Der Fall Zamar (German Edition)
sie eine Gänsehaut. Aber wovon eigentlich? Von den Gedanken, die sie sich gerade ausmalte. Tief in ihrem Inneren wollte sie Gerechtigkeit für ihre Familie, deshalb kam sie auch hierher nach Amerika. Aber andererseits studiert sie Medizin, um Menschen helfen zu können, was sie sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte.
Welche düsteren Pfade der Phantasie betrat sie da eigentlich?
Seit acht Uhr saß Monroe auf der Wiese vor dem Haus, in dem Zamar wohnte. Zwischen den Häuserblocks grünten Oasen mit Büschen und Bäumen, ein paar Bänke luden zum Verweilen ein. In den letzten Tagen, die er hier schon verbracht hatte, stellte er fest, dass viele Studenten sich dort aufhielten. Meistens lagen sie mit Büchern auf den Wiesen, oder sie saßen da und tippten auf ihren Laptops rum.
Monroe hatte sich mit seinen Büchern so hinter einem Busch platziert, dass er den Treppeneingang zu Zamars Wohnung einsehen konnte, er selber aber nicht sofort entdeckt wurde, wenn jemand aus dem Haus kam. Er spielte den fleißigen Studenten, der gewissenhaft lernte. Er wusste, dass Madea heute einen Ausflug machen wollte, nur kannte er die Uhrzeit nicht. Deswegen tauchte er zeitig auf dem Universitätsgelände auf, um sie abzupassen. Am Donnerstag, als er sie nach der Busfahrt aus den Augen verloren hatte, kam ihm die Sache sehr eigenartig vor. Sollte sie eventuell doch mitbekommen haben, dass sie überwacht wird? Wie sie alle Personen im Bus musterte und das perfekte Timing mit dem Ein- und Ausstieg würden dafür sprechen.
So gegen neun Uhr fanden sich die ersten zwei Studenten auf der Wiese ein. Die Sonne strahlte, und es war herrlich frische Luft am Morgen. Daniel wartet noch immer, aber es tat sich nichts. 10.30 Uhr, nachdem sich die Rasenflächen immer mehr bevölkerten, schlenderten drei Mädchen aus dem Hauseingang, Madea war allerdings nicht dabei. Der Ford von Zamar stand immer noch auf dem Parkplatz, wurde noch keinen Meter bewegt. Daniel bekäme über sein Handy sofort eine Nachricht aus der Zentrale, wenn der Sender am Fahrzeug ein Bewegungssignal abgeben würde.
Da Monroe jetzt bis 14 Uhr gewartet hatte, beschloss er, an ihrer Tür zu klingeln. Falls sie in der Wohnung sein sollte, konnte er ihr heute natürlich nicht mehr folgen, aber das war ihm jetzt egal. Maggie, die Mitbewohnerin von Zamar, hatte er auch noch nicht gesehen, sicherlich ist sie Freitag nach Hause gefahren. So packte er seine Bücher zusammen und ging zum Treppenhaus. Vor der Wohnungstür fand er keine Klingel, also klopfte er an. Er hörte Geräusche von innen und dann das Drehen eines Schlüssels in der Tür.
Als die Tür sich öffnete, stand Maggie vor ihm. „Ja bitte?“
„Ich möchte gern Miss Zamar sprechen“, sagte er freundlich.
„Das tut mir leid, aber sie ist nicht hier.“ Maggie war nicht überrascht, sie wusste, dass irgendwann jemand vor der Tür stand, um mit Madea auszugehen. Sie ist ein hübsches Mädchen.
„Nun, das ist natürlich schade, hatte ich doch gehofft, sie hier zu treffen. Wo ist sie denn?“
„Sie ist zum Flughafen, heute früh, so gegen sechs Uhr“, antwortete Maggie.
„Das ist aber noch vor dem Aufstehen.“ Daniel ärgerte sich innerlich, dass er sie wieder verpasst hatte.
„So kann man das auch sehen. Sie wollte nach New Orleans, mal die Stadt kennenlernen. Ich habe ja immer zu ihr gesagt, dass sie sich mal was anschauen soll. Sie kann doch nicht immer nur lernen.“
„Da kann man wohl nichts machen. Also dann, auf Wiedersehen.“ Daniel wandte sich zum Gehen. „Ach“, er drehte sich noch mal zu Maggie um, „wann kommt sie eigentlich zurück?“
„Ganz genau kann ich das auch nicht sagen“, antwortete Maggie, „aber auf jeden Fall wollte sie spätestens morgen Abend wieder hier sein.“
„Also gut. Vielen Dank auch noch.“ Daniel ging zur Treppe.
„Von wem soll ich Madea überhaupt grüßen?“, rief Maggie ihm schnell noch hinterher.
„Von Dan“, hallte es durch den Flur.
An den Wochenendnachmittagen sind in Nashville die Straßen immer belebt, besonders wenn schönes Wetter ist. Kinder spielen Basketball oder fahren mit ihren Skatebords die Straße entlang, Väter mähen den Rasen im Vorgarten, Frauen helfen bei der Gartenarbeit oder hängen Wäsche auf. So ist es auch in der Tenderstreet in einem Vorort von Nashville.
Madea steht mit ihren Wagen etwa 70 Meter vom Haus von Frank Wilson entfernt. Jetzt am Nachmittag spielten drei Kinder auf dem Grundstück vor dem Haus. Madea wusste,
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