Der Facebook-Killer
draußen kann dich niemand hören.“ Er trat hinter sie, und Zoë spürte, wie er ihren Kopf in die Hände nahm und leicht drehte. Sie sollte sich offenbar einen Eindruck von ihrer Umgebung verschaffen.
Es war tatsächlich tiefste Nacht, wie Zoë jetzt langsam registrierte, doch ein Auto, den Umrissen nach zu urteilen ein Geländewagen, parkte in der Nähe; sein Fernlicht war eingeschaltet und tauchte die ohnehin unwirkliche Szenerie in grellweiße Zwillingslichtkegel.
Der obere Rand eines Steinbruchs irgendwo mitten im Wald, Rotsandstein und Nadelbäume.
Böse kichernd ließ er sie los und ging zum Wagen hinüber. Kurzzeitig verschluckte ihn die Nacht, als er hinter die Scheinwerfer trat. Dann kam er wieder zum Vorschein, in der Hand einen Leichtmetall-Baseballschläger. Er trat auf Danielle zu, deren Gesicht zu einer Maske des Entsetzens wurde. „Nein“, flehte sie. „Bitte nicht …“
Vince lachte wieder sein gehässiges Lachen. Das Licht der Autoscheinwerfer blinkt auf dem Aluminium des Baseballschlägers.
„1. Moses 37, 20“, intonierte er feierlich. Zoë hatte das Gefühl, sie werde sich jeden Augenblick vor Angst in die Hose machen. „So kommt nun und lasst uns ihn erschlagen und in eine Grube werfen und sagen, ein böses Tier habe ihn gefressen, so wird man sehen, was seine Träume sind. Du wurdest gerichtet und für schuldig befunden des Ehebruchs, Danielle Kahn.“
Locker aus dem Handgelenk schlug er zu. Mit einem dumpfen Krachen traf der Hieb den Körper der Gefesselten, der am Seil ein Stück zurückgeschleudert wurde.
Zoë schmeckte Galle im Mund. „B… bitte … aufhören …“, wimmerte Danielle Kahn nach einigen Sekunden und versuchte, wieder Boden unter den Füßen zu bekommen.
„Ah, und am Ende flehen sie alle um Vergebung“, höhnte Vince. „Bereust du, was du getan hast, du Schlange?“
Danielle Kahn brachte irgendwie ein Nicken zustande. Zoës Augen brannten – weil sie sie nicht schließen konnte und wegen der Tränen. Sie weinte um diese arme, gepeinigte Frau und um sich selbst. Nie zuvor im Leben hatte sie derart abgründige Angst empfunden.
Plötzlich merkte sie, dass Vince ganz dicht vor ihr stand.
„Siehst du auch gut hin, Zoë? Ja? Das ist gut. Denn du bist die Zeugin meiner Rache. Ich werde dieser Frau jetzt sehr, sehr wehtun – aber sie hat es verdient. Und du wirst von meinem Handeln im Namen des HERRN künden.“
Millionen von Gedanken rasten durch Zoës Kopf. Warum hatte sie nicht beharrlicher versucht, Mafro zu erreichen?
„Sie hat gesündigt wider die Gebote des Herrn“, fuhr Vince in seinem seltsam verzückten Singsang fort. „Nun aber, nun ist es Zeit für das Strafgericht!“
Mit weit ausgreifenden Schritten kehrte er zu seinem Opfer zurück
„Bitte …. nicht“, flehte die gefesselte Frau.
„Das gefällt mir. Ja, komm, fleh noch ein wenig um dein wertloses Leben!“ Er holte weit aus und traf Danielle Kahns rechte Schulter. Zoë hörte Knochen brechen; die Gefolterte schrie gellend.
„Bereust du, was du getan hast?“, wiederholte Vince ganz dicht an ihrem Ohr.
„Ja, oh ja, ich bereue es, es war falsch, ich werde es nie wieder tun … hören Sie … ich bereue …“, stammelte sie. Sie wollte nur noch, dass dieser Albtraum hier ein Ende hatte, dass der Schmerz aufhörte.
Ja – das musste es sein. Ein Albtraum. Das alles war sicher nur ein Albtraum. Sie lag sicher daheim in ihrem Bett in ihrer Stadtvilla und würde gleich erwachen und über all das hier nur irritiert den Kopf schütteln …
Vince ging schweren Schrittes, fast wie ein angeschlagener Boxer, zur Mitte der Lichtung am oberen Rand des Steinbruchs, an deren einer Seite Zoë an einen Felsen gelehnt saß. Den Baseballschläger schleifte er über den Boden hinter sich her. Danielle Kahn hing mit auf die Brust gesacktem Kopf da und schluchzte. Vince kauerte sich vor Zoë hin und streichelte ihr fast behutsam mit den langen Fingern seiner freien rechten Hand über die Wange. Er führte den Baseballschläger mit links, musste also wohl Linkshänder sein. Unwillkürlich registrierte Zoë, dass seine Finger sich anfühlten wie die eines Mannes, der noch keinen Tag in seinem Leben körperlich hatte arbeiten müssen.
„Du machst das gut. Du bist eine gute Zeugin, ja, das bist du, und wer wäre besser geeignet als du – schließlich ist das hier auch eine Botschaft an deinen Freund Mafro und seine Psychotante, verstehst du?“
In seinem Rücken sah Zoë die Frau, die er Danielle
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