Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der ewige Krieg 01 - Der ewige Krieg

Der ewige Krieg 01 - Der ewige Krieg

Titel: Der ewige Krieg 01 - Der ewige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Haldeman
Vom Netzwerk:
aufgestellt wurde, sollte ich zur ›Ausbildung und Unterweisung‹ nach Sterntor zurückkehren, bevor ich mein Kommando bekäme.
    Lange Zeit fanden wir keine Worte vor Bestürzung. »Ich werde protestieren«, murmelte ich zuletzt schwächlich. »Sie können mich nicht zu einem Kommandeur machen.«
    Sie war noch immer wie vor den Kopf geschlagen. Das war nicht nur eine Trennung. Selbst wenn der Krieg vorbei wäre und wir gleichzeitig mit verschiedenen Schiffen zur Erde zurückkehrten, würde die Geometrie der Simultansprünge Jahre zwischen uns auftürmen. Wenn der eine auf der Erde einträfe, würde der andere wahrscheinlich ein halbes Jahrhundert älter sein; wahrscheinlich sogar tot.
    Wir saßen eine Zeitlang schweigend, ließen die exquisit zubereiteten Mahlzeiten unberührt und hatten keinen Bück mehr für die Schönheit um uns; jeder war sich nur des anderen und der zwei Blätter Papier bewußt, die uns mit einem Abgrund trennten, der so unüberbrückbar und wirklich wie der Tod war.
    Wir kehrten nach Soglia zurück. Ich protestierte, aber meine Argumente wurden mit einem Achselzucken abgetan. Ich versuchte zu erreichen, daß Marygay meiner Kompanie zugeteilt würde, aber sie sagten, meine Kompanie sei bereits komplett. Ich wies darauf hin, daß die meisten der Leute wahrscheinlich noch nicht einmal geboren seien. Nichtsdestoweniger sei die Aufstellung abgeschlossen und könne nicht ohne objektiv triftige Gründe geändert werden, sagten sie. Es werde fast ein Jahrhundert dauern, sagte ich, bevor ich den Stützpunkt Sterntor würde erreichen können. Sie erwiderten, daß die militärische Führung in Größenordnungen von Jahrhunderten plane.
    Von der Größenordnung Mensch war nicht die Rede.
    Wir hatten einen Tag und eine Nacht zusammen. Je weniger darüber gesagt wird, desto besser. Es war nicht bloß die Trennung zweier Liebender. Marygay und ich waren füreinander die einzige Verbindung mit der Vergangenheit und unserem ›wirklichen Leben‹ der Erde von 1980 und 1990, die unsere Jugendzeit gesehen hatte. Die perversen Grotesken der Gegenwart, für deren Bewahrung wir kämpfen sollten, sagten uns nichts, hatten für uns kaum eine reale Bedeutung.
    Als ihre Raumfähre startete, war es wie das Versinken eines Sargs im Grab.
    Ich bestellte eine Computerberechnung und erfuhr die Orbitaldaten und die Startzeit ihres Schiffs; rechnete mir aus, daß ich ihren Abflug mit einem Feldstecher von ›unserer‹ Wüste aus beobachten könnte.
    Ich landete auf dem Felsgipfel, wo wir zusammen gehungert hatten, und sah einige Stunden vor dem Morgengrauen einen neuen Stern über dem westlichen Horizont erscheinen, zu strahlender Helligkeit anwachsen und wieder verblassen, als er sich entfernte, ein Stern unter vielen wurde, dann ein schwacher Stern, und schließlich verglomm. Ich ging zu den schroffen Felsabstürzen der Nordseite und starrte zu den im trüben Dunkel liegenden gefrorenen Wellen des Dünenmeers hinab, einen halben Kilometer unter mir. Ich setzte mich und ließ die Füße über dem Abgrund baumeln, ohne an etwas zu denken, bis die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont tasteten und das Relief der Dünen in ein weiches chiaroscuro tauchte. Zweimal verlagerte ich mein Gewicht, wie um zu springen. Daß ich es nicht tat, war weder der Angst vor dem Schmerz noch der Furcht vor dem Verlust meines Selbst zuzuschreiben. Der Schmerz würde nur ein aufblitzender Funke sein, und der Verlust würde letztlich nur die Armee betreffen. Und er würde zugleich ihr endgültiger Sieg über mich sein – nachdem sie mein Leben so lange beherrscht hatte, würde sie ihm nun ein Ende aufzwingen. Diesen Sieg wollte ich ihr nicht lassen. Das war ich dem Feind schuldig.

Vierter Teil

Major Mandella

2458–3143 n. Chr.

1
    Wie war das mit diesem alten Experiment, von dem wir im Biologieunterricht gehört hatten? Man nimmt einen Plattwurm und lehrt ihn durch ein Labyrinth schwimmen. Dann zerstampft man ihn zu Brei und verfüttert ihn an dumme Plattwürmer, und siehe da! Die dummen Plattwürmer können mit einemmal auch durch das Labyrinth schwimmen.
    Ich hatte einen schlechten Geschmack von Generalmajor im Mund.
    In Wirklichkeit mußten sie die Techniken seit meiner Gymnasiastenzeit verfeinert haben. Berücksichtigte man die Zeitdehnung, so waren das immerhin vierhundertfünfzig Jahre für Forschung und Entwicklung.
    Zu meiner ›Ausbildung und Unterweisung‹ im Stützpunkt Sterntor drehten sie keine Generalmajore durch den

Weitere Kostenlose Bücher