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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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letzten Blick über die Schulter zu.

    Sie schritten durch die letzte Pfeilerreihe in die innere Kuppel der Halle der Zusammenkunft, und Bogenfall des Lichts stand wie eine Säule bleichen, immateriellen Glühens vor ihnen.  
    Selbst Auric konnte die Erschütterung fühlen, die von seiner Erscheinung ausging. Er musste sich keine besondere Mühe geben, um sich in die Regionen zu fühlen, in denen sich seit der Vereinigung mit dem Valkaersring und der Behandlung Siganches seine Intuitionen zeigten. Als sie sich dem Silaé näherten, brandeten diese Empfindungen geradezu gegen ihn an.
    Dies hier war nicht der gleiche Silaé, dem er in jenen zwei Audienzen begegnet war. Etwas Grundlegendes und Erschreckendes war mit ihm geschehen. Etwas Verdrehtes, Verstörendes umgab ihn wie ein ausgreifender Strudel. Etwas Drohendes und Mächtiges, etwas, das er auch schon bei seiner Begegnung mit der Führerin der Kinphauren, Kinphaidranauk empfunden hatte, lauerte in den Untiefen seiner Präsenz.
    Auric hörte einen Schrei, blickte hinüber, sah dass es Cedrach war, der sich über einen Körper beugte, der, fast verdeckt zwischen Pfeilern, am Rand der abwärts führenden Stufen lag.
    „Es ist Fianaike.“ Cedrach beugte sich zu ihr nieder, fühlte ihren Puls. „Sie lebt, und sie scheint unverletzt.“
    Sie hatte also wie durch ein Wunder in all diesem Wahnsinn überlebt. Das Geheimnis, was mit ihr geschehen war, würde auf einen anderen späteren Zeitpunkt warten müssen. Wenn es denn diesen späteren Zeitpunkt für sie geben sollte.
    Sie traten näher zu dem Silaé hin und blieben alle unwillkürlich am Rand eines unsichtbaren Kreises um die Lichtgestalt stehen. Ihn überkam das Gefühl, jeder Schritt weiter müsste mit einem Kampf wie gegen einen Widerstand erkauft werden; seine Gefährten schienen es der Einmütigkeit ihrer Reaktion nach genauso zu empfinden.
    Bogenfall des Lichts sah sie an.
    Auric kniff die Augen zusammen, um nicht geblendet zu werden.
    Aus dem langen, haarlosen Schädel des Silaé brach Licht hervor, Licht in gleißenden, spitz stechenden Strahlen, die sich wie ein Kranz von Klingen um sein Haupt formten. Als könnte sein Geist das Licht, das seine Gestalt bildete, nicht halten und es träte nun unkontrolliert hervor. Die blauen Lampen seiner Augen richteten sich in all dem flirrenden Wabern seines Hauptes auf sie.
    Er nahm sie wahr, und er bog sich mit säulenartigen Gliedern zu ihnen hin. Etwas nachgiebig Weiches und Verdrehtes lag in dieser Bewegung, und sie wollte so gar nicht zu einem körperlichen Wesen passen, so als hätte Bogenfall des Lichts eine lästige Maskerade nun endgültig als nichtig eingestuft und von sich geworfen.
    „Ich freue mich, dass ihr endlich zu mir gefunden habt“, sagte Bogenfall des Lichts lächelnd.

    Von den anderen um Darachel kam ebenfalls nur Schweigen. Ihnen verschlug die Begrüßung des Silaé anscheinend ebenso die Sprache wie ihm.
    „Ich habe immer mit Freude auf euch geblickt“, fuhr Bogenfall fort, „da ich sah, dass ihr nicht den Irrwegen verfallen seid wie eure Brüder. Euer Weg war ein suchender, mal mit viel Stolpern und Irren, doch ihr habt immer gesucht und gefragt, ohne wie eure Brüder und Schwestern der Lähmung zu verfallen, euch in eurem Weg unerschütterlich sicher zu sein. Ich wusste immer, dass ihr das Korrektiv nicht brauchtet, nicht wie eure Brüder.“
    „Korrektiv?“, hörte Darachel Brucs Stimme in den Raum dröhnen. „Meinst du damit dieses ganze Massaker und diesen Wahnsinn.“
    „Was ist Fleisch, was ist schon der Körper, was ein Leben, wenn nur der Geist dabei gerettet wird?“ Bogenfall des Lichts blickte mit entwaffnender Milde. In Darachel blitzte das Bild der vom Wahnsinn gezeichneten Viankhuan auf, die sie mit den entfesselten Kräften des Feuers vernichten wollte, und dann das ihres toten Körpers in einer größer werdenden Blutlache, ihrer toten blicklosen Augen. „Es brauchte einen Schock, sie zu retten“, hörte er Bogenfall des Lichts ‘ Worte, „sie aus dem Gefängnis ihrer lähmenden Gewissheit zu befreien. Jene, die ihn in diesem Fleisch überleben, werden bereit sein für eine neue Wahrheit, die im Suchen liegt.“
    Was für eine Wahrheit soll aus Drachenblut kommen? , dachte Darachel Der Silaé glaubte, sie beirren zu können. Er ahnte nicht, wie viel Auric ihm erzählt hatte und warum er letztlich gewusst hatte, dass der Trank, den Bogenfall des Lichts ihnen verabreichen wollte, verderblich war. Er wusste nicht,

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