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Der Fall Charles Dexter Ward

Titel: Der Fall Charles Dexter Ward Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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beisammen und flüsterten verstohlen miteinander, und Staunen und Furcht standen ihnen ins Gesicht geschrieben; denn diese starren, gräßlichen Züge wiesen eine so erstaunliche Ähnlichkeit auf, daß man schon fast von einer Identität sprechen konnte - eine Ähnlichkeit mit einem Mann, der schon volle fünfzig Jahre tot war.
    Ezra Weeden war zugegen, als man den Leichnam fand; und als er sich an das Hundegebell in der Nacht erinnerte, ging er die Weybosset Street entlang und über die Muddy Dock-Brücke, denn von dorther waren die Geräusche gekommen. Er erwartete, daß er etwas ganze Bestimmtes finden würde, und war nicht überrascht, als er am Rande der besiedelten Viertel, dort, wo die Straße in die Pawtuxet Road mündete, auf ein paar sehr merkwürdige Spuren im Schnee stieß. Der nackte Riese war von Hunden und vielen Männern in Stiefeln verfolgt worden, und die Spuren der zurückkehrenden Hunde und ihrer Herren waren deutlich zu sehen. Sie hatten die Jagd aufgegeben, als sie zu nahe an die Stadt herangekommen waren. Weeden lächelte grimmig und verfolgte sicherheitshalber die Spuren bis zu ihrem Ursprung zurück. Wie er nur allzu richtig vermutet hatte, war es Joseph Curwens Bauernhof an der Pawtuxet Road; und er hätte viel darum gegeben, wenn der Schnee im Hof nicht so viele wirre Spuren aufgewiesen hätte. So aber wagte er nicht, am hellichten Tage allzu viel Interesse zu zeigen. Dr. Bowen, den Weeden sofort über seine Beobachtungen unterrichtete, nahm an dem merkwürdigen Leichnam eine Autopsie vor und entdeckte Einzelheiten, die ihn im höchsten Grade verblüfften. Der Verdauungstrakt des riesigen Mannes schien niemals gearbeitet zu haben, und die Haut war von einer rauhen, brüchigen Beschaffenheit, die er sich beim besten Willen nicht erklären konnte. Beeindruckt von dem Geraune der alten Männer über die Ähnlichkeit dieses Leichnams mit dem längst verstorbenen Schmied Daniel Green, dessen Urenkel Aaron Hoppin als Ladungsaufseher in Curwens Diensten arbeitete, stellte Weeden beiläufig ein paar Fragen, bis er herausbekommen hatte, wo Green begraben lag. In der folgenden Nacht gingen zehn Mann zum Nordfriedhof gegenüber von Herrenden's Lane und öffneten ein Grab. Sie fanden es leer, genau wie sie es erwartet hatten.
    Unterdessen hatte man die Postreiter instruiert, daß Curwens Post abgefangen werden sollte, und kurz vor dem Zwischenfall mit dem nackten Leichnam hatte man einen Brief von einem Jedediah Orne aus Salem gefunden, der den zusammenarbeitenden Bürgern sehr zu denken gab. Ein Teil davon, kopiert und in den Privatarchiven der Familie aufbewahrt, wo Charles Ward ihn gefunden hatte, lautete wie folgt:
    »Ich freue mich, daß Ihr fortfahret, auf Eure Weise an die Alten Stoffe zu kommen, und ich glaube nicht, daß bey Mr. Hutchinson im Dorfe Salem Besseres vollbracht wurde. Fürwahr, es lag nichts denn schieres Entsetzen in dem, was H. aus jenem erwecket, wovon wir nur Theile ahnen konnten. Was Ihr sandtet, funktionirte nicht, sei es, weil irgend etwas fehlte, oder weil Eure Worte nicht recht waren, von meinem Sprechen oder Eurem Abschreiben. Alleine kan ich mir nicht helfen. Ich besitze nicht Euren chymischen Verstand, um Borellus zu folgen, und gestehe meine Verwirrung ob des VII. Buches des Necronomicon, welches Ihr empfehlet. Aber ich wünschte. Ihr würdet dessen eingedenk sein, was uns gesaget wurde - wir sollten uns in Acht nehmen, wen wir ruffen, denn Ihr wisset, was Mr. Mather in den Magnalia von----- geschrieben hat, und könnet ermessen, wie getreulich das schreckliche Ding abgeschildert ist. Ich sage Euch abermals, erwecket Keinen, welchen Ihr nicht auszutreiben vermöge!; will sagen, Keinen, welcher etwas gegen Euch erwecken kan, wogegen Eure mächtigste Zauberey nichts ausrichten könnte. Ruffet nach dem Niedrigen, auf daß nicht das Höhere Euch antworte und Macht über Euch gewinne. Furcht ergriff mich, als ich las. Ihr wüßtet, was Ben Zaristnatmik in seiner Elfenbeinschachtel hatte, denn ich wußte wohl, wer Euch davon Kunde gethan haben muß. Abermals bitte ich, daß Ihr mir als Jedediah und nicht als Simon schreiben möget. In dieser Gemeinde kan ein Mann nicht allzu lange leben, und Ihr wisset um meinen Plan, durch den ich zurückkam als mein Sohn. Ich bin begierig, daß Ihr mich in das einweihet, was der Schwartze Mann von Sylvanus Cocidius in dem Gewölbe erfahren, unter der Römischen Mauer, und wäre Euch für das Manuscriptum dankbar, von dem Ihr sprechet.«

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