Der Facebook-Killer
dass sie vom selben Täter begangen wurden.“ Sie wies auf die Bilder Nadine Weills, Léa Gerzons, Michelle Tourrendes und Danielle Kahns.
„Des Weiteren dürfte der Täter für den Tod mindestens eines Mannes verantwortlich sein.“ Sie wies auf das Bild des mit einem Druckluftnagler gekreuzigten Nicolas de Ségur und nannte seinen Namen. „Er war der Liebhaber eines der weiblichen Opfer und gehört nicht zur eigentlichen Mordserie, sondern stellt eine Art Kollateralschaden dar.“
Sie machte eine Pause, um das Gesagte einsickern zu lassen, und entfernte sich wieder ein paar Schritte vom Whiteboard.
„Der Mann, den wir suchen, ist sehr organisiert. Er ist belesen und offenbar sehr bibelfest. Er weidet sich am inszenierten, zelebrierten Tod seiner Ofer …“
„Kurzum, ein krankes Arschloch.“ Das war wieder die Stimme des Flics, der mit verschränkten Armen auf seinem Stuhl saß und gegen die Wand hinter ihm kippelte. „So jemand ist doch kein Polizist!“ Rings um ihn herum erklang zustimmendes Murmeln.
Aber Geza konnte nur eines denken: Der Typ hatte Danielle umgebracht. „Ich verstehe Ihre Abwehrreaktion.“
Der Blick, den der Gendarm ihr zuwarf, war pure Aggression.
„Es spricht allerdings vieles dafür.“ Gezas Stimme war so eisig, dass sich niemand im Raum gewundert hätte, wenn sich Raureif auf ihren Lippen gebildet hätte. „Auf jeden Fall aber haben wir einen Frauenhasser. Es ist davon auszugehen, dass sein gestörtes Verhältnis zum weiblichen Geschlecht in seiner Kindheit oder Jugend begründet liegt, aber in der Adoleszenz, vielleicht sogar jüngst eine psychotische Verstärkung erfahren hat. Er tötet unserer ersten Einschätzung nach sexuell aktive, vielleicht in seinen Augen promiskuitive Frauen. Vielleicht ist das, was wir hier miterleben dürfen, indem wir die Leichen aufsammeln, so eine Art moralischer Kreuzzug.“
„Oder vielleicht steht er auch einfach nur auf die zehn Gebote und mordet nach denen“, mischte sich die junge Gendarmin, die Bavarois als „Mademoiselle Lorris“ bezeichnet hatte, eifrig ein. „Ich habe da mal einen Thriller von David Fincher gesehen, da tötet einer nach den Sieben Todsünden.
Sieben
heißt der, kennt den jemand hier?“
Eine uniformierte Cineastin. Na großartig. Geza schluckte eine beißende Bemerkung hinunter und fuhr fort, als habe die junge Gendarmin nichts gesagt:
„Die Art, wie er die Frauen auswählt, tötet und schließlich – man kann es nicht anders sagen – hinrichtet ist komplett durchgeplant, nichts anderes als ein einziger großer Beweis seiner Macht. Leben und Tod dieser Frauen …“ Sie unterbrach sich und warf einen Blick auf den viehisch zugerichteten Leichnam Nicolas de Ségurs in Hochglanz an der Wand hinter ihr. „… dieser Menschen liegt in seiner Hand. Das macht ihn gottgleich. Allmachtsphantasien.“
Aus dem Augenwinkel sah sie Fronzac nicken. Er wirkte trotz der Tatsache, dass der mehrfache Mörder, von dem hier die Rede war, aller Wahrscheinlichkeit nach seine ehemalige Freundin in seiner Gewalt hatte, konzentriert und vollkommen fokussiert auf ihren Vortrag. Der Mann war wieder voll mit dabei, wurde mit jedem Tag, den die Untersuchung dauerte, wacher. Ein in der Wolle gefärbter Kriminalist, der Blut geleckt hatte. Zumindest diesen Teil von Bavarois’ Auftrag hatte sie zur Zufriedenheit erfüllt. Jetzt beugte er sich zu Larbi hinüber und flüsterte ihm etwas zu. Ja, Fronzac war ohne Zweifel auf der Jagd. Gut.
„Sie haben natürlich in einem Punkt zumindest scheinbar recht, Monsieur“, fuhr Geza an den Uniformierten neben der Rothaarigen gewandt fort. „Im Gegensatz zu typischen Serientätern wechselt dieser Mann scheinbar seine Vorgehensweise – aber nur, wenn man gedanklich zu kurz springt.“ Der muskulöse Flic, der behauptet hatte, ihr Buch gelesen zu haben, zuckte zusammen, als habe sie ihm eine Ohrfeige verpasst. „In Wirklichkeit heißt sein Modus Operandi nämlich ‚Ich töte in Nachahmung biblischer – streng genommen sogar alttestamentarischer – Hinrichtungsmethoden‘, und den hält er perfekt durch. Das gleiche gilt auch für den Geschlechterwechsel seiner Opfer – auch eine nicht zu Ende gedachte Beobachtung, Monsieur. Nein, der Kerl wechselt nicht das Geschlecht seiner Opfer. Wir haben es ganz eindeutig mit einem Frauenmörder zu tun. Dass er Nicolas de Ségur umgebracht hat, war … Kollateralschaden.“ Dann drehte sie sich um und hängte die Fotografie ans Whiteboard, die sie
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