Der falsche Apostel
Priester geweiht und sehr unsicher. Er war erst ungefähr
einen Monat hier.«
»Ich verstehe. War er das neueste Mitglied der Gemeinde? Wie lange ist beispielsweise Pater Febal schon hier?«
»Pater Febal ist hier seit sieben Jahren Priester. Ich kam vor einem Jahr hierher, und Bruder Adag ist seit etwas über einem
Jahr hier.«
»Ich vermute, die Mitglieder eurer kleinen Gemeinde verstanden sich gut miteinander?«
Bruder Finnlug antwortete nicht.
»Ich meine, ich vermute, es gab keine Unstimmigkeiten zwischen euch vieren?«, erläuterte Fidelma.
Finnlugs Gesicht verzog sich zu einem Ausdruck, den Fidelma nicht deuten konnte.
»Um ehrlich zu sein, Pater Febal legt Wert darauf, zu betonen, dass er einen höheren Rang hat als wir. Ich glaube, er stammt
aus einer Adelsfamilie, das hat er nie vergessen.«
»Wird ihm diese Einstellung verübelt?«
»Nicht von mir. Ich habe beim Lord von Maine gedient. Ich bin es gewohnt, Befehle zu empfangen und sie auszuführen. Ich kenne
meinen Platz.«
War da ein etwas bitterer Unterton?, fragte sich Fidelma.
»Wenn ich mich recht erinnere, war der Lord von Maine ein großzügiger Mann, der gut für diejenigen sorgte, die ihm dienten.
Es muss ein harter Schlag für dich gewesen sein, einen solchen Herrn zu verlassen und ein religiöses Leben zu beginnen?«
»Geistlicher Lohn ist oft wertvoller als weltlicher«, entgegnete Finnlug. »Doch wie ich schon sagte, ich bin es gewohnt, zu
dienen. Das Gleiche könnte man von Bruder Adag behaupten, der einst Diener eines anderen Edelmannes war. Aber er ist |471| auch ein ziemlich schlichter Mensch.« Der Mönch tippte sich an die Stirn. »Man sagt, solche Leute sind von Gott gesegnet.«
»Verstand sich Pater Ibor gut mit Pater Febal?«
»Ach, keine Ahnung. Er war ein stiller junger Mann. Blieb für sich allein. Ich glaube nicht, dass er Pater Febal mochte. Ich
habe Missgunst in seinen Augen gesehen.«
»Warum sollte er missgünstig sein? Pater Febal war der Ranghöchste in eurer Gemeinde. Pater Ibor hätte seine Autorität anerkennen
sollen, ohne sie zu hinterfragen.«
Der Mönch zuckte mit den Schultern.
»Ich hatte den Eindruck, dass er Pater Febals Autorität feindselig gegenüberstand.«
»Warum, denkst du, hat er das Kruzifix und den Kelch aus der Kirche gestohlen?«, fragte Fidelma mit schneidender Stimme.
Bruder Finnlugs Miene veränderte sich nicht.
Er breitete nur die Arme aus.
»Wer vermag zu wissen, was einen Menschen zu solch einer Handlung treibt? Wer kennt die tiefsten Geheimnisse seines Herzens?«
»Um das herauszufinden, bin ich hier«, antwortete Fidelma trocken. »Sicher hast du eine ungefähre Vorstellung? Oder wenigstens
eine Vermutung?«
»Was meint Pater Febal?«
»Spielt es eine Rolle, was er meint?«
»Ich hätte gedacht, dass er Pater Ibor näherstand als Bruder Adag oder ich.«
»Ihm näherstand? Du hast doch gesagt, es hätte Feindseligkeiten zwischen ihnen gegeben.«
»Ich habe nicht behauptet, dass sie Freunde waren. Aber sie waren beide Priester. Sie waren von ähnlicher Herkunft, im Gegensatz
zu Adag und mir. Als Brüder dieser Gemeinde sind |472| wir eher Diener der Kirche als Gleichgestellte von Pater Febal und Pater Ibor.«
»Ich verstehe.« Fidelma schaute ihn nachdenklich an. »Ich bin sicher, der Abt wird bekümmert sein, wenn er erfährt, dass eure
Gemeinde auf diese Art geleitet wird. Wir alle sind Diener Gottes und stehen alle vereint unter seiner Macht.«
»Das ist nicht so ganz die Glaubensrichtung, die Pater Febal vertritt.« Nun war die Bitterkeit in seiner Stimme nicht mehr
zu überhören.
»Du weißt also nicht, weshalb Ibor das Kruzifix und den Kelch gestohlen haben könnte?«
»Es waren sehr wertvolle Gegenstände. Der Erlös würde sie für immer reich machen.«
»Sie?«
»Wer auch immer die Sachen gestohlen hat, meine ich.«
»Du zweifelst also daran, dass Pater Ibor der Dieb war?«
»Du bist scharfsinnig, Schwester. Ich habe leider nicht so eine präzise Ausdrucksweise wie du.«
»Warum, glaubst du, hat Pater Ibor sich erhängt, nachdem er mit den wertvollen Gegenständen geflohen war?«
»Um seiner Gefangennahme zu entgehen?«
»Du antwortest in Form einer Frage. Meinst du damit, dass du dir auch hierin nicht sicher bist?«
Bruder Finnlug zuckte mit den Schultern.
»Das ist nicht so einfach. Ich kann nicht verstehen, weshalb ein Priester sich überhaupt das Leben nehmen sollte. Sicherlich
würde kein Priester eine solche Sünde
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