Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
Vom Netzwerk:
Leibwache, ihm die Tür zu öffnen. Auf der Schwelle drehte er sich um, hatte
     sichtlich das Bedürfnis, noch mehr zu sagen, doch Fidelma blieb hart. Sie entließ ihn mit einem
»Benedictus benedicat«
. Widerstrebend zog er sich zurück.
    Sie setzte sich und stützte sich mit den Händen, die Handflächen nach unten, auf der Tischplatte ab. Für einen Moment war
     sie ganz in ihren Gedanken versunken, doch lange währte es nicht. Schwester Ethne machte sich mit heiserem Husten bemerkbar.
    »Wäre das jetzt alles, Schwester?«
    Kopfschüttelnd verneinte Fidelma ihre Frage und stand wieder auf.
    »Wir sind noch lange nicht am Ende. Wir gehen ins Gästehaus. |39| Ich möchte Silláns Kammer sehen. Nimm eine der Lampen mit.«
     
    Die Kammer im
tech-óired
, dem Gästehaus, war den Zellen, wie sie die Nonnen bewohnten, nicht unähnlich. Es war ein kleiner, dunkler Raum mit Wänden
     aus grauem Stein und einer winzigen Fensteröffnung, vor der ein schweres Sacktuch hing, um die kühle Nachtluft abzuhalten.
     In einer Ecke befand sich eine schmale Bettstatt aus Kiefernholz mit einer Strohmatte und Decken. Ein Tisch und ein Schemel
     waren die einzigen weiteren Möbelstücke. Auf dem Tisch stand eine Kerze. Überall im Gästehaus hatte man nur einfache, aus
     Binsen und Talg hergestellte Kerzen. Sie gaben nur spärliches Licht und brannten schnell herunter. In weiser Voraussicht hatte
     Fidelma deshalb darauf geachtet, eine Öllampe aus der Bibliothek mitzunehmen.
    Schwester Ethne setzte die Lampe auf dem Tisch ab, während Fidelma im Türrahmen stehen blieb und von dort aus den Raum mit
     aufmerksamen Blicken abtastete.
    Am Fußende des Bettes lehnte eine geräumige Satteltasche, daneben ein kleinerer Lederbeutel für Werkzeug. Ganz offensichtlich
     hatte Sillán schon alles für die Abreise gepackt.
    Fidelma ging hinüber zum Bett und hob den, wie sich herausstellte, schweren Lederbeutel hoch. Sie schaute hinein. Er enthielt
     eine Reihe von Werkzeugen, die vermutlich zu Silláns Gewerbe gehörten. Sie lugte auch in die andere Tasche; in der waren seine
     persönlichen Sachen.
    Fidelma wandte sich zu Schwester Ethne.
    »Ich habe hier nicht lange zu tun. Geh bitte zur Äbtissin und sag ihr, dass ich sie nachher noch sprechen möchte, und das
     bitte unter vier Augen. Ich würde noch in weniger als einer Stunde zu ihr kommen.«
    |40| Schwester Ethne wollte etwas entgegnen, besann sich aber eines Besseren, nickte ergeben und verließ – nicht ohne ihr übliches
     Schniefen – den Raum.
    Fidelmas Aufmerksamkeit galt jetzt der Tasche mit Silláns persönlichen Dingen. Stück für Stück nahm sie heraus und betrachtete
     jedes von allen Seiten. Dann tastete sie sorgsam das Tascheninnere ab und überprüfte mit Hilfe der Lampe den Staub an ihren
     Fingerspitzen. Als Nächstes nahm sie sich die Werkzeugtasche vor. Auch hier überprüfte sie im Lampenschein die Staubablagerung
     am Boden des Beutels. Schließlich packte sie alles so zurück, wie sie es vorgefunden hatte.
    Dann ließ sie sich auf die Knie nieder und suchte sorgfältig die Fliesen des Bodens ab, Zoll für Zoll. Unter der Bettstatt
     stieß sie mit der Hand gegen etwas, das sich wie ein Steinbrocken anfühlte. Sie umschloss es mit den Fingern, kroch zurück
     und hielt den Gegenstand ins Lampenlicht.
    Zunächst hatte sie den Eindruck, es handelte sich tatsächlich um ein Stück unbehauenen Stein. Sie rieb ihn auf dem Fußboden
     und hielt ihn erneut ans Licht. Die Seite, deren Oberfläche sie glatt gerieben hatte, erglänzte in einem strahlenden Gelb.
    Ein zufriedenes Lächeln glitt über ihr Gesicht.
     
    Ruhig und gelassen saß Äbtissin Ita kerzengerade in ihrem Stuhl. Sie wirkte in ihrer Haltung so beherrscht, dass es schon
     fast unnatürlich war. Man hätte annehmen können, sie hätte sich seit ihrer letzten Begegnung mit Fidelma nicht vom Fleck gerührt.
     Argwöhnisch maßen die bernsteinfarbenen Augen Fidelma, ähnlich einem Steinmarder, der einen über ihm kreisenden Habicht wachsam
     verfolgt.
    »Nimm bitte Platz, Schwester«, forderte die Äbtissin sie auf. Das war ungewöhnlich und ihrer Stellung als Anwältin, |41| weniger der als Mitglied der frommen Gemeinschaft geschuldet.
    Mit einem »Danke, Ehrwürdige Mutter« ließ sich Fidelma ihr gegenüber nieder.
    »Es ist schon spät. Wie kommst du mit deinen Nachforschungen voran?«
    »Sie sind ziemlich weit gediehen. Ich hätte von dir nur noch gern ein paar Fragen beantwortet.«
    Es war die Andeutung

Weitere Kostenlose Bücher