Der Fall von Katara
man uns sofort orten. Das will ich nicht riskieren. Halte deine Limonade gut fest! Ich muss nun einen Salto fliegen. Das ist das geheime Erkennungszeichen.“
„Sehr beunruhigend“, dachte sich Erek, trank die letzten Tropfen Limonade aus und stellte die leere Flasche in den Kühlschrank zurück. Dann verloren sie blitzartig an Höhe und stürzten nach unten weg. Plötzlich zog Zardosch den Silberpfeil wieder steil nach oben. Erek bekam das Gefühl, dass nun vielleicht sein letztes Stündlein geschlagen haben könnte. Das Blut strömte unter Hochdruck in seinen Kopf hinein. Ein lautes Scheppern kam aus dem Bordkühlschrank. Zardosch flog nun einen langgezogenen Salto, während Erek versuchte, sich an irgendetwas festzuklammern. Er schaute auf seine nackten Füße, hatte aber schlagartig den Rocksaum seiner Burka im Gesicht hängen und sah auf einmal nichts mehr. Den beiden standen für kurze Zeit sämtliche Haare zu Berge, bis der Silberpfeil wieder waagrecht war. Erek kämmte sich mit seinen Fingern die Haare aus dem Gesicht und erkannte in der Ferne die Landebahn.
„Mach dir keine Sorgen! Ich bin schon öfters im Tarnkappenmodus gelandet. Ich kenne mich hier aus. Andere Flugzeuge hätten ihre Scheinwerfer an. Nur wenige sind autorisiert, im Hoheitsraum des Flughafens von Nigidu-West im Tarnkappenmodus zu fliegen. Im Übrigen wissen sie auch, dass wir kommen und sind vorbereitet. Wir liegen gut in der Zeit. Lichtzeichen zu geben, bringt außerdem auch nichts, weil Katara viele Eisenvogeldrohnen überall im Großraum Nigidu verteilt hat, um uns auszuspähen. Aber wir wissen, uns zu wehren. Diese bionischen Vögel haben sogar Kunstblut in ihren Plastikadern fließen. Du kannst sie von echten Eisenvögeln kaum mehr unterscheiden. Es sind Kreaturen aus den Bionik-Labors von Usiris. Am besten wäre es, du schaust jetzt ein bisschen mit, ob fremde Lichter auf uns zukommen“, rief Zardosch ihm zu.
Erek beobachtete die Umgebung des Flughafens und sah glücklicherweise keine fremden Lichter auf sich zukommen. Die Gegend glich einer Zuckerhutlandschaft. Die runden, glatten Berge waren mit einer dicken Schicht aus Pflanzen überzogen. Wie Schatten von Riesen bäumten sich die Felshänge links und rechts auf, je tiefer Zardosch flog. Die Lichter der Landebahn bildeten nun zwei klar erkennbare Striche. Die Fluglotsen hatten mit hochauflösenden Infrarotkameras den Westhimmel von Nigidu nach großen, fliegenden Wärmepunkten in der Luft abgesucht, und als sie den yakkischen Silberpfeil entdeckt hatten, hatten sie sofort den Luftraum gesperrt, die Kurslichter der Landebahn eingeschaltet und ein Rettungsteam zusammengestellt.
Da sie wussten, dass der Transponder des Kollisionswarnsystems des eintreffenden Fliegers inaktiv war, mussten sie nun höchste Sicherheitsstandards einhalten. Mit diversen Spezial-Echoloten konnten die Lotsen jedoch die Flughöhe des Silberpfeils gut bestimmen und gegebenenfalls bei zu schnellem Sinkflug Warnsignale ausstoßen, die höllisch laut waren. Sie machten das in unregelmäßigen Abständen, um die vielen Vögel, die oft in den Hängen nisteten, zu verscheuchen, und um die Eisenvogeldrohnen der Katarer zu dezimieren, indem sie durch diese starke Vibrationen ihre sensible Elektronik zerstörten. Nach einer solchen Lärmattacke stürzten sich die Eisenvogeldrohnen meistens wie Lemminge von den Klippen. Die Fluglotsen konnten sogar im Extremfall bei einer drohenden Bauchlandung die Supraleitung der Magnetschwebebahn aktivieren und jedes kommende Vehikel abfangen. Sogar eine Bruchlandung konnte mit diesem System abgewendet werden, weil man ebenso die technischen Möglichkeiten besaß, ein zusätzliches Riesenairbag aus dem Boden und aus den Felswänden aufzublasen.
Zardosch sank jetzt auf die Landebahn herab und erreichte einen perfekten Einflugwinkel. Er passierte den Marker auf der idealen Höhe, sodass er sicher zur Landung ansetzen konnte. Lediglich die großen Hangar-Tore sollten rechtzeitig geöffnet sein, damit er nahtlos in die Flugzeughalle hineinfahren konnte. Als der Silberpfeil mit seinen Reifen die Landebahn berührte, wurde alles kurz durchgeschüttelt. Schnell bekamen sie Bodenhaftung und fuhren verhältnismäßig sanft auf einen Berg zu, der in der Mitte ein riesiges Tor hatte, das weit geöffnet war und eine lichtdurchflutete Flugzeughalle präsentierte. Sie rollten in die Basis des Militärstützpunktes von Nigidu-West hinein, passierten die große Hauptempfangshalle und kamen
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