Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede
Entlassungstages stand.
Er machte eine Kanne Kaffee (wobei er prompt Wasser und Kaffeesatz verschüttete, beides aber penibel aufwischte) und setzte sich dann an sein Terminal. Es hatte sich eine Menge Post für ihn angesammelt, das meiste davon verlegene und unbeholfene Worte des Trostes. Ein Brief von der Armee, dass ihm ein Monat Urlaub bei verkürztem Sold zustand und er dann eine Stelle direkt auf dem Campus anzutreten habe, keine Meile von seiner Wohnung entfernt. Der Job trug die Bezeichnung ›wissenschaftlicher Assistent im Militärdienst‹; Arbeitszeit und -umfang sollten später geregelt werden. Da es sich um eine Übergangsstelle ›mit freier Zeiteinteilung‹ handelte, konnte er daheim wohnen. Wenn er das Schreiben richtig interpretierte, wollte das Militär nicht mehr allzu viel mit ihm zu tun haben, war aber aus Prinzip gegen eine Entlassung, weil das andere auf die Idee hätte bringen können, sich durch einen Selbstmordversuch aus der Pflicht zu stehlen.
Mona Pierce war eine gute Zuhörerin gewesen, und sie hatte die richtigen Fragen gestellt. Sie verurteilte Julian nicht – schon eher seine Vorgesetzten, dass sie die Entwicklung nicht vorausgesehen und ihn entlassen hatten, bevor das Unvermeidliche geschah. Und sie nahm keine allzu starre Haltung gegen Selbstmord ein, was Julian als stillschweigendes Einverständnis auffasste, diesen Weg letztlich doch noch zu wählen. Allerdings nicht wegen des Jungen. Viele Faktoren hatten zum Tod des Jungen geführt, aber Julian war gegen seinen Willen in diese Demonstration geraten und hatte angesichts der Ereignisse überlegt und angemessen gehandelt.
Wenn es seinen Bekannten schwer gefallen war, ihm Trost und Zuspruch zu übermitteln, so fiel es ihm doppelt schwer, ihre gut gemeinten Briefe zu beantworten. Er entwarf schließlich zwei Schreiben. Eines lautete schlicht: »Danke für die Anteilnahme. Es geht mir wieder gut.« Das andere war eine ausführlichere Erklärung, für all jene bestimmt, die sie verdienten und nicht als allzu große Belastung empfinden würden. Er feilte noch daran herum, als Amelia mit einem Koffer heimkam.
Sie hatte ihn nicht besuchen können, während er auf der Beobachtungsstation lag. Als er dann entlassen wurde, hatte er sie anzurufen versucht, aber sie war nicht daheim gewesen. In ihrem Büro hatte es nur geheißen, sie sei verreist.
Sie umarmten sich und tauschten ein paar Zärtlichkeiten aus. Er schenkte ihr eine Tasse Kaffee ein, ohne Fragen zu stellen. »Ich habe dich noch nie so erschöpft gesehen. Pendelst du immer noch zwischen hier und Washington hin und her?«
Sie nickte und nahm die Tasse. »Außerdem war ich in Genf und Tokio. Ich musste mit ein paar Leuten bei CERN und in Kyoto sprechen.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Um Mitternacht fliege ich weiter nach Washington.«
»Heiland! Was kann so wichtig sein, dass du dich dafür umbringst?« Sie sah ihn einen Moment lang an, und dann lachten sie beide etwas verlegen.
Sie schob den Kaffee beiseite. »Stellen wir den Wecker auf halb elf und schlafen wir ein wenig! Fühlst du dich fit genug, um mich nach Washington zu begleiten?«
»Um diesen geheimnisvollen Peter kennen zu lernen?«
»Und ein paar Gleichungen zu knacken. Ich brauche jede Hilfe, die ich kriegen kann, um Macro zu überzeugen.«
»Wovon? Was ist so verdammt…«
Sie stand auf und begann sich auszuziehen. »Erst Bett. Dann Schlaf. Dann Erklärungen.«
während amelia und ich uns verschlafen anzogen und ein paar Sachen für die Reise zusammensuchten, erklärte sie mir in groben Zügen, was mich in Washington erwartete. Meine Müdigkeit war im Nu verflogen.
Wenn sich Amelias Schlussfolgerungen zu Peter Blankenships Theorie als richtig erwiesen, dann musste das Jupiter-Projekt eingestellt werden. Es konnte buchstäblich alles vernichten: die Erde, das Sonnensystem, letztlich sogar das Universum. Es würde zurück zur Diaspora führen, zum Urknall, mit dem alles begonnen hatte.
Jupiter und seine Monde würden in einem Sekundenbruchteil zerstört werden, die Erde und die Sonne ein paar Minuten später. Als nächstes würde die expandierende Teilchen- und Energie-Blase jeden Stern unserer Galaxis verschlingen und von da an unaufhaltsam den Rest.
Ein kosmologischer Aspekt des Jupiter-Projekts war die Überprüfung der Theorie vom ›inflationären Universum‹. Sie war fast ein Jahrhundert alt und hatte trotz Plumpheit und überwiegender Skepsis ihren ›ad-hoc‹-Zustand überlebt, weil sie
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