Der Fall Zamar (German Edition)
unter anderem auch Arbeitshandschuhe und Spanngurte lagen, fand er eine Brechstange, die sonst zum Öffnen der großen Holzkisten gedacht war.
Eine halbe Minute später rollte er vorsichtig die Tür auf. Er lugte hindurch und fand einen nur mannsbreiten Gang vor sich, der links und rechts von hochgestapelten Holzkisten flankiert wurde, die ihm aber guten Schutz gaben. Scheinbar wurde diese Tür kaum benutzt. Als er sich weit genug nach vorne geschoben hatte, um Einblick in die Halle zu bekommen, sah er auch drei Lkws. In der ganzen Halle gab es nur zwei einzelne matt verglaste Dachluken. Deshalb musste Dan noch weiter an die Fahrzeuge heran, um zu erkennen, dass es sich um die richtigen Lkws handelte. Er erkannte das Rote Kreuz. Im Schutz des Halbdunkels kroch er auf den ersten Lkw. Das Stemmeisen hatte er mitgenommen, sodass er die verschlossenen Kisten aufhebeln konnte. Aus der Innenseite seines Jackenkragens holte er eine Minikamera, so konnten die Wachen getrost seinen großen Fotoapparat nach verbotenen Bildern durchforsten. Sie würden nur Aufnahmen von der Ärztin finden.
Fix machte er die ersten Bilder. Plötzlich hörte er das Poltern einer Tür, drei Sekunden später fiel sie wieder ins Schloss. Monroe vernahm zwei männliche Stimmen. So ein Mist. Scheinbar nutzten nicht alle Angestellten von Al Bashirin die Stromunterbrechung für eine Pause. Wenn er jetzt nicht schnell genug aus dem Lkw kam, saß er womöglich in der Falle.
Mit so vielen Wachleuten hatte Madea nicht gerechnet. Ihr Herz schlug wie verrückt. Woher hatte sie eigentlich plötzlich diese Unerschrockenheit und den Mut? Sie konnte nur hoffen, dass keiner dieser Wachhunde ihre Witterung aufnahm. Hinter den Schuppen und den Müllbergen war sie einigermaßen gut verborgen. So schnell konnte kein Wachmann sie entdecken, denn diese patrouillierten fast ausschließlich am Außenzaun des Geländes entlang, der war so etwa 70 Meter entfernt. Sie kroch zwischen den Paletten und Kisten weiter in Richtung Büro, wobei ihr der Jilbab ziemlich hinderlich war.
Die Kistenstapel endeten plötzlich, und vor ihr tat sich ein fahrzeugbreiter Weg auf. Nur noch zehn Meter bis zum Haus. Vorsichtig lugte sie hinter einer Palette hervor und zog ruckartig den Kopf wieder zurück. Zwei Männer kamen den Weg entlang, aber wie Wachposten sahen sie nicht aus. Still harrte sie aus, bis die Angestellten um die Ecke bogen. Noch einmal wagte sie einen Blick. Jetzt aber war der Weg frei und sie schlich quer rüber und schlüpfte zwischen zwei Schrottautos hindurch. Einige alte Autoteile türmten sich entlang des Hauses auf. Schnell überprüfte sie noch mal, ob kein Wachmann kam, dann kletterte sie über die Schrottteile und legte sich flach unter die ersten Fenster. In dem Moment war sie froh, dass sie ihre Turnschuhe angelassen hatte.
Madea war etwa mittig des flachen Gebäudes. Da sie bei diesem Fenster keine Stimmen vernahm, entschied sie sich, weiter nach hinten zu kriechen, denn im vorderen Teil des Hauses, so wusste sie, waren die beiden Zimmer, in denen sie zuvor gewesen war. Sie krabbelte auf allen vieren und hörte endlich unverkennbar die tiefe Bassstimme von Al Bashirin. Zwar dämmten Scheiben in den Fenstern die Worte, dennoch konnte sie alles verstehen.
„Also gut“, sagte Balroso, der endlich den Geldtransfer hinter sich bringen wollte, „du überweist mir dein Angebot für den zusätzlichen Lkw auf mein Konto und die abgemachte Summe auf das Konto meines Chefs.“
Al Bashirin lächelte breit. Er wollte Mister Balroso das Geld nicht völlig verwehren, aber den Preis zu drücken, war schließlich das Liebste seiner zermürbenden Verhandlungen. Er nahm sein iPad, tippte auf ein paar Symbole und der Geldfluss war hergestellt. Eigentlich wollte Al Bashirin noch auf Informationen zu der Ärztin und dem Reporter warten, aber das dauerte ihm zu lange. Da er sich ja gleich nach Ankunft der Waffen von der guten Qualität der Ware überzeugt hatte, konnte er Balroso wahrscheinlich trauen. Der Italiener war nun auch schon zum fünften Mal hier, woraus sicher auch ein sechstes Mal werden sollte.
„Das Geld ist überwiesen, mein italienischer Freund“, brummte der Waffenhändler.
Zu gern hätte Madea durch das Fenster geluchst, um Al Bashirins Geschäftspartner zu sehen. Aber es war einfach zu gefährlich.
„Gut, dann kann ich euch jetzt mit gutem Gewissen verlassen.“ Balroso erhob sich. „Ich brauche jetzt dringend ein wenig Schlaf. Ist es möglich,
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