Der Fall Zamar (German Edition)
infrage gekommen wären. An allen Containern war ein Zollsiegel von Savannah. Die anderen und ich machten uns eigentlich keine Gedanken mehr über den Zwischenfall. Die Piraten haben uns in Ruhe und freigelassen. Das war das Wichtigste. Für alles andere ist der Kapitän zuständig.“ Der Mann hielt kurz inne, legte seinen Kopf schief und schaute Daniel aus halb zusammengekniffenen Augen an. „Aber wenn ich jetzt so darüber nachdenke und ihr mir solche Fragen stellt, dann wird es wohl doch eine wichtige Sache gewesen sein. Oder?“
„Hast du vielleicht den Namen des Frachters erkennen können, bevor sie euch in den Aufenthaltsraum sperrten?“
„Da muss ich jetzt noch scharf nachdenken.“ Mit durchdringendem Blick sah er Daniel an, um zu testen, ob der Fremde womöglich noch einen Schein lockermachen kann. „Vielleicht fällt es mir wieder ein, wenn ich …“
Die beiden Agenten kannten diese durchtriebenen Spiele von geldgierigen Informationsgebern. Solange die Hinweise wertvoll und vielversprechend waren, sollten die Tippgeber auch ihren Obolus erhalten.
Monroe gab ihm weitere 50 Dollar und wartete auf eine Antwort. Zwei Lkws rauschten an ihnen vorbei.
„Ich konnte noch auf den Frachter schauen. Der hatte einen Lastenkran an Bord. Den Namen konnte ich nicht ganz sehen, nur die letzten Buchstaben ATOLI.“ Der Mann nahm die Tüten nun in die andere Hand, nicht, weil sie ihm zu schwer waren, sondern weil er nervöser wurde. So ahnte er nun, dass der gestrige Stopp auf See wohl kein Piratenüberfall war. „Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Mit wem hatte ich eigentlich das Vergnügen?“
Die Frage überging Daniel gezielt. „Gut, das wird uns sicher weiterhelfen. Wir danken dir. Dieses vertrauliche Gespräch sollte aber unter uns bleiben, niemand sollte davon wissen.“
„Ist kein Problem. Heute Abend laufen wir aus, dann bin ich hier verschwunden.“
„Doswidanja“, verabschiedete sich Daniel von ihm und sah ihm nach.
Während sie beobachteten, wie der Russe auf dem abgesperrten Gelände zwischen einigen Containern verschwand, gab Monroe Walter rasch die letzten Auskünften des Seemanns wieder. Sie wendeten sich um, durchkämmten mit ihrem Blick die Gegend nach auffälligen Personen und gingen zügig die Straße hinauf. Am heutigen Sonntag war der Hafen nicht so belebt wie an den anderen Tagen.
Am nächsten Lagerschuppen hielt Semjion an, zerrte eine Schachtel Marlboro aus seiner Hemdtasche, um mit einer Zigarette seine Nerven zu beruhigen. Das waren bestimmt Amerikaner, dachte sich der Russe. Da läuft irgendein krummes Ding. Gerade als er das flammende Feuerzeug an die Kippe hielt, stieß ihn von hinten jemand mit voller Wucht gegen die Metalltür des Lagerhauses.
„He“, kreischte Semjion. Die Zigarette und das Feuerzeug landeten auf dem staubigen Boden, die Einkaufstüten ebenfalls. Bevor er den nächsten Protest hervorbringen konnte, war ihm klar, dass der Stoß in den Rücken kein versehentlicher Anrempler gewesen war.
Ein Mann trat neben ihn und ließ ein Springmesser aufschnappen. Der andere hatte sich Semjions rechten Arm geschnappt und ihn nach hinten auf den Rücken verdreht. Einen Versuch zu unternehmen, um sich zu wehren, hielt Semjion für unklug, war er doch in der beklemmenden Situation, ein Messer an der Kehle zu spüren. Die pure Angst erhöhte seinen Pulsschlag.
„Was wollten die beiden Männer von dir?“, fragte der große, schwarzhaarige Mann in russischer Sprache und drückte das Messer noch stärker an den Hals des Matrosen.
„Nichts! Sie fragten nach dem Weg in die Stadt.“
„Das ist definitiv die falsche Antwort“, brummte der Mann ihn drohend an. „Um jemandem einen Weg zu erklären, braucht man nicht fünf Minuten. Und wofür hast du das Geld erhalten, was die beiden Kerle dir zu gesteckt haben?“
Semjions Intelligenz war sicher nicht die beste. Dennoch wusste er, dass er mit einer weiteren Lüge nicht überleben würde, denn der Druck des Messers auf seinem Hals wurde nochmals verstärkt. „Also gut, sie wollten wissen, ob ich auf der ‚Valina‘ bin. Ich habe das nur bestätigt.“
„Und weiter?“, herrschte der Kerl ihn auf Russisch an. „Das kann nicht alles gewesen sein.“
Der Arm des Matrosen wurde noch weiter schmerzlich nach hinter verdreht, sodass er kurz aufschrie. „Die beiden Männer fragten, was da vor sich ging, als wir auf See stoppten. Ich konnte ihnen aber nichts sagen, da wir alle bis auf den Kapitän unter Deck eingesperrt
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