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Der Fall Lerouge

Der Fall Lerouge

Titel: Der Fall Lerouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Èmile Gabroriau
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Denselben Abdruck habe ich noch zweimal auf der Straße und fünfmal im Garten gefunden. Die Richtung der Spur beweist, daß der Besucher nicht an die Tür geklopft hat, sondern an einen Fensterladen. Ein tiefer Abdruck am Eingang des Gartens beweist, daß der Mann über ein Blumenbeet gesprungen ist. Es war ein Sprung von über zwei Metern, also muß der Mann entschlossen und kräftig gewesen sein, folglich jung.« Obwohl Vater Tabaret leise sprach, setzte er seine Worte klar und eindringlich, so daß keine Silbe verlorenging.
    Â»Was den Hut angeht«, fuhr er fort, »so brauchen Sie nur den Kreis im Staub auf der Marmorplatte hier zu betrachten. Da kann nur ein Zylinder gelegen haben. Und zur Größe des Mannes: Er tastete mit den Händen das oberste Fach des Wandschranks ab. Wäre er sehr groß gewesen, so hätte er hineinsehen können, ohne das Fach zu berühren;.wäre er klein gewesen, so hätte er auf einen Stuhl steigen müssen. Also war er mittelgroß. Da Ihnen, Gevrol, die Behauptung über den Schirm und die Zigarrenspitze besonders lächerlich erschienen ist, will ich den Beweis antreten. Dieser Lehmklumpen zeigt noch den Einstich der Schirmspitze bis zu dem Ring, an dem die Seide befestigt ist. Und das Ende dieses Zigarillos – Sie sehen: nicht zerkaut, nicht feucht – fand ich in der Kaminasche. Also rauchte der Mann aus einer Spitze.«
    Lecoq zeigte sein Vergnügen offen, der Kommissar brachte vor Staunen den Mund nicht mehr zu; Daburon war sichtlich befriedigt. Gevrol sah recht betreten drein.
    Nach einer Weile fuhr Vater Tabaret fort: »Wie der junge Mann, dem wir ins Haus gefolgt sind, sein Erscheinen begründete, weiß ich nicht. Sicherlich aber sagte er, er habe noch nicht zu Abend gegessen. Denn die Frau machte sich daran, ihm ein Mahl zu bereiten. Daß sie selbst schon gegessen hatte, und zwar Fisch, beweisen die Reste im Speiseschrank, und die Obduktion wird das bestätigen. Auf dem Tisch standen auch nur ein Glas und ein Teller. Weiter: Der junge Mann muß von kesserem Stand gewesen sein; denn Madame Lerouge holte für den Gast ein Tischtuch von feinstem Leinen heraus und ihr einziges geschliffenes Glas – vielleicht ein Geschenk.«
    Â»Erstaunlich!« murmelte Daburon.
    Â»Der junge Mann setzte sich und goß sich ein Glas Wein ein, indes die Frau die Pfanne aufs Feuer setzte. Vielleicht mußte er sich Mut antrinken, und da der Wein dazu nicht ausreichte, bat er um Cognac, von dem er fünf Gläschen trank. Nach etwa zehn Minuten – so lange brauchten nämlich die Eier und der Schinken, um so gar zu werden, wie sie jetzt sind – näherte er sich der Frau, die über die Pfanne gebeugt war, und stach zweimal zu. Der Tod scheint jedoch nicht sofort eingetreten zu sein, denn die Frau richtete sich halb auf, umklammerte die Hände des Mannes, der sie dann in die Stellung zurückwarf, in der sie jetzt noch liegt. Das alles schließe ich daraus, daß sie, mit den Wunden im Rücken, nach hinten hätte fallen müssen. Die Tatwaffe war scharf und spitz, wahrscheinlich das abgebrochene und geschärfte Ende eines Floretts, was aus den Spuren zu lesen ist, die zurückgeblieben sind, als der Mörder sie am Rock der Ermordeten abwischte. Der Mörder ist unverletzt geblieben, auch wenn sein Opfer sich in seine Hände festgekrallt hat. Er trug nämlich graue Handschuhe.«
    Â»Graue Handschuhe?« Gevrol war außer sich. »Sie phantasieren!«
    Â»Ich irre mich wohl nicht, wenn ich annehme, daß Sie die Fingernägel der Toten nicht untersucht haben, Monsieur. Sonst könnten Sie nicht behaupten, ich phantasierte. Aber wichtiger ist das Motiv. War es Geld? Wertsachen? Nein! Der Mörder hat Dokumente, Briefe gesucht und wahrscheinlich gefunden. Und was hat er getan, nachdem er sie gefunden hat? Natürlich hat er sie verbrannt, nicht im Kamin, sondern in dem kleinen Ofen im Vorderzimmer. Dann, um einen Raub vorzutäuschen, ramschte er alles Wertvolle zusammen, wickelte es in eine Serviette, löschte die Kerze, schloß die Tür von außen ab und warf den Schlüssel fort. So, das wäre alles.«
    Â»Vater Tabaret«, sagte Daburon, »ich bin tief beeindruckt von Ihrer Methode und den Resultaten.«
    Â»Vater Tabaret, Sie sind der Größte!« rief Lecoq.
    Â»Der Größte!« Gevrols Echo sollte ironisch sein. »Und war dem

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