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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Kerker.“

Aschenreich

    Undurchdringliche Dunkelheit war um ihn her, durch die er sank, halb schwebte. Sie verschwamm und flirrte, geriet ins Wallen, und die Formen einer dicht gedrängten Masse von Menschen, die Waffen wild und kriegerisch schwenkten, schälten sich heraus. Ein gewaltiges Brüllen stieg aus den Reihen der Feinde auf.
    Alles war stumpf und schwer und Schmerz.
    Kratzer, Schnitte und Risse bedeckten seinen Körper, Prellungen, Zerrungen, Blutergüsse in allen Farbschattierungen. Das war das eine. Doch das alles Beherrschende war ein umfassender, unteilbarer Schmerz, der seinen ganzen Körper erfüllte, der sein Körper war. Er wühlte und protestierte gegen die Zumutung, die Überbeanspruchung, die ihm angetan worden war. Er heilte.
    Dies war das Erste, was er spürte, als er aus der Dunkelheit hochtauchte. Er tauschte sie ein gegen eine mit dem Erwachen heraufdämmernde Masse von Schmerz. Ein dunkles, ausgezehrtes Gesicht beugte sich über ihn, dunkle Iris umgeben von durchädertem Weiß, fast wie ein sich rot durchtränkender Verband. Ihm wurde ein feuchtes Tuch auf die Stirn gelegt. Er erkannte Nefraku.
    Nefraku rief etwas, ein zweites Gesicht erschien. Jag beugte sich über ihn.
    Jag sagte etwas, er schlief wieder ein. Er erwachte, kam hoch und blickte sich um.
    Um ihn herum war dichter dunkler, Wald. Soldaten saßen oder lagen herum. Dünnes Licht fiel auf sie herab. Sie waren auf einer Lichtung.
    Jag hockte zusammen mit einer Gruppe von Leuten am Boden, sah ihn, kam herüber, rief etwas nach hinten.  
    „Meinst du, du kannst laufen?“, fragte Jag. Jemand brachte Stücke gebratenen Fleisches in einem umgedrehten Helm. „Wir müssen nämlich weg hier.“  
    Er aß langsam, während er beobachtete, wie sich die Menschen um ihn herum zum Aufbruch bereit machten. Es waren Soldaten der idirischen Armee. Ihre Uniformen waren verdreckt und zerfetzt, Kettenschutz hing durchlöchert und ramponiert an ihnen herunter. Die meisten trugen Verbände und schienen unterschiedlich stark verwundet. Ihre Gesichter waren schmutzig und blutverschmiert.  
    Was war nur mit ihnen geschehen?

    Ihre Märsche waren kurz. Die Verwundeten hielten sie auf.
    Er zählte sich nicht zu ihnen. Es gab viele, die schlimmer dran waren als er.
    „Was machen wir mit ihnen?“, fragte Jag. „Der Norden ist entvölkert. Es gibt nirgendwo jemanden, bei dem wir sie in Pflege geben könnten.“
    „Kaigrant?“
    „Kaigrant ist wahrscheinlich das nächste Angriffsziel.“
    „Kinvarda?“
    „Möglich, aber mehr nach Osten, nicht in dem Gebiet, das die Durchmarschzone der Spitzohren wird.“
    Sie fanden keine wirklich gute Lösung. Sie schleppten die Verwundeten weiter mit. Viele starben auf dem Weg, enthoben sie der Sorge um sie.
    Die Verwundeten, was sollten sie mit ihnen tun? Was sollten sie mit sich selber anfangen?

    Sie waren entkommen, eine von vielen kleinen Gruppen, die sich in den Elsternforst geflüchtet hatten. Zunächst waren sie noch verfolgt worden, doch je tiefer sie in das Bergland eindrangen, umso mehr konnten sie ihre Jäger abschütteln. Schließlich trafen sie andere Überlebende und schlossen sich zu größeren Gruppen zusammen.
    Sie hielten sich nach Südosten, schräg zum Verlauf des Elsternforst, in Richtung der Ruinen von Sayurkaimen-Khrang. Schlangenhand Djun war bei ihnen und zwei weitere Kinvarda. Sie führten sie auf den Pfaden der Wildländer durch das rauhe, zerklüftete Waldland.
    Die Ruinen von Sayurkaimen-Khrang. Ein Sammelpunkt.
    Für was sich sammeln? Zu welchem Zweck?
    Eine Armee sammelt sich. Sie waren keine Armee mehr.
    Er war kein General mehr. Was war er? Was fühlte er? Er blickte nur noch in einen aschefarbenen Nebel und konnte es nicht sagen.

    „Der zweite Magier des Einen Weges war eine Frau. Berngar konnte es nicht lassen, nachzuschauen.“
    Berngar, der hatte tatsächlich auch überlebt.
    „War aber wahrscheinlich zu verkohlt, um sich dran zu vergreifen.“
    „He, Alter, dein Humor kehrt zurück. Ein gutes Zeichen.“
    „War das Humor? Ich kenne den Bastard schon ein bisschen länger als du.
    Eine Frau also. Hat sich vielleicht im Tross versteckt. Da konnte sie auch ihre Rüstung unauffällig unterbringen.“
    „Warum haben sie nicht gemeinsam angegriffen, alle drei.“
    „Der, der Hubbarb umgebracht hat, und die beiden anderen? Vielleicht wussten sie nichts voneinander. Jedenfalls haben die Kinphauren sie ins Messer rennen lassen. Was immer ihnen auch versprochen wurde, was

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