Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
Haut überzog.
René Bavarois begann seine Rede mit Plattitüden wie „kometenhafte Karriere“, „die richtige Frau am richtigen Ort“ und „Ausstieg auf dem Höhepunkt einer glanzvollen Laufbahn“, während Geza, um die sich dieses rhetorischen Feuerwerk ja drehte, vor allem damit befasst war, nicht allzu undamenhaft zu schwitzen. War es die schwüle, drückende Hitze im Raum oder Angstschweiß ob des unausweichlichen Moments, da Bavarois sie zum Podium rufen würde? Der Commandant de Police hatte ihr zwar versprochen, sie werde sich kurz fassen dürfen, aber dennoch würde sie vor Publikum reden müssen, und das war das Einzige, was Geza noch mehr hasste als telefonieren.
„Aber der Vortrag in Genf war doch auch ganz wunderbar, ganz wunderbar, ja“, hatte er sie bei der Vorbesprechung des Empfangs in seinem Büro am Vortag überschwänglich gelobt. „Eine studierte Profilerin aus Deutschland, die kommt, um uns zu helfen, einen Mord an einem Kollegen aufzuklären – da steht man nun mal im Mittelpunkt des Interesses. Sie schaffen das schon. Sie werden sehen, es tut gar nicht weh.“
Geza musste anerkennend feststellen, dass René Bavarois sich an seine Worte hielt und die Würze in der Kürze suchte. Er umriss in kargen Worten die Stationen von Gezas Karriere – Abitur in Mannheim, Studium der Psychologie mit Schwerpunkt forensische Psychologie in Heidelberg, Abschluss als Jahrgangsbeste, Ausbildung zur polizeilichen Fallanalytikerin beim BKA in Wiesbaden, Fortbildung und ein Jahr Assistant Teachership beim FBI in Quantico, Virginia. „Außer zahlreichen Bußgeldbescheiden wegen zu schnellen Fahrens ist sie selbst hingegen nie auffällig geworden, wie mir die deutschen Kollegen versicherten“, versuchte Bavarois sich nach diesen trockenen Fakten kühn an einer Art Pointe.
„Nie auffällig“, dachte Geza bitter. „Wenn der wüsste.“
„Außerdem achtet Mademoiselle Wolf“ – Geza verzog bei der Anrede das Gesicht – „streng auf ihre Privatsphäre, und im Netz gibt es trotz zahlreicher sehr lesenswerter Fachpublikationen weniger Fotos von ihr, als in den Archiven deutscher Radarfallen.“
Dann machte der Commandant de Police noch ein paar Anmerkungen darüber, wie erfreut alle Kollegen bei der Pariser Kripo seien, Geza als Gast in ihren Reihen willkommen heißen zu dürfen. Er endete mit: „Meine Damen und Herren, ich übergebe das Wort an Geza Wolf, unsere neue, um den saloppen Begriff zu benutzen, Gast-Profilerin, auf die ganz Paris schaut.“ Nun gab es kein Entkommen mehr.
Alle Augen richteten sich auf die schmale, ausgesprochen sportlich wirkende blonde Frau, die mit zögernden Schritten das Podium erklomm und dabei einen Zettel entfaltete, der in den letzten fünfundzwanzig Minuten in ihrer Hand immer klammer geworden war. Die Details ihrer spektakulärsten Fälle, die Geza in den kommenden zehn Minuten ausbreitete, wollten gar nicht zu der zierlichen Frau passen, aus deren Mund sie erklangen.
Das lauwarme Büffet rührte danach niemand mehr an.
Den Abend verbrachte Geza damit, ihre wenigen aus Mannheim mitgebrachten Habseligkeiten in dem beschaulichen Gästezimmer ihrer Freundin und Kollegin einzuräumen. Danielle Kahn, die aus einer jüdischen Intellektuellenfamilie stammte, war eine der renommiertesten Pariser Sexualtherapeutin und beinharten Freudianerin. Danielle hatte Geza nach DER SACHE nicht nur auf die Beine geholfen, sie hatte sie buchstäblich ins Leben zurückgeholt. Nur mit ihrer Stimme, dieser Stimme, die immer klang, als übernachte die Freundin in Gauloises-Schachteln, und zwar filterlosen – und mit ihrer
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