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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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konnte.
    „Und ich habe eine Vermutung, was die nächste Sphäre, was das nächste geistige Organ des Silaé betrifft“, hörte er Darachel sagen, während sie schon auf dem Weg in die nächsten Räume waren.
    Darachels Vermutungen bestätigten sich. Sie gelangten in sphärische Maschinerien, die jeweils eine Verbindung zu weiteren Zwischenschichten darstellten, die auch Darachels normaler Wahrnehmung zugänglich waren. Wie überall herrschte auch hier der wilde Aufruhr eines aus Gefangenschaft und Schändung erwachten Geistes.
    „Es ist also zu vermuten“, meinte Darachel dazu, „dass dies die Entsprechungen von Organen sind, die auch wir Ninraé besitzen.“
    Nach und nach sahen sie um die Sphären herum sich Reiche öffnen, die dem Ninra alle bekannt und benennbar waren. Auric erblickte staunend ein unbekanntes Schauspiel nach dem anderen. Er gab es auf, irgendetwas davon festhalten oder wirklich verstehen zu wollen. Jedes Organ des Silaé, das sie durchquerten, eröffnete ihm einen vollkommen unbekannten Kosmos, dessen Verstehen durch das in dem Silaé in diesem Augenblick herrschende Höllentoben noch erschwert wurde.
    Dann kamen sie dem Herzen des Sogs, der sie trug, näher, und Auric fühlte Darachel an seiner Seite erstarren.
    „So einen Bereich, habe ich noch nie gesehen“, hörte er dessen Geistesstimme. Sie klang beeindruckt und ein wenig kleinlaut.
    Auf den ersten Blick war die Sphäre, in der sie sich nun befanden, um nichts imposanter als die, welche sie bisher durchquert hatten. Sie war sogar weniger strahlend. Sie war auch weniger erschreckend, denn hier herrschte eine größere Ruhe. Das Getriebe ineinander greifender Geistesteile schien weniger von Licht erfüllt, alles schien dichter, durchscheinend zwar, doch mit einem gräulich-bräunlichen Schimmer, als befänden sie sich in einer transparenten unterirdischen Kuppel, wie von einer riesigen Felsenschale umgeben. Es war als ständen sie in einer gigantischen kugelförmigen Höhlenwelt. Dort draußen waberten und wogten Schleier, trieben Brocken, die mehr an wirkliche Materie erinnerten als alles, was sie auf dieser Konklavreise bisher gesehen hatten.
    „Das ist es. Wir sind angekommen.“
    Er und Darachel sahen sich um.
    „Das ist merkwürdig“, meinte Darachel. „Dieser Bereich ist mir vollkommen unbekannt. Das hat nichts mit Zwischenschichten zu tun, wie ich sie kenne. Es handelt sich hier auch um keine der Schattenschichten. Diesen Bereich kennen ich nicht. Ich habe ihn noch nie gesehen, und ich habe noch nie von ihm gehört.“
    „Das ist das, was der Silaé mir geschenkt hat“, sagte Auric. „Er nannte es einen Blick, einen Zugang, eine Blüte. Was immer das bedeuten soll. Doch das hier“, – er deutete ringsumher –, „das ist es.“
    Auric sah Darachels Blick umherwandern, zu den Formen gewaltiger sich treibenden Gestalten. Diese hier glichen noch mehr Wesenheiten als zuvor, so als sähe er die Schatten von Riesen, die diese durch einen dichten Nebel würfen, ohne erahnen zu können, durch welche Arbeiten und Verrichtungen sie diese bizarren Schattenwürfe hervorriefen, was da hinter den Schwaden, vor dem Licht wirklich vor sich ging. Manche der diese Sphäre betreibenden Geistesteile wirkten wie kolossale in Erz gegossene aber dennoch durchscheinende Schwingen. Und es ging für ihn dabei ein vager Hauch von Gefahr aus. Er hatte den Eindruck, als würde etwas über seine Haut kriechen, obwohl er wusste, dass er an diesem Ort doch gar keine wirkliche physische Gestalt und also auch keine Haut hatte. Vielleicht war es ein Gefühl, das sein realer Körper, der in seinen Räumen in Himmelsriff neben dem Darachels im Schneidersitz saß, ihm vermittelte.
    „Wahrhaftig, ich weiß nichts damit anzufangen“, hörte er Darachel sagen. „Wir sind genauso klug, wie zuvor.“
    Auch Auric blickte sich noch einmal nach allen Richtungen um. Als stände er auf dem Gipfel eines Berges konnte er von hier aus den ganzen Weg, den sie durch die verschiedenen Sphären genommen hatten, überblicken. Er sah noch einmal die ganzen Achsen und ineinandergreifenden Bögen der sich teilweise durchdringenden Sphären.  
    Und etwas zog in dem ganzen Gewirke und Ineinandergreifen seine Aufmerksamkeit auf sich: eine Sphäre, nicht groß, eher unauffällig, die in all dem wie ein Fremdkörper wirkte. Er machte Darachel darauf aufmerksam.
    „Das ist merkwürdig“, meinte der. „Doch du hast einen guten Blick: Das scheint nicht hierher zu gehören.“

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