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Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede

Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede

Titel: Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Haldeman
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in sämtlichen Modellen notwendig zu sein schien, um zu erklären, was sich einen unvorstellbar kleinen Augenblick – genauer 10 -35 Sekunden – nach der Schöpfung abgespielt hatte.
    Vereinfacht ausgedrückt, musste man während dieser winzigen Periode entweder die Lichtgeschwindigkeit erhöhen oder die Zeit elastisch machen. Aus verschiedenen Gründen war die Elastizität der Zeit stets die wahrscheinlichere Erklärung gewesen.
    All das spielte sich ab, als das Universum gerade mal von Stecknadelkopf- auf Erbsengröße anwuchs.
    Im Taxi zum Flughafen und während des Flugs schlief Amelia, während ich die Feldgleichungen überflog und ihre Lösung mit Hilfe der Pseudo-Operator-Theorie auszuhebeln versuchte. Die Pseudo-Operator-Theorie war so neu, dass ich sie noch nie bei einem praktischen Problem eingesetzt hatte. Amelia kannte sie nur vom Hörensagen. Deshalb musste ich mich wohl erst mal mit ein paar Leuten über die Anwendung unterhalten. Außerdem brauchte ich, wenn ich die Sache richtig angehen wollte, weit mehr Rechenkapazität, als mein Notebook zur Verfügung hatte.
    (Aber angenommen, ich wies nach, dass sie sich täuschten, und das Jupiter-Projekt erhielt grünes Licht, und später stellte sich heraus, dass ich und meine neue Technik einem Irrtum unterlegen waren! Dann würde ein Typ, der nicht damit leben konnte, einen Menschen umgebracht zu haben, alles Leben auf der Welt auslöschen!)
    Die Gefahr bestand darin, dass beim Jupiter-Projekt Wahnsinnsenergien in ein Volumen gepumpt wurden, das noch kleiner als ein Stecknadelkopf war. Peter und Amelia glaubten, dass man damit eine für das Proto-Universum charakteristische Umgebung schuf, die winzige Sekundenbruchteile später zur Umkehrung des Urknalls und zum absoluten Nichts führen würde. Die Vorstellung, dass ein Ereignis in einem Gebiet von der Größe eines Parameciums, eines Pantoffeltierchens, das Ende der Welt – das Ende des Universums – auslösen konnte, war bizarr.
    Die einzige Möglichkeit, die These hieb- und stichfest zu überprüfen, bestand natürlich darin, das Experiment durchzuführen. So wie man ein Gewehr laden und seine Funktionstüchtigkeit prüfen konnte, indem man den Lauf in den Mund steckte und abdrückte.
    Die schöne Metapher kam mir in den Sinn, während ich im Flugzeug die Operator-Gleichungen aufstellte, aber ich behielt sie für mich. Mir war eingefallen, dass ein Mann, der sich erst vor kurzem umzubringen versucht hatte, vielleicht nicht die ideale Besetzung für dieses spezielle Beweisverfahren war.
    Denn natürlich endet das Universum, wenn man stirbt. Aus welchem Grund auch immer.
    Amelia schlief immer noch, den Kopf gegen die Fensterscheibe gelehnt, als wir in Washington landeten. Nicht einmal das veränderte Vibriergeräusch weckte sie. Ich rüttelte sie wach, und sie ließ ohne Protest zu, dass ich ihre und meine Reisetasche nach unten trug – ein Beweis dafür, wie müde sie war.
    Ich kaufte am Zeitungskiosk ein paar Speeds, während sie Peter anrief, um sich zu vergewissern, dass er wach war. Wie sie befürchtet hatte, war er wach und vollgepumpt mit Speed. Also klebten wir uns die Pflaster hinter die Ohren und hatten den Schlaf so gut wie abgeschüttelt, als wir die U-Bahn erreichten. Großartiges Zeug, wenn man es nicht übertreibt. Ich fragte nach und Amelia bestätigte, dass die Dinger Peter praktisch auf den Beinen hielten.
    Nun, was bedeutet schon ein kleiner Schlafentzug, wenn man damit das Universum retten kann? Amelia nahm ebenfalls einiges an Aufputschmitteln, achtete aber darauf, dass sie mindestens drei bis vier Stunden am Tag schlief. Wenn man das nicht tut, stürzt man früher oder später ab wie ein Meteorit. Peter konnte nur mit Unnachgiebigkeit und strenger Logik dazu gebracht werden, dass er sich ab und zu hinlegte. Dabei wusste er genau, dass er irgendwann für seine Unvernunft büßen würde.
    Amelia hatte ihm erzählt, dass ich ›krank‹ gewesen sei, ohne in die Details zu gehen. Ich schlug vor, die Krankheit Lebensmittelvergiftung zu nennen. Alkohol ist schließlich eine Art Lebensmittel.
    Er fragte kein einziges Mal nach. Sein Interesse an Menschen begann und endete mit ihrer Nützlichkeit für ›das Problem‹. Meine Empfehlungen waren, dass ich aller Voraussicht nach den Mund halten würde und dass ich mich bereits in dieser neuen Ecke der Analysis auskannte.
    Er machte die Tür auf, gab mir zur Begrüßung seine kalte, feuchte Hand und musterte mich aus speed-verengten Pupillen.

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