt. Er hat Leben gerettet, sein eigenes aufs Spiel gesetzt, hat an schrecklichen Orten gearbeitet und das nicht mal für Geld, hat Menschen auf seinem Dachboden versteckt. Nun, sind Sie nicht auch dieser Ansicht, Sir?«
    Wollte sie ihn reizen? Oder erstrebte sie lediglich von einem reifen Beobachter Aufklärung über die Beziehung zwischen Tessa und Bluhm?
    »Ich bin mir sicher,

Weitere Kostenlose Bücher