Der ewige Held 01 - Die ewige Schlacht
blieb nahe der Reling stehen und blickte über das Meer.
»Vielleicht habt Ihr keinen Geruchssinn, Lord Erekose«, rief der König. Wieder überhörte ich die Bemerkung.
»Es ist eine Schande, daß wir solches Geschmeiß auf unserem Schiff dulden müssen, nachdem wir uns so große Mühe gegeben haben, unsere Decks von ihrem schmutzigen Blut zu säubern«, fuhr der König fort.
Schließlich drehte ich mich wütend um, aber er hatte das Achterdeck verlassen. Ich blickte auf Ermizhad. Sie starrte immer noch in das dunkle Wasser, das von unseren Rudern aufgewirbelt wurde. Sie schien von dem gleichförmigen Rhythmus gebannt zu sein. Ich fragte mich, ob sie die Beleidigungen tatsächlich nicht gehört hatte.
Es gab noch mehrere Vorkommnisse dieser Art an Bord der IOLINDA, während wir nach Noonos segelten.
Wann immer König Rigenos Gelegenheit hatte, sprach er in Ermizhads Gegenwart über sie, als wäre sie nicht da, und er gab sich keine Mühe, seinen Abscheu vor ihr und ihrem Volk zu verbergen.
Mir fiel es immer schwerer, meinen Zorn zu unterdrücken, aber ich tat es, und was Ermizhad betraf, ließ sie nicht merken, ob sie sich durch die rüden Bemerkungen des Königs beleidigt fühlte.
Ich sah weniger von Ermizhad, als mir lieb gewesen wäre, aber, trotz der Warnungen des Königs, entwickelte ich eine Zuneigung für sie. Sie war ganz gewiß die schönste Frau, die ich jemals gesehen hatte. Ihre Schönheit war so völlig anders, als die kühle Schönheit Iolindas, meiner Verlobten.
Was ist Liebe? Selbst jetzt, da sich das Muster meines besonderen Schicksals erfüllt zu haben schien, weiß ich es nicht. O ja, ich liebte Iolinda immer noch, aber ich glaube, daß, obwohl ich es nicht merkte, ich mich auch in Ermizhad zu verlieben begann.
Ich weigerte mich, die Geschichten zu glauben, die über sie erzählt wurden, und ließ mich in meiner Zuneigung für sie nicht beirren, obwohl das - zu diesem Zeitpunkt - mein Verhalten ihr gegenüber nicht beeinflußte. Diese Haltung mußte die eines Gefängniswärters gegenüber einem Gefangenen sein - einem wichtigen Gefangenen allerdings. Einem Gefangenen, der den Krieg gegen die Alten zu unseren Gunsten entscheiden konnte.
Ein oder zweimal fragte ich mich, ob sie als Geisel wirklich so nützlich war. Wenn, wie König Rigenos behauptete, die Alten kaltherzig und nichtmenschlich waren, warum sollte sich Arjavh daran stören, wenn seine Schwester von uns getötet wurde?
Ermizhad, wenn sie das Geschöpf war, für das König Rigenos sie hielt, ließ nichts von ihrer Verderbtheit merken. Statt dessen strahlte sie eine einzigartige Würde aus, die in ausgezeichnetem Gegensatz zu des Königs rohen Scherzen stand.
Und dann fragte ich mich, ob der König die Zuneigung, die ich für Ermizhad empfand, ahnte und die Verbindung zwischen seiner Tochter und seinem unsterblichen Helden für bedroht hielt.
Aber ich hielt Iolinda die Treue. Für mich stand es außer Frage, daß wir bei meiner Rückkehr heiraten würden, wie es abgesprochen war.
Es muß zahllose Arten der Liebe geben. Welches ist die Art, die alle anderen besiegt? Ich kann es nicht erklären. Ich werde es auch nicht versuchen.
Ermizhads Schönheit fesselte mich, weil es eine nichtmenschliche Schönheit war, aber dennoch dem Ideal meiner eigenen Rasse nahe genug, um auf mich zu wirken.
Sie hatte das längliche, spitz zulaufende Gesicht, das John Daker vielleicht als ›elfenhaft‹ zu beschreiben versucht hätte, ohne damit seiner Würde gerecht zu werden. Sie hatte die schrägen Augen, die ihrer seltsamen milchigen Farbe wegen blind wirkten. Sie hatte die etwas spitzen Ohren, die hohen, schrägen Wangenknochen und einen schlanken Körper, der beinahe als jungenhaft zu bezeichnen war. Alle Frauen der Alten waren so schlank, mit kleinen Brüsten und schmalen Hüften. Ihre roten Lippen waren üppig und hatten einen besonderen Schwung, als würden sie jeden Augenblick zu lächeln beginnen.
Während der ersten beiden Wochen unserer Reise weigerte sie sich immer noch zu sprechen, obwohl ich ihr jede Höflichkeit erwies. Ich sorgte dafür, daß sie jede Bequemlichkeit erhielt, und sie ließ mir durch ihre Wächter dafür danken, das war alles. Aber eines Tages stand ich vor den Kabinenaufbauten, in denen sie, der König und ich unsere Zimmer hatten, lehnte an der Reling und betrachtete ein graues Meer und einen bewölkten Himmel, als ich sie auf mich zukommen sah.
»Meinen Gruß, Sir Held«, sagte sie halb spöttisch, als sie
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