Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
„Single“ ausgegeben. Warum auch nicht? Der Status „In einer Beziehung“ hätte die Chancen auf einen aussichtsreichen und anregenden Flirt stark gemindert
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Sie erinnert sich: Seine erste Nachricht in ihrem Posteingang. Nicht gerade vielversprechend, das Übliche „Hi, wie geht’s?“, und einige nichtssagende Worte. Gezeichnet: Vince Vega. Aber die Schreibe des Mannes im Chat fesselt sie, und so antwortet sie, und hinter den Floskeln kommt ein intelligenter, sensibler, gefühlvoller Mann zum Vorschein, der sie stärker in seinen Bann zieht, als ihr lieb ist. Schon bald ist es soweit: die Frage nach einem realen Treffen. Das lehnt sie zunächst ab. Doch nach einiger Zeit hat er ihr Vertrauen und sie seinem Drängen nichts mehr entgegenzusetzen. Mit Théo ist sie seit fast sechs Jahren liiert, sie ist Krankenschwester im Hôtel-Dieu am Parvis Notre Dame, hat eine beste Freundin und seit sie denken kann die immer gleichen Hobbies – Shoppen und Seifenopern im Nachmittagsprogramm, wenn sie gerade keinen Dienst hat. Ein bisschen Abwechslung zwischendurch kann da nicht schaden
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Dann die Erinnerung an die Enttäuschung: Dasselbe Café. Sie wartet seit zwanzig Minuten, aber Vincent kommt nicht. Sie ist verwirrt ... er hatte doch auf das Treffen bestanden! Entweder ist er ein Fake, oder sie muss sich Sorgen machen, dass ihre weiblichen Reize mit einunddreißig Jahren nachlassen. Nach einer Dreiviertelstunde und einigen Martini beschließt sie zu gehen, doch als sie die Bedienung um die Rechnung bittet, setzt sich ein Mann zu ihr. Sie hat nicht vor, sich mit ihm zu unterhalten. Man hat sie versetzt, das erste Mal in ihrem Leben, sie ist schwer gekränkt. Außerdem ist der Typ lange nicht so ansprechend wie Vincent. Nicht hässlich, aber auch keine Schönheit, mit seinem etwas zu langen Haar und der zu großen Nase, aber sie muss zugeben, dass er ein ziemlich freches Lächeln hat, als er ihr offenbart, dass er sie bereits eine Weile beobachte und es ihm leid tut, dass ihre Verabredung nicht erschienen ist. Anfänglich will sie sich darüber empören, aber die Worte des Mannes schmeicheln ihr, trösten sie über Vincents Verrat hinweg. Er stellt sich als Gabriel vor und verwickelt sie in ein Gespräch, sagt ihr irgendwann, wie schön er sie findet. Was soll’s, sie hat nichts zu verlieren, Vincent hat sie versetzt, und Komplimente haben dem Selbstbewusstsein noch nie geschadet. Es wird ein lustiger Abend, sie lachen viel und reden über Gott und die Welt
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Szenenwechsel: Auf der Straße, bei Nacht. Als das Café schließt, begleitet Gabriel sie zum Auto. Er öffnet es mit ihrem Schlüssel und hält galant die Tür auf, so dass sie bequem einsteigen kann. Das seltsame Schwindelgefühl hat sie bereits, als sie das Café verlässt, aber sie schiebt es auf den Alkohol und die frische Luft. Doch als sie sich setzt, beginnt sich die Welt um sie zu drehen. Als die Autotür zufällt, ist sie nicht mehr Herrin ihrer Sinne, und dass Gabriel plötzlich neben ihr sitzt, registriert sie mit Entsetzen. Ihre Gedanken schlagen Purzelbäume, gleiten wirr ab. In Panik greift sie in ihre Tasche, nach dem Handy, da trifft sie ein harter Schlag ... schon wieder ein harter Schlag? ... war da nicht gerade eben .... ins Gesicht, und alles um sie herum wird schwarz
...
Nun liegt sie hier. Hilflos, gefesselt, voller Schmerz und Blut, in aussichtloser Lage, aber sie will leben. Sie darf nicht aufgeben, muss versuchen, strategisch zu denken, eine ihrer Stärken, die ihr oft zum Vorteil gereicht hat. Sie muss ihre Lage richtig einschätzen, sich bewusst machen, in welchem Zustand sie ist, wo sie sich befindet und wie sie auch nur die geringste Chance gegenüber ihrem Peiniger ausnutzen kann.
Mühsam hebt sie den Kopf und beginnt, mit verquollenen Augen ihren Kerker zu erkunden. Es ist noch immer
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