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Der Fall Zamar (German Edition)

Der Fall Zamar (German Edition)

Titel: Der Fall Zamar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Maak
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Gang führte vom hinteren Teil des etwa 40 Quadratmeter großen Raumes zum rückwärtigen Ausgang der Bürobaracke. Je eine Tür links und rechts des Ganges zeugte von dem Vorhandensein weiterer Räume in diesem Haus.
    „Sie können uns bestimmt weiterhelfen“, sprach Walter in türkischer Sprache mit dem Mann. „Wir sind auf der Suche nach einem kleinen Frachter. Er traf gestern hier ein. Wir hatten uns mit einem Freund verabredet.“
    Daniel schaute abwechselnd aus dem Fenster und dann wieder auf den Hafenmeister.
    „Wie heißt denn das gesuchte Ding?“, fragte er nun schnurrig.
    „Es ist wohl die Anatoli.“ Walter versuchte es einfach mit dem Namen.
    Daniel sah sofort den veränderten Gesichtsausdruck des Hafenmeisters. Die Augen des Mannes verengten sich, und die verhärteten Züge um den Mund ließen keinen Zweifel daran, dass er das Schiff kannte, in welchem Zusammenhang auch immer. Fünf Sekunden später setzte er ein angestrengt nettes Lächeln auf, er versuchte, gelassen zu wirken.
    Der Mann überlegte kurz. „Soweit ich mich erinnern kann, war hier kein Frachter mit diesem Namen im Hafen. Ich kann aber zur Sicherheit in den Computer schauen.“ Er tippte ein paar Buchstaben und Zahlen auf die Tastatur und gab schon nach wenigen Sekunden die Antwort. „Nein, nein. Hier lag kein Frachter am Abend.“
    Die Antwort kam ein wenig zu schnell, fand Walter. Und außerdem, hatte er etwas von Abend gesagt? „Aber das Schiff müsste hier sein, oder?“ Seine tiefe, ruhige Stimme klang mit einem Mal bedrohlich. Er schaute den Mann aus schmalen Augen an.
    „Nein, ich habe keinen Frachter gesehen.“ Er wurde unsicher und nervös.
    „Bestimmt hast du ihn gesehen.“ Walter trat näher an den Mann heran.
    „Ich sagte doch schon, ich habe nichts gesehen. Bitte gehen Sie jetzt, ich muss meine Arbeit machen.“ Er schob flattrig einige Blätter auf dem Schreibtisch hin und her.
    „Überleg noch mal ganz genau, bestimmt hast du diesen Frachter gesehen.“ Walter erkannte seine labile Psyche. Wäre der Mann ein gelassener, beherrschter Schauspieler gewesen, hätte Walter wohl ein paar Scheine locker machen müssen, damit sie einige Informationen erhalten würden. Aber bei dem nervenschwachen Angestellten war es nicht nötig, er zeigte deutlich Nachgiebigkeit. Nun hoffte er darauf, dass die Fassade der Lüge bald einstürzen würde, denn Walter sah sie schon bröckeln.
    Die Augen des Hafenmeisters zwinkerten unruhig. Er knetete seine Finger. Er beugte sich ein wenig zur Seite und schaute zum Fenster heraus.
    Noch einmal musste Walter mit drohender Stimme nachhaken. „Sag schon, da war doch ein Frachter, nicht wahr?“ Er sah ihm konzentriert in die Augen.
    „Ach lasst mich doch alle in Ruhe mit eurem Scheiß!“, brach es jetzt aus dem Mann heraus. Wieder schaute er aus dem Fenster. Daniel bemerkte seinen nervösen Blick und folgte ihm. Aber draußen konnte er nichts Auffälliges entdecken. Ein Hafenarbeiter fuhr mit einem Gabelstapler vorbei.
    „Gehen Sie jetzt, bitte!“ Seine Stimme flehte förmlich. „Ich weiß nichts von der Anatoli. Nichts war hier, kein Schiff, keine Lkws, kein gar nichts.“ Er stand nun von seinem Stuhl auf.
    Walter wurde hellhörig. „Dann sag uns schnell, wie viele Lkws es waren und was dort draufstand. Dann kannst du weiter in Ruhe deinen Kaffee trinken.“
    Der Angestellte sah ihn schief an. „Ich weiß von nichts.“
    „Dann müssen wir wohl mal mit der Polizei und dem Zoll reden. Kann durchaus möglich sein, dass man einige Ungereimtheiten in den Büchern findet“, überlegte Walter laut.
    „Nein, bitte nicht, ich habe eine große Familie.“ Walter nahm ein leichtes Zittern in seiner Stimme wahr. „Und das Gehalt ist immer ein wenig knapp. Das verstehen Sie doch. Es waren sechs Lkws. Ein rotes Kreuz prangte groß auf den Planen.“
    „Du meinst die Lkws waren von der Hilfsorganisation Rotes Kreuz?“, hakte Walter nach.
    „So sah es jedenfalls aus.“ Der Familienvater sah wieder aus dem Fenster. „Bitte gehen Sie!“
    „Da kommt jemand“, rief Daniel.
    „Gehen Sie hinten raus“, sagte der Angestellte schnell. „Man muss Sie hier nicht sehen.“
    Am Tonfall des Hafenmeisters und in Anbetracht der Tatsache, dass ein muskelbepackter Hüne die Treppe zum Büro aufstieg, war es Zeit für Daniel und Walter zu verschwinden. Sie eilten den Flur zur Hintertür entlang.
    Vorn schwang die Bürotür auf und Daniel hörte den Mann rumbrüllen. „Wo sind die beiden Kerle?“

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