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Der Fall Sneijder

Der Fall Sneijder

Titel: Der Fall Sneijder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Paul Dubois
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ohne die geringste Zweideutigkeit, und doch haftete ihr auch etwas Obszönes an. Als ich mich wieder erhob, hielt der Ontarier Anna noch immer an den Fingerspitzen fest, rein der Form halber. Doch als ich versuchte, meine Hunde ein wenig zu ordnen, machte Julius, mein kostbarer Akita, einen Schritt zur Seite. Nachdem er sich William Balshaw auf diese Weise bedrohlich genähert hatte, nahm er die charakteristische Haltung eines Tieres ein, das seine Notdurft verrichten will: Mit erhobenem Schwanz, eingeknickten Beinen, angelegten Ohren und geistesabwesendem Blick setzte er einen ansehnlichen Haufen ins Gras und diesem Familientreffen, das nie hätte stattfinden dürfen, ein jähes Ende. Annas Gesicht wurde puterrot, das von Balshaw hingegen bleicher als zuvor. Sie sagte: »Wir müssen los, wenn wir nicht zu spät zur Versammlung kommen wollen.«
    Er machte ganz langsam einen Schritt nach hinten, darauf bedacht, nichts zu überstürzen und vor allem den Hundehaufen zu vermeiden, und fügte hinzu: »Es war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen.«
    Als er diese Worte sagte, musste ich an den Knopf zum Öffnen und Schließen der Aufzugtüren denken. William gehörtebestimmt zu der Sorte Männer, die so lange auf den Knopf drücken, bis die Türen endlich aufgehen, und die vollkommen überzeugt sind, die Dinge im Griff zu haben. Sicher glaubte er, sein Gebiet völlig zu überschauen. Der Situation immer gewachsen zu sein. Zu den High Potentials unter den leitenden Angestellten zu gehören.
    Sie kehrten auf demselben Weg zurück, den sie gekommen waren. Der Haufen lag da. Er wartete auf mich. Ich schlüpfte mit der Hand in den Plastikhandschuh, hockte mich hin und griff, noch immer schaudernd vor Scham über diese demütigende Geste, nach der Hinterlassenschaft des Tieres. Genau in dem Moment drehte sich William Balshaw um und sah mich mit der Hundekacke in der Hand am Boden knien. Er sah, wie ich die Kacke in die Tüte beförderte. Und er sah, wie ich mit den Hunden und im Firmencape von dannen ging. Mit den aufkopierten Buchstaben am Rücken. Mit der immergleichen Inschrift: »DogDogWalk.« Das konnte man sich einfach merken. Ich konnte mir sicher sein, dass er es nie vergessen würde.

NEUN
    Als ich ins Büro zurückkehrte, wartete im Vorraum Bréguet auf mich. Lächelnd saß er da und streichelte zärtlich seine Hündin. Daraufhin winkte er mir freundschaftlich zu. Ich wusste genau, warum er da war und was er wollte.
    »Haben Sie einen Augenblick für mich Zeit, Paul, wir müssen reden.«
    »Ich weiß, worum Sie mich bitten wollen. Aber meine Antwort lautet Nein. Ich habe es Charisteas schon mehrfach gesagt: Ich mache kein Handling mehr.«
    »Sie können doch nicht einfach so aufhören. Machen Sie wenigstens noch Toronto. Tun Sie es für mich. Danach können Sie immer noch entscheiden.«
    »Bedaure.«
    »Hören Sie, Paul. Wenn Sie mit nach Toronto kommen, können wir gewinnen. Mit Ihnen ist alles möglich. Ohne Sie sind die Hündin und ich nichts, dann ist es vorbei, es ist die Mühe nicht einmal wert. Zwischen Charlie und Ihnen gibt es eine besondere Verbindung. Die Leute sehen das. Die Jury sieht das. Nur Sie sind blind für das, was geschieht. Verflucht, öffnen Sie die Augen!«
    »Es ist rein gar nichts passiert. Ich habe diesen Wettbewerb im Drogenrausch überstanden, ich war völlig zugedröhnt,halb weggetreten. Wenn Sie mich nicht geweckt hätten, würde ich noch immer auf der Bank sitzen und schlafen. Das ist passiert, nichts anderes. Handler gibt es überall auf der Welt, daran mangelt es wirklich nicht. Die Hündin gefällt den Leuten. Nicht der Kerl, der sie an der Leine hält.«
    »Sie haben ja keine Ahnung! Was zählt, ist das Paar, die Osmose, fifty-fifty! Ohne Sie wird die Hündin wieder zu einem stinknormalen Tier wie jedes andere. Sie erlauben ihr, sich zu entfalten.«
    »Das ist doch völliger Blödsinn. Ich mache keine Wettbewerbe mehr. Weder für Sie noch für irgendjemand anders. Ich finde diese Ausstellungen lächerlich, das ist alles.«
    »Sie enttäuschen mich sehr, Paul. Ich glaube, ich habe mich in Ihnen getäuscht. Es mangelt Ihnen an Großzügigkeit und an Klasse. Von heute an werde ich Charisteas strikte Anweisungen geben: Ich verbiete Ihnen, Charlie noch länger auszuführen, und ich möchte auch nicht, dass Sie sie anfassen.«
    Während sich der Ton verschärfte, sah ich den Zyprioten im Büro sitzen, in sich zusammengekauert wie zu Zeiten der türkischen Besatzung. Seine Finger tippten

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