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Der ewige Held 02 - Der Phönix im Obsidian

Der ewige Held 02 - Der Phönix im Obsidian

Titel: Der ewige Held 02 - Der Phönix im Obsidian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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abzudrehen, aber die Peitschen der Treiber hielten sie auf Kurs. Das Läuten wurde ständig eindringlicher, bis es uns von allen Seiten einzuhüllen schien.
    Bischof Belphig erschien an Deck. Er trug keine Rüstung, sondern allem Anschein nach eine Art Nachthemd. Darüber hing ein dicker Pelz. Die Schminke in seinem Gesicht war verschmiert und unvollständig. Wahrscheinlich hatte die Glocke ihn mitten im schönsten Vergnügen gestört. Seine Furcht war nicht zu übersehen.
    »Wißt Ihr, was das für eine Glocke ist?« fragte ich ihn.
    »Nein. Nein.«
    Aber ich hatte den Eindruck, daß er es wußte - oder wenigstens ahnte. Und er hatte Angst vor der Glocke.
    Morgeg sagte: »Bladraks ...«
    »Schweig!« schnappte Belphig. »Wie könnte das möglich sein?«
    »Was ist Bladrak?« mischte ich mich ein.
    »Nichts«, murmelte Morgeg, die Augen auf den Bischof gerichtet.
    Ich drang nicht weiter in ihn, aber das Gefühl einer Bedrohung, das ich schon gehabt hatte, als ich den Fuß auf das Schiff setzte, verstärkte sich.
    Das Läuten war jetzt so laut, daß es mich in den Ohren schmerzte.
    »Wendet das Schiff«, ordnete Belphig an.
    »Gebt den Befehl, Morgeg. Schnell!«
    Ich fand seine offensichtliche Furcht recht amüsant, nach dem selbstsicheren Gehabe, das er vorher an den Tag gelegt hatte.
    »Kehren wir nach Rowenarc zurück?« fragte ich.
    »Ja, wir .« Er runzelte die Stirn, seine Augen huschten von mir zu Morgeg und dann zur Reling. Er versuchte zu lächeln. »Nein, ich glaube nicht.«
    »Warum habt Ihr Eure Meinung geändert?«
    »Halt den Mund, verdammt!« Augenblicklich hatte er sich wieder unter Kontrolle. »Vergebt mir, Graf Urlik. Dieser furchtbare Lärm. Meine Nerven .« Und er verschwand im Niedergang.
    Immer noch dröhnte die Glocke, aber die Treiber lenkten die Slevahs jetzt auf neuen Kurs. Die Tiere bäumten sich und peitschten das Wasser, während sie eine volle Drehung vollführten.
    Die Treiber schwangen die Peitschen und ihre Geschwindigkeit nahm zu.
    Das Dröhnen hörte nicht auf, aber es wurde leiser.
    Die schnellen, heftigen Umdrehungen der Räder wirbelten grauen Schaum auf. Das große Meeresfahrzeug schlingerte und bockte, und ich klammerte mich an die Reling.
    Das Dröhnen der Glocke verklang.
    Wieder legte sich Schweigen über das Meer.
    Bischof Belphig tauchte wieder auf. Diesmal trug er seine Rüstung und den Umhang. Auch seine Schminke war diesmal vollständig aufgetragen, aber ich konnte sehen, daß sein Gesicht unter all der Farbe bleicher als gewöhnlich war. Er verbeugte sich vor mir, nickte Morgeg zu. Er versuchte ein Lächeln.
    »Es tut mir leid, daß ich für einen Moment den Kopf verloren habe, Graf Urlik. Ich war gerade erst aufgewacht. Ich war verwirrt. Dieses Geräusch war schrecklich, nicht wahr?«
    »Für Euch schrecklicher als für mich, Bischof Belphig. Ich hatte den Eindruck, Ihr wüßtet den Grund dafür.«
    »Nein.«
    »Und Morgeg ebenfalls. Er erwähnte einen Namen - Bladrak ...«
    »Eine Legende über ein Ungeheuer, Bladrak, mit einer Stimme, wie eine große Glocke. Natürlich glaubte Morgeg, der ein wenig abergläubisch ist, daß das Ungeheuer gekommen wäre, um uns -hm - zu verschlingen.« Sein abgehacktes Lachen klang schrill, und was er sagte, hörte sich nicht im mindesten überzeugend an.
    Wie auch immer - als der Gast dieses Mannes konnte ich nicht weiter in ihn dringen. Ich mußte mit dieser, ganz offensichtlich hastig erdachten Lüge zufrieden sein. Während Belphig Anweisungen für einen neuen Kurs gab, kehrte ich in meine Kabine zurück. Und in meiner Kabine wartete das Mädchen, das ich abgewiesen hatte. Sie lag völlig nackt im Bett und lächelte mich an.
    Ich erwiderte ihr Lächeln und stieg in die Hängematte.
    Aber die Ruhe dauerte nicht lange.
    Ich hatte kaum die Augen geschlossen, als ich einen lauten Ruf hörte.
    Wieder sprang ich aus der Hängematte und eilte auf Deck.
    Diesmal gab es keine Glocken, aber Morgeg und Belphig sprachen mit einem Matrosen auf dem tiefer liegenden Deck.
    Ich hörte die Stimme des Mannes.
    »Ich schwöre, daß ich es gesehen habe! Einen Leuchtturm!«
    »Wir sind meilenweit vom nächsten Hafen entfernt«, wandte Morgeg ein.
    »Dann, Herr, war es vielleicht ein Schiff.«
    »Schon wieder eine Legende?« fragte ich Belphig. Er zuckte zusammen, als er meine Stimme hörte und richtete sich auf.
    »Ich habe wirklich keine Ahnung, Graf Urlik. Ich glaubte, der Mann bildet sich etwas ein. Auf See braucht es nur ein ungewöhnliches

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