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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Lesley beim Schreiben in ihr Notizbuch laut mit. »Welche Rolle spielte die Tatsache, dass Sie Justins Vorgesetzter sind?«
    »Sie war um Justins Wohlergehen besorgt und wollte sich vergewissern, dass mit ihm alles in Ordnung war.« Woodrow nahm sich bewusst Zeit für seine Antwort, um sich nicht auf ihr verschärftes Tempo einzulassen. »Ich hatte versucht Justin zu überreden, sich für einige Zeit beurlauben zu lassen, aber er zog es vor, auf seinem Posten zu bleiben. Die alljährliche Ministerkonferenz des EADEC: stand an, und er war fest entschlossen, sich der Vorbereitung zu widmen. Das habe ich ihr erklärt und versprochen, weiterhin ein Auge auf ihn zu haben.«
    »Hatte sie ihren Laptop bei sich?«, schaltete Rob sich ein.
    »Wie bitte?«
    »Was ist daran so schwierig? Hatte sie ihren Laptop bei sich – neben sich, auf einem Tisch, unter dem Bett, im Bett? Ihren Laptop. Tessa liebte ihren Laptop. Sie hat E-Mails verschickt. E-Mails an Bluhm. E-Mails an Ghita. E-Mails an einen kranken Jungen in Italien, um den sie sich gekümmert hat, und an einen alten Freund in London. E-Mails an Gott und die Welt, praktisch rund um die Uhr. Hatte sie ihren Laptop bei sich?«
    »Danke für die ausführliche Erklärung. Nein, ich habe keinen Laptop gesehen.«
    »Vielleicht ein Notizbuch?«
    Ein Zögern, währenddessen er in seinem Gedächtnis kramte und seine Lüge formulierte. »Keins, das mir aufgefallen wäre.«
    »Irgendwelche, die Ihnen nicht aufgefallen sind?«
    Woodrow ließ sich nicht herab zu antworten. Rob lehnte sich zurück und betrachtete mit demonstrativer Muße die Zimmerdecke.
    »Was für einen Eindruck hat sie denn gemacht?«, erkundigte er sich.
    »Keine Frau ist in Hochform, wenn sie gerade ihr Kind verloren hat.«
    »Also, wie war sie drauf?«
    »Sie war schwach. Deprimiert. Hat unzusammenhängend geredet.«
    »Aber Sie haben nur über Justin gesprochen. Ihren geliebten Ehemann.«
    »Soweit ich mich erinnere, ja.«
    »Wie lange waren Sie bei ihr?«
    »Ich habe nicht auf die Zeit geachtet, aber ich würde meinen, dass es so etwa zwanzig Minuten gewesen sind. Ich wollte sie nicht ermüden.«
    »Sie haben also zwanzig Minuten lang über Justin geredet. Ob er auch brav seinen Brei isst und so.«
    »Es gab ein paar Unterbrechungen«, sagte Woodrow und errötete leicht. »Wenn jemand fiebert und erschöpft ist und gerade sein Kind verloren hat, ist es nicht so einfach, eine klare Unterhaltung zu führen.«
    »War sonst noch jemand anwesend?«
    »Wie ich bereits sagte. Ich bin allein hingegangen.«
    »Das war nicht meine Frage. Ich habe gefragt, ob sonst noch jemand anwesend war.«
    »Wer soll das gewesen sein?«
    »Wer immer gerade anwesend war. Eine Krankenschwester, ein Arzt. Ein anderer Besucher. Freunde von ihr. Weiblich. Männlich. Afrikanisch. Dr. Bluhm zum Beispiel. Warum muss ich Ihnen alles aus der Nase ziehen, Sir?«
    Zum Zeichen seiner Verärgerung machte Rob Verrenkungen wie ein Speerwerfer, schleuderte zuerst eine Hand in die Luft und schlug dann umständlich ein langes Bein über das andere. Woodrow war unterdessen wieder sichtlich bemüht, in seinem Gedächtnis fündig zu werden: Er runzelte die Stirn, bis sich die Augenbrauen in ebenso amüsierter wie reumütiger Geste fast berührten.
    »Jetzt, wo Sie’s sagen, Rob, ja, Sie haben völlig Recht. Wie clever von Ihnen. Bluhm war da, als ich eintraf. Wir haben einander begrüßt, dann ist er gegangen. Ich würde schätzen, unsere Anwesenheit hat sich um gut und gerne zwanzig Sekunden überschnitten. Na, fünfundzwanzig, weil Sie es sind.«
    Doch Woodrows zur Schau gestellte Unbekümmertheit war schwer erkämpft. Wer zum Teufel hatte dem erzählt, dass Bluhm bei Tessa war? Woodrows größte Sorge hatte allerdings weitaus tiefere Wurzeln; sie reichten bis in die dunkelsten Abgründe auf der anderen Seite seiner Seele hinab, wo sie wiederum jene Kausalkette berührten, an die zu glauben er sich weigerte und die er auf Porter Coleridges wütende Anordnung hin vergessen sollte.
    »Was hat Bluhm denn dort gemacht? Was glauben Sie, Sir?«
    »Er hat mir keine Erklärung angeboten, genauso wenig wie Tessa. Er ist schließlich Arzt, nicht wahr. Abgesehen von allem anderen.«
    »Was hat Tessa gemacht?«
    »Im Bett gelegen. Was haben Sie denn angenommen, was sie gemacht hat?«, platzte er heraus, für einen Moment kopflos. »Flohhüpfen gespielt?«
    Rob streckte beide Beine von sich und bewunderte wie beim Sonnenbaden von ferne seine riesigen Füße. »Weiß

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