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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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gelehnt, gelegen, im Schatten der hölzernen Tragepfeiler, vom flackernden, rötlichen Schein der Tranlampen beleuchtet, hatte träumend in die Leere gestarrt und ihrer Stimme gelauscht. Sie hatte irgendetwas vorgetragen, etwas aus dem Gedächtnis, irgend eine Stelle aus Aufgang und Untergang , und er hatte sich in der Melodie ihrer Worte verloren.
    Er sann im Dunkeln dem Klang ihrer Stimme nach, und ihm wurde klar, dass es lange her war, dass er an sie eine andere Erinnerung gehabt hatte als das Bild des blau aufgedunsenen zerschlagenen Gesichts, mit dem sie auf ihrem Sterbebett gelegen hatte, gezeichnet von dem, was ihr Mann ihr angetan hatte. Zwar war er sich irgendwie immer dieser guten Momente bewusst gewesen, doch sie waren nicht in einer präsenten Erinnerung zu ihm gekommen.
    Etwas regte sich neben ihm, und das Bewusstsein dessen, was geschehen war, kehrte zurück.
    Sekainen lag da, ihm zugewandt. In der grauen Düsternis folgte sein Auge dem schlanken Fall ihres Arms; die weiche Form einer Brust quoll darunter hervor. Eigentlich hätte die Erinnerung an sie ihm früher zu Bewusstsein kommen müssen: Die Laken waren noch gesättigt vom Geruch ihres Schweißes.
    Er dachte an ihre verschlungenen Glieder, ihre bleich und fast wie leuchtend zwischen seiner gebräunten Haut, die im Vergleich wie gegerbt wirkte, grob und von Narben überzogen. Ihre dagegen fühlte sich weich und samtig und kühl an. Er dachte an ihr melodisches Stöhnen, als sie sich gebogen hatte, um zu ihm zu kommen, an ihr Geschlecht, wie seltsam bleich es sein Glied umschlossen hatte, wie es sich feucht und kühl anfühlte, als er in sie eindrang, was ihn zunächst überrascht hatte aber nicht unangenehm war, ihn sogar schließlich nur noch mehr erregt hatte. Wie er sie angefasst hatte und gar nicht genug von diesem Körper und seinem Geruch bekommen konnte. Wie froh er darum gewesen war, dass Sex nicht an der Haut aufhörte und wie unzureichend ihm das dennoch alles in seiner Hitze gewesen war und er mit Befriedigung und Erregung fühlte, wie sie desgleichen besessen nach mehr gedrängt hatte, nach mehr durchdringendem, umschließendem Fleisch, nach mehr Gliedmaßen, nach mehr Körper, nach mehr Drängen und in den Abgrund des eigenen Drängens fallen.
    Sein Blick kehrte zu ihrem Gesicht zurück, und er bemerkte, dass sie ihn mit vom Schlaf umfangenen Augen ansah.
    Sie bemerkte sein Stirnrunzeln, und ihre Miene klärte sich und wurde ernst. Sie hielt seinen Blick.
    „Was ist? Auric Cinrai.“
    „Ich sehe dich an.“
    „Und …?
    „Und ich überlege.“ Er legte seine Hand auf ihren Oberarm, ließ ihn zur Schulter gleiten und den Umriss des geschwungenen Bogens unter der leichten Decke hinab, bis sie auf dem höchsten Punkt ihrer Hüfte liegenblieb. „Ich überlege, was ich für dich bin. Bin ich der fremdartige Barbar, das seltsame starke, grobe Tier für eine heiße Nacht?“
    Sie hielt seinen Blick, die ganze Zeit, und ein Hauch der Bekümmerung trat in ihre Augen, verflog aber sofort wieder.
    „Du bist nicht grob“, sagte sie gerade, die Hand auf sein Gesicht legend, auf Lippen und Kinn, die Spitze ihres einen Fingers berührte dabei sein Nasenende leicht wie der Hauch einer Feder. „Du bist Auric Ninragon.“
    „Was bin ich?“, fragte er, mit dem Atem in den Fächer ihrer Hand hinein.
    „Auric Ninragon. So nennen sie dich. Hast du das noch nicht bemerkt?“
    „Ninragon“, sprach er das Wort nach. Sie zog ihre Fingerspitzen zurück, ließ sie auf die Laken sinken. „Freund der Ninraé.“ Er zog die Stirn kraus.
    „Sei froh, dass sie dich nicht Ninrafaicht nennen.“ Sekainen grinste leise.
    „Will ich wirklich wissen, was das heißt?“
    Sekainen wurde rot. Das heißt, der porzellangleiche Teint ihrer Wangen färbte sich eine Spur ins Rosige. Es wurde draußen schon hell, und mit dem ersten Hauch des Tages kehrten auch die Farben wieder. Er hatte zuvor noch nie einen Ninra erröten sehen, und es stand ihr bezaubernd. Aber er mochte auch diese Frechheit an ihr.
    „Es wird Tag“, sagte er. „Du wirst die …, wie hieß es, die ‚Weihe des Tranks und Körpers‘ verpassen.“
    Ein Mundwinkel zog sich träge schnaufend hoch. „Ich denke, ich bin mir meiner Körperlichkeit auch schon so genügend bewusst geworden. Ich denke, diese Weiheveranstaltung können wir heute auslassen.“
    Von irgendwoher durch die Mauern drangen ferne Stimmen.
    „Sieht so aus, als hätte es schon angefangen.“
    Sie räkelte sich in den leichten,

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