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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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oder einer Terasse. Er blickte hinüber zu Cedrach und Bruc, dann, ein wenig abseits von ihnen, zu Darachel.
    „Das Ziel der Nichtmenschenarmee war das Herzland Niedernaugariens. Vanarand und der Tragent liegen direkt hinter dem Riaudan-Pass. Wenn alles andere genau so zielsicher geplant war, haben die Verbündeten der Kinphauren, die verräterische Loge des Einen Weges in diesen idirischen Provinzen den Boden für die Invasion bereitet. Sie wussten, was kommen würde. Mitglieder ihres Magierkaders oder Teile ihrer geheimen Privatarmee werden dafür gesorgt haben, dass keiner unserer Boten überlebte, um irgendwohin zu gelangen, wo er seine Botschaft weitergeben konnte.
    Wahrscheinlich haben sie die Boten direkt am Riaudan-Pass abgefangen.“

    Das Nichtmenschenheer musste vor dem Wintereinbruch den Riaudan-Pass überschreiten. Wenn der Winter kam, war, was drüben war, drüben und was hier war, blieb hier. Vor dem Winter musste Kinphaidranauk seine Truppen in das Herz Niedernaugariens bringen. In die Kerngebiete, die schlecht verteidigt waren, da sie kein Grenzland darstellten, zu einem Zeitpunkt – kurz vor dem Winter –, wo man keinen Feind erwartete.
    Man musste den Vormarsch des Nichtmenschenheeres durch Einzelaktionen verlangsamen. Die Boten mussten ankommen. Idirum musste sich vorbereiten. Truppen mussten zusammengezogen und verschoben werden. Alles, was den Feind schwächte, half Idirium.
    Der Sommer fiel reif und prall auf das Land, doch die Luft war vom beißenden Geruch von Rauch erfüllt. Korn brannte, das von der Sonne ausgedörrte Gras von Weideflächen ging in Flammen auf. Der Himmel über und vor ihnen strahlte in hartem Blau. Der Norden war von Ascheschleiern verhangen, von schwarzen Rauchfahnen zerteilt.
    Sie zogen in immer größer werdenden Gruppen durch das Land. Einige der versprengten, allmählich zu ihnen stoßenden Trupps hatten sogar ihre Pferde auf ihrer Flucht mit sich bringen können. Kinvarda führten sie sicher auf den besten Wegen, zeigten ihnen günstige Stellen zum Lagern, versteckte Flußtäler, verlassene Gehöfte oder Weiler. Der Silberne Daenn, so hieß es, war in der Schlacht hinter dem Schinnachbruch gefallen. Von Verbleib vieler anderer Kinvarda wusste man nichts. Vielleicht hatten sie sich, schon bevor das Verhängnis unausweichlich wurde, in die Wildnis geschlagen, vielleicht waren sie gefallen. Vielleicht waren sie untergetaucht. So wie viele Angehörige der Sechzehnten. Er hoffte, dass es recht viele überlebende Soldaten waren, die sich jetzt irgendwo durchschlugen und mit diesem Krieg nichts mehr zu tun haben wollten.
    Die Schlacht vom Schinnachbruch, so nannte man jetzt den Untergang der Sechzehnten.

Eine andere Art von Armee

    Wie eine Ansammlung in den Boden gepflanzter, gigantischer Scherben der Töpferwaren von Riesen, so ragten die Ruinen von Sayurkaimen-Khrang hinter Baumgruppen in den Himmel. Hier und da waren ganze hoch sich türmende, gemauerte Bögen erhalten, gleich schartigen zerbrochenen Türmen. Anderswo gab es nur einen weit ausgreifenden Kreis stumpfer Gebäudeüberreste, eingefallene Ruinentrümmer, deren Anlage an ein aus dem Boden ragendes monströs überdimensioniertes Gebiss gemahnte.
    Sie zogen sich weit verstreut über eine große Fläche hin, größer als jede Stadt hier im Norden. Sie wurden von Hügeln durchzogen, von Bachläufen durchschnitten, von Wäldern überwuchert.
    Es gab in den Stümpfen eingestürzter Gebäude noch erhaltene Räume, in denen große Gruppen von Menschen Zuflucht finden konnten. Die höchsten Überreste boten, wenn man sie erkletterte, eine weiten Blick über das umgebende Land.
    Jenseits der Bäume am Rand der Lichtung ragten die zernarbten Mauern der größten Ansammlung von Ruinen, die sich im Umkreis von Sayurkaimen-Khrang fanden, in den klirrend blauen Sommerhimmel. Dort hatten sie sich versammelt. In den erhaltenen Räumlichkeiten hatten sie Quartier bezogen und Behelfslazarette errichtet, in dem geschützten Raum zwischen den Trümmern von Gebäuden und Festungswerk hatten sie ihre Lager aufgeschlagen.  
    Auric saß auf dem umgekippten Baumstamm und stocherte mit dem Stock gedankenverloren im Staub herum. Durch den lockeren braunen, nadelbestreuten Boden gruben sich mit dem Zweig gezogene, dünne Furchen, eine schematische Skizze der Provinz Norgond, die er, so gut dies aus dem Gedächtnis ging, gezeichnet hatte.
    Wollte er das wirklich tun? Wollte er wirklich das durchziehen, was ganz unbemerkt, wie

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