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Der Fänger

Der Fänger

Titel: Der Fänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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»Los, geh rein!«
    Es blieb Raissa nichts anderes übrig, als dem Befehl Folge zu leisten. Sie trat in den Raum, der jetzt ihr Zimmer sein würde. Bevor sie sich richtig umgeschaut hatte, war die Tür hinter ihr wieder geschlossen worden, und sie hörte auch das typische Geräusch, das entsteht, wenn jemand einen Schlüssel herumdreht.
    Gefangen! Ich bin gefangen! Nichts anderes schoss ihr durch den Kopf. Sie drehte sich um, starrte die Tür an und wollte an der Klinke rütteln und zerren. Doch dort befand sich nur ein Knauf, der sich nicht einmal drehen ließ.
    Raissa ging zum Fenster. Einen Griff hatte es nicht. Das Klopfen gegen die Scheibe machte ihr klar, dass sie es mit einem besonders starken Glas zu tun hatte. Sie würde es kaum einschlagen können.
    Zitternd blieb sie stehen. Ein Strom aus Tränen schoss aus ihren Augen. Die Knie waren ihr weich geworden. So schaffte sie es soeben noch bis zum Bett und sich darauf zu werfen. Im nächsten Moment brach all das Elend aus ihr heraus, das sie spürte.
    Es war grausam, es war schaurig. Das heftige Schluchzen schüttelte ihren Körper durch, während sie gedanklich ein Horror-Szenario erlebte. Es gab keine andere Möglichkeit. Sie war eine Gefangene. All das Schreckliche, was in den Zeitungen als Warnung geschrieben worden war, traf hier zu. Es hatte auch sie erwischt, und sie hatte dem Falschen vertraut.
    Diese Erkenntnis, war nicht so leicht zu verkraften. Nun war Raissa ein Mensch, der nicht im Zimmer herumlief wie ein waidwundes Tier und versuchte, sich durch Schreie und Klopfen bemerkbar zu machen. Sie litt still, blieb auf dem Bett liegen und weinte, bis sie keine Tränen mehr hatte.
    Wie viel Zeit vergangen war, bis sie wieder relativ klar denken konnte, wusste sie nicht. Sie stemmte sich irgendwann hoch, blieb auf dem Bett sitzen und stellte fest, dass sich Schatten in das Zimmer hineingestohlen hatten. Sie breiteten sich auf dem Boden aus und hatten ihn noch dunkler gemacht.
    Jetzt erst schaute sie sich genauer um. Ihr fiel ein großer Kühlschrank auf, außerdem ein Schrank aus Holz, ein kleiner Tisch und zwei Sessel. Alles wirkte ein wenig verstaubt und alt. Auch die Tapete an den Wänden, die ein schwaches Muster zeigte.
    Raissa’s Blick fiel auf eine zweite Tür. Man hatte von einem Bad gesprochen, und sie wollte wissen, ob es stimmte. Mit Pudding in den Knien stand sie auf und ging auf die Tür zu, die nicht verschlossen war.
    Ihr Blick glitt durch einen recht großen Raum, dessen Wände bis hoch zur Decke mit grünen Kacheln beklebt waren. Eine alte Wanne stand dort. Darüber hing eine Dusche. Es war noch eine Toilette vorhanden, ein Spiegel, ein Waschbecken und zwei Halter mit Handtüchern.
    Nur ein Fenster sah sie nicht.
    Für einen Moment schloss sie die Augen und stützte sich am Türrahmen ab. In ihrer Heimat wäre sie über eine solches Bad froh gewesen, hier aber konnte sie damit nichts anfangen. Sie wollte sich nicht ausziehen und unter die Dusche steigen. Das reine Misstrauen hielt sie in den Klauen.
    Sie konnte sich vorstellen, von versteckten Kameraaugen beobachtet zu werden, und davor wollte sie sich auf keinen Fall ausziehen und sich irgendwelchen Glotzern präsentieren.
    Nein, nein, das hier war ein Knast, auch wenn Gitter fehlten. Man hatte sie in ein Gefängnis gesteckt, und der Mann, der sie hergebracht war so etwas wie ein Wärter gewesen.
    Irgendwann würde er zu ihr kommen und über sie herfallen. Vergewaltigen. Fertig machen für den Job danach. Schlagen, demütigen. Ihr alles an sich wegnehmen, was sie bei sich trug um sie völlig rechtlos zu machen.
    Das waren ihre Methoden.
    Und ich bin darauf reingefallen!, dachte sie, was für ein Wahnsinn!
    Raissa merkte, dass ihr übel wurde. Sie lief ins Bad zum Waschbecken, um sich zu übergeben. Sie stemmte sich an den Rändern ab, spürte die Verkrampfung in ihrem Innern. Sie konnte kaum atmen und wäre fast vor dem Waschbecken zusammengebrochen.
    Irgend wann ging es ihr wieder besser. Sie atmete tief durch, richtete sich auf und sah sich selbst im Spiegel. Eine Fremde schien zurückzustarren. Rote Flecken malten sich in ihrem Gesicht ab. Große Auge verschmiert, und verschwitzte dunkle Ränder. So wie sie sah jemand aus, der dicht vor dem Zusammenbruch stand.
    Noch eine Weile blieb sie stehen und war froh an dem Waschbecken eine Stütze gefunden zu haben. Hoffentlich verschwand die Weichheit aus ihren Knien. Sie drehte sich um, erlebte einen leichten Schwindelanfall und ging zurück

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