Der Fall Zamar (German Edition)
egal. Schritte wurden lauter. Sie schnappte sich ihren Rucksack und eilte zur Tür.
Kaum stand sie auf dem Flur, kam ein junger Mann aus dem Fahrstuhl und ging in ihre Richtung. Madeas Herz schlug wild gegen ihre Brust. Damit er ihr nicht so sehr in die Augen sehen konnte, holte sie im Gehen ihr Telefon aus ihrem Rucksack, wobei sie den Kopf tief neigte. Sie machte auf dem Display wilde und sinnlose Aktionen mit ihrem Finger. Hoffentlich merkte er ihre Unsicherheit und Nervosität nicht an. Als der Mann auf ihrer Höhe anlangte, gab sie ein kurzes „Hallo“ von sich, so, als gehöre sie zum Personal. Er murmelte unbekümmert ein Grußwort zurück und ging an ihr vorüber. Ihre Anspannung löste sich.
Wieder im Erdgeschoss angekommen, steuerte sie auf den Hintereingang zu, der in den meisten Fällen vom Personal genutzt wird. In der Gasse hinter dem Hotel stand das Fahrzeug mit den Agenten rechtsseitig. Also ging sie zur linken Seite hinaus, kam an der Lieferrampe und an den Mülltonnen vorbei. Noch immer konnte sich ihr Herzschlag nicht beruhigen. Beim weiteren Entfernen lauschte sie, ob nicht doch noch jemand ihren Namen rief. Aber die Perücke tat ihr Werk, sie täuschte.
Zweihundert Meter weiter konnte sie endlich um die Ecke in eine andere Gasse biegen. Sie hatte es geschafft. Hatte Madea gerade noch einen gemütlichen Feierabendschritt vorgetäuscht, so ging sie jetzt zügig zur nächsten Bushaltestelle. Ein Taxi wollte und konnte Madea nicht nehmen. Sie könnte sich vorstellen, dass Thompson alle Taxifahrer befragen würde, sobald ihr Verschwinden auffiel.
Der Bus brachte sie erst in die Innenstadt von Atlanta, dann stieg sie in die Linie zum Universitätsgelände um. Unauffällig überprüfte sie ständig, ob ihr niemand folgte.
Sie fuhr eine Station weiter als gewöhnlich. Nicht an ihrem Wohnblock verließ sie den Bus, sondern am Hauptgebäude der Universität. Dort gab es an der Seite einen separaten Eingang, wo man zu den Schließfächern gelangte. Da sie sowieso nicht wusste, ob der Haupteingang des Lehrhauses an solch einem langen Wochenende verschlossen war oder nicht, ging sie gleich zu der Tür, die einen immerwährenden Zugang zu den im Kellergeschoss befindlichen Schließfächern zuließ. Allerdings gelang sie nur mit der Chipkarte durch die Glastür. Drinnen musste sie die Karte noch vor einen weiteren Scanner halten, damit sich eine weitere Tür öffnete. Hier gab es über 1000 Schließfächer.
Madea ging weit durch die Reihen, ehe sie ihren Schrank erreichte. Erst jetzt bemerkt sie das Fehlen der üblichen geschäftigen Lautstärke, die sonst durch die Schrankreihen flirrte. Ein wenig unheimlich kam ihr das vor. Sie öffnete die Tür mit der Karte.
Da Madea auf dem Gelände der Universität wohnte, brauchte sie eigentlich kein Schließfach. Die fünf Bücher, die dort lagen, sollten nur den Schein wahren. Ganz unten standen aber noch alte, dreckige Joggingschuhe, die sie jetzt herausnahm. Geschickt trennte sie die präparierte Sohle von den Schuhen und holte die dort zuvor von ihr versteckten Geldscheine heraus. Insgesamt hatte Madea dort 15 000 Dollar verborgen gehalten, für den Notfall, für eine eventuelle Flucht. Noch immer empfand sie die Schuhe als ein sehr gutes Versteck. Bräche ein Fremder ihren Schrank auf, würde er diese lumpigen, stinkenden Treter niemals anfassen.
Aber das Wichtigste kam jetzt. Sie kniete sich nieder und griff mit der Hand weit nach hinten unter das Metallfach, welches den oberen Bereich von dem Schuhfach trennte. Da war es, sie fühlte die Tüte. Blind löste sie nun die Klebestreifen und holte den Packen hervor. Sie befreite das Verborgene von der Plastehülle. Sehr schön. Sie blätterte durch ihren falschen Pass, alles war in Ordnung. Also steckte sie den Ausweis mit dem Geld in ihren Rucksack. Dann nahm sie aus dem oberen Fach noch einen kleinen Beutel mit Schminkzeug heraus.
Sie schloss den Schrank und ging zum Ausgang. Aber zuvor verschwand sie in der Toilette, die sich neben dem Ausgang befand. Sofort begann sie, sich zu schminken. Dann band sie, wie auf dem Passfoto auch, ihre Haare straff nach hinten. Gut.
Kurze Zeit später saß Madea im Taxi, welches sie zum Flughafen brachte. Auf der Rückbank sitzend, sah sie sich zwar immer wieder um, um zu prüfen, ob ihr niemand folgte, aber sie merkte schnell, dass ihre Angst unbegründet war.
Was tat sie da eigentlich? Wollte sie wirklich Daniel in die Türkei folgen? Im Moment der Ruhe während der
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