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Der Fänger

Der Fänger

Titel: Der Fänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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war verschwunden!
    Wir rannten nach draußen.
    Keine Spur von ihm. Der Russe hatte die Zeit genutzt und war abgetaucht. Er musste zu Fuß unterwegs sein, denn das Starten eines Autos hatten wir nicht gehört. Doch im Gegensatz zu uns kannte er sich in der Gegend aus, was bei Suko und mir nicht der Fall war. Uns waren die Schlupflöcher unbekannt.
    Wir schauten uns an. Beide waren wir sauer, und mir kam die Galle hoch.
    »Sag am besten nichts, Suko«, brummte ich. »Ich weiß selbst, dass wir uns wie die Idioten verhalten haben.«
    »Konnten wir denn damit rechnen?«
    Ich hob die Schultern.
    Suko suchte auch die Dächer der Häuser mit Blicken ab. Dort entdeckte er ebenfalls nichts. Die Straße lag in ihrer Normalität wie eingehüllt, und die Menschen, die wir im Freien sahen, waren harmlos.
    »Sartow ist der Mörder«, sagte Suko, als wir zurück in das kleine Hotel gingen.
    »Zumindest weiß er Bescheid.«
    »Und warum fürchtet er sich vor dem Kreuz!«
    Ich hob die Augenbrauen. »Ich denke, dass er seine wahre Gestalt verborgen hat.«
    »Also doch ein Werwolf?«
    »Möglich. Seine Zeit ist die Dunkelheit, und die ist noch nicht eingetreten.«
    »Leider ist er geflohen.«
    Darauf gab ich keine Antwort. Ich stieß die Tür auf, und wenig später empfing uns die bullige Wärme des Hotels. Edna Turner schaute uns aus weit aufgerissenen Augen entgegen und schüttelte zuckend den Kopf, weil sie einfach nicht fassen konnte, was hier abgelaufen war.
    »Bitte«, flüsterte sie, »bitte, ich habe damit nichts zu tun. Ich kenne Mr. Sartow nur als einen netten Menschen, den man gern als Gast beherbergt. Er war immer fair zu mir, und ich habe mich nie beschweren können.«
    »Schon gut«, sagte ich. »Was wissen Sie noch über ihn?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Hat er Urnen gesagt, wo er lebt? Oder hat er ausschließlich hier im Hotel gelebt?«
    »Nein, nein, das hat er nicht«, berichtete sie. »Er kannte auch Menschen hier in der Stadt und hat nur die Mädchen hier einquartiert. Das ist alles.«
    »Sonst wissen Sie nichts von ihm?«
    »Mir fällt nichts ein«, flüsterte sie und ließ sich auf ihren Stuhl fallen, weil ihre Knie weich geworden waren. »Das müssen Sie mir glauben. Wir hatten keinen privaten Kontakt.«
    »Hat er ihnen nie etwas erzählt?«
    »Doch, über seine Heimat. Er hat Russland sehr geliebt. Obwohl er sich auch hier auskannte, hätte er hier in London nicht leben wollen.« Sie rieb die Hände gegeneinander. »Allerdings hat er hin und wieder telefoniert.«
    »Mit wem?«
    »Es war ein Mann namens Boris. Den Nachnamen weiß ich nicht.« Sie dachte einen Moment nach und nickte schließlich. »Einmal hat er ihn Doc genannt.«
    »Ein Arzt?«
    »Kann sein. Mehr weiß ich wirklich nicht.«
    Ich lächelte ihr zu. »Vielen Dank, Mrs. Turner.«
    Sie ahnte, dass wir gehen wollten und fragte mit leiser Stimme: »Und was ist, wenn er hierher zurückkehrt?«
    »Er wird es nicht, Mrs. Turner, verlassen Sie sich darauf. Kümmern Sie sich um die Mädchen, dieser Igor Sartow gehört uns...«
    ***
    Raissa Chorin wunderte sich, als das Taxi vor einem Grundstück hielt, das von einer grauen Mauer umgeben war. Sie schaute gegen das offen stehende Tor und fragte: »Ist das hier das Hotel?«
    Igor, der den Fahrer entlohnte, nickte. »Ja, das ist es.«
    »Sieht seltsam aus.«
    »Warum?«
    »So klein. Die Londoner Hotels habe ich mir anders vorgestellt. Viel größer.«
    »Die gibt es auch.« Sartow half Raissa galant aus dem Wagen. »Aber dieses Hotel haben wir gemietet. Hier leben nur die Mädchen, die bald ihre große Chance bekommen.«
    »Ja, natürlich...«
    Der Fahrer fuhr weg.
    »Du musst keine Angst haben.« Der Fänger nahm sein Opfer in die Arme. »Es geht schon alles mit rechten Dingen zu. Ich weiß, dass viele junge Frauen in eine Hölle hineingeraten sind. Darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
    »Schön.« Sie lächelte zaghaft. »Und wann lerne ich Wanda Rice kennen?«
    »Sie wird kommen.«
    »Super.«
    Das Tor stand offen. Dahinter breitete sich ein Grundstück aus, das mit Bäumen bewachsen war. Ihr Laub hatten sie verloren. Es lag auf dem Boden und bildete dort eine braune Schicht. Über allem lag ein grauer Himmel. Schnee fiel keiner, aber einige nicht abgetaute Reste verteilten sich im Park und erinnerten an liegen gelassene, schmutzige Lappen.
    Der Fänger hatte seinen Arm um die Schultern der jungen Frau gelegt. Doch Raissa fühlte sich dadurch nicht beschützt. Sie glaubte eher daran, dass

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