Der Fall von Katara
Koks hätten und es wieder loswerden wollten, könnten sie doch nicht erst hundert Jahre auf gut Glück irgendwohin fliegen in der Hoffnung, der nächste bewohnte Planet würde das Zeug brauchen? Was ist, wenn der Planet seine Lieferung schon bekommen hat oder alle Politiker, Richter und Bankmanager auf unerklärliche Weise ausgestorben sind? Dann haben sie Pech gehabt. Wenn es keine Abnehmer mehr gibt, würde man die Piraten sicher wieder wegschicken, dabei könnte ihr Zeug noch so gut sein.“
„Und was habt ihr damals geladen?“
„Alles, was Tenemos zu bieten hat und wonach anderswo händeringend verlangt wird. Durchsichtiges Aschischisch, Spionagetechnik, edle Rohstoffe, Waffen, seltene Erden, Mutterkorn-Erntemaschinen, Mehrweg-Einweckgläser und andere spezielle Technologien. Die Liste ist lang. Aber ein Raumpirat war ich noch nie. Der Ehrencodex eines Kosmonauten heißt: Der Kapitän hat immer recht, auch wenn er in ein Schwarzes Loch hineinsteuert. Wie willst du sonst Ordnung auf einem Schiff halten, wenn jeder etwas anderes vorhat? Das geht nicht. Nein. Raumpiraten können mir gestohlen bleiben“, erklärte Zardosch hoch und heilig.
„Also gibt es sie, die organisierte Raumkriminalität?“
„Ja, es gibt sie.“
„Haben sich die Raumpiraten nur auf Drogen spezialisiert?“, fragte Erek.
„Nein. Die Kokspiraterie ist lediglich die Spitze des Eisberges. Meistens sind es Beschaffungstäter, die selbst abhängig sind und mit dem Raumschiff nur Mist bauen, sodass man manchmal ewig auf eine neue Lieferung warten kann. Die Logistik speziell in diesem Metier ist noch nicht richtig ausgereift. Sie sollten mehr Entzugsraumstationen einrichten. Aber wer fragt mich schon nach meiner Meinung?!“, schimpfte Zardosch.
„Und welche Raumpiraten sind die Schlimmsten unter den Piraten?“
„Das sind die Bio-Piraten. Mach um diese Leute bitte einen großen Bogen!“
„Bio-Piraten?“, fragte Erek.
„Ja. Die Bio-Piraten sind die Geißel der Menschheit.“
„Aber Bio klingt doch ziemlich positiv?“, wunderte sich Erek.
„Naja. Das ist alles reine Propaganda und soll die Bio-Piraten in einem guten Licht erscheinen lassen. Bio heißt in diesem Fall nicht biologisch-dynamisch angebaut, sondern es bedeutet, dass diese Kriminellen in einer Vereinigung sind, die darauf abzielt, die gesamte Biosphäre eines Planeten zu bestimmen, zu sichern, DNA-Proben von jedem Lebewesen zu entnehmen, um diese Genpools auf interstellaren Schwarzmarktbörsen teuer zu verkaufen. Die Bio-Piraterie hat eine sehr lange Geschichte. Diese Organisation begann vor vielen Millionen Jahren auf Terra-Eins. Früher hießen sie auch Biopiraten, waren aber noch harmlos im Vergleich zu heute. Den früheren Biopiraten ging es eher darum, freiverfügbare biologische Substanzen zu entdecken und zu klauen, damit sie von Gendesign-Konzernen und anderen gesellschaftsfeindlichen Organisationen patentiert werden konnten. In dieser Tradition haben sie sich weiterentwickelt. Heutzutage nennt man sie aber Bio-Piraten, weil sie sich auf jede neue DNA stürzen, die sie im Universum finden können und damit unrechtmäßigen Handel betreiben ohne Rücksicht auf Verluste. Das findet gegen die strengen Bestimmungen des Inneren Zirkels von Orion statt, der den Gentransfer der Planeten fieberhaft zu reglementieren versucht. Und das hat auch einen triftigen Grund. Die Gefahr von eingeschleppten Exogenen ist extrem groß. Wir können dieses Negativbeispiel an unserem eigenen Planeten sehr gut verfolgen. Nachdem die Kontinente wieder zusammengedriftet sind, ist das reinste Gen-Chaos entstanden. Viele spezialisierte Tiere wurden von noch weiter spezialisierten Tieren verdrängt, und dann begann das große Massenaussterben. Man hat keine Vorkehrungen diesbezüglich getroffen. Bevor die ersten Landbrücken entstanden sind, hätte man noch etwas machen können. Bestimmte Wiedereingliederungsmaßnahmen für Spezialisten, Biotop-Schutzhaft für Flora und Fauna oder Erhaltung endemischer Gebiete durch Einrichtung von Abschottungsräumen wären die richtigen Methoden gewesen, wenn sie rechtzeitig umgesetzt worden wären. Das ist aber nie passiert, und nun haben wir den Salat. Die Gendesigner versuchen jetzt krampfhaft, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Es kommt noch erschwerend hinzu, dass eine Unterorganisation der Bio-Piraterie unseren Planeten als geheimen Stützpunkt für ihre undurchsichtigen Geschäfte missbraucht. Die Bio-Piraten haben Exogene auf Tenemos
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