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Der Faenger im Roggen - V3

Titel: Der Faenger im Roggen - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Salinger
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mich durchfallen lassen, ich falle ja ohnedies in
    allen Fächern außer im Englischen durch. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr Holden
    Caulfield .« Er legte mein verdammtes Blatt weg und schaute mich triumphierend an, als ob er
    mich gerade im Pingpong oder so besiegt hätte. Ich glaube, ich kann ihm nie verzeihen, daß er
    mir diesen Mist vorlas. Ich jedenfalls hätte ihm das nicht vorgelesen, wenn er es verfaßt hätte
    - soviel ist sicher. Vor allem hatte ich diesen verdammten Schluß ja nur geschrieben, damit es
    ihm nicht so schwer fiele, mich durchfallen zu lassen.
»Machst du mir einen Vorwurf daraus, daß ich dich durchfallen ließ, Junge?« fragte er.
»Nein, Sir, ganz gewiß nicht«, sagte ich. Und ich hätte verflucht viel darum gegeben, wenn er
    aufgehört hätte, mich die ganze Zeit Junge zu nennen.
Er versuchte meine Examensarbeit auf das Bett zu werfen, als er damit fertig war. Natürlich
    traf er wieder daneben. Ich mußte wieder aufstehen und sie vom Boden aufheben und sie auf die
    Zeitschrift legen. Es ist langweilig, das alle zwei Minuten zu tun.
»Was hättest du an meiner Stelle getan?« fragte er. »Sag die Wahrheit, Junge.«
Offenbar kam es ihm ziemlich schäbig vor, daß er mich hatte durchfallen lassen. Ich sagte also
    meinen Spruch auf. Ich sagte, ich sei eben ein Dummkopf und so. Ich sagte, an seiner Stelle
    hätte ich genau dasselbe getan, und die meisten Leute wären sich nicht richtig klar darüber,
    wie schwer es ein Lehrer habe.
Und lauter solches Zeug. Die üblichen Sprüche.
Komischerweise dachte ich aber an etwas anderes, während ich meinen Spruch aufsagte. Ich wohne
    in New York, und ich dachte an den See im Central Park, in der Nähe von Central Park South. Ich
    dachte, ob er wohl zugefroren wäre, wenn ich heimkäme, und wo dann wohl die Enten hingingen.
    Ich fragte mich, was aus den Enten würde, wenn der ganze See zugefroren wäre. Ob wohl einer mit
    einem Auto käme und sie in einen Zoo oder sonst irgendwohin brächte. Oder ob sie einfach
    fortflögen.
Ich habe es eigentlich gut. Ich meine, ich konnte dem alten Spencer meinen Spruch aufsagen und
    gleichzeitig an die Enten denken. Komisch. Man braucht nie besonders nachzudenken, wenn man mit
    einem Lehrer spricht. Aber plötzlich unterbrach er mich. Er unterbricht einen immer.
»Was für ein Gefühl hast du bei der ganzen Sache, Junge? Das würde mich interessieren, wirklich
    sehr interessieren.«
»Sie meinen, daß ich von Pencey weg muß?« sagte ich. Ich hätte nur gewollt, daß er seine
    knochige Brust bedeckt hätte. Es war nicht gerade ein überwältigend schöner Anblick.
»Wenn ich nicht irre, hattest du auch in Whooton und in Elkton Hills Schwierigkeiten.« Das
    sagte er nicht nur sarkastisch, sondern ziemlich gemein.
»In Elkton Hills hatte ich keine besonderen Schwierigkeiten«, antwortete ich. »Ich bin nicht
    geschaßt worden oder so. Ich bin einfach weggegangen.«
»Und warum, wenn ich fragen darf?«
»Warum? Ach, das ist eine lange Geschichte, Sir. Ziemlich kompliziert.« Ich hatte keine Lust,
    ihm das alles zu erzählen. Er hätte es ohnedies nicht verstanden. Es war nicht in seiner
    Linie.
Ein Hauptgrund, warum ich von Elkton Hills fortging, war, daß lauter blasierte Heuchler dort
    waren. Das ist alles. Sie kamen aus allen Ritzen. Zum Beispiel der Rektor, Mr. Haas, war der
    verlogenste Hund, dem ich je begegnet bin. Hundertmal schlimmer als Thurmer. An Sonntagen zum
    Beispiel ging er herum und begrüßte alle Eltern, die auf Besuch kamen. Dann war er
    unbeschreiblich charmant.
Ausgenommen, wenn einer komische Eltern hatte. Es war sehenswert, wie er die Eltern von meinem
    Zimmergenossen behandelte. Ich meine, wenn eine dick oder schlecht angezogen war oder so und
    wenn ein Vater einen Anzug mit wuchtigen Schultern anhatte und geschmacklose schwarzweiße
    Schuhe, dann gab ihnen Haas nur schnell die Hand und lächelte blasiert und redete eine gute
    halbe Stunde lang mit anderen Eltern. So etwas kann ich nicht ausstehen. Es macht mich rasend.
    Es deprimiert mich so, daß ich verrückt werde. Die ganze verdammte Schule war mir
    verhaßt.
Spencer fragte mich irgend etwas, aber ich hörte nicht zu. Ich dachte an diesen Haas. »Wie,
    Sir?« sagte ich.
»Bedrückt es dich, daß du von Pencey fortgehst?«
»Ach, etwas schon, sicher. Aber nicht besonders. Jetzt jedenfalls noch nicht. Wahrscheinlich
    ist es mir noch gar nicht richtig klar. Es dauert immer eine Weile, bis mir etwas klar wird.
    Vorläufig denke ich nur

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