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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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während er schon in der Schlinge erstickte.«
    »Das muss heftig geblutet haben. War viel Blut auf der Erde?«
    »Soweit ich mich erinnere, nicht.« In der Stimme des Priesters schwang Widerwillen mit, so als meinte er, die Nonne sei über
     Gebühr an den blutigen Einzelheiten interessiert. »Wie auch immer, das Messer war ihm aus der Hand geglitten und lag auf der
     Erde unter der Leiche.«
    Fidelma sagte lange Zeit nichts. Sie sah den Priester weiterhin nachdenklich an. Pater Febal starrte trotzig zurück und wandte
     dann als Erster den Blick ab.
    »War Pater Ibor ein so schwacher junger Mann?«, überlegte Fidelma leise.
    »Natürlich. Was sonst außer Schwäche sollte ihn so handeln lassen?«, fragte der Priester.
    »So? Ihr habt also sowohl das Kruzifix als auch den Kelch bei ihm wiedergefunden?«
    Pater Febal zögerte einen Moment lang. Er machte mit einer Hand eine verneinende Geste.
    Fidelmas Augen weiteten sich, und sie beugte sich vor.
    »Soll das heißen, ihr habt die vermissten Gegenstände nicht wiedergefunden?« fragte sie scharf.
    »Nein«, gab der Priester zu.
    »Dann ist die Angelegenheit überhaupt nicht klar«, stellte sie grimmig fest. »Bestimmt erwartest du nicht vom Abt, dass er |468| beruhigt ist, wenn diese Gegenstände nicht wiedergefunden wurden. Wie kannst du so sicher sein, dass Pater Ibor sie gestohlen
     hat?«
    Fidelma hoffte auf eine Erklärung, doch es kam keine.
    »Dann solltest du mir vielleicht besser sagen, wie du zu der Annahme gelangst, die Angelegenheit sei klar!« Ihr Tonfall war
     schneidend. »Wenn ich dem Abt erläutern soll, warum sie klar ist, muss ich mir auch selbst darüber im Klaren sein. Wenn Pater
     Ibor dachte, man würde ihn auf jeden Fall ergreifen und er sich deshalb selbst zum Tode verurteilte, was tat er dann mit den
     Gegenständen, die er gestohlen hatte?«
    »Es gibt eine logische Antwort«, murmelte Pater Febal ohne Überzeugung.
    »Welche?«
    »Nachdem er sich erhängt hatte, kam zufällig irgendein streunender Dieb vorbei und nahm sie an sich, bevor wir eintrafen.«
    »Und dafür gibt es einen Beweis?«
    Der Priester schüttelte widerwillig den Kopf.
    »Du vermutest das also nur?« In Fidelmas Stimme war nun ein Hauch von Spott.
    »Welche andere Erklärung gibt es?«, wollte Pater Febal verärgert wissen.
    Fidelma sah ihn voller Verachtung an.
    »Willst du, dass ich dies dem Abt berichte und ihm sage, dass er sich nicht zu sorgen braucht? Dass ein wertvolles Kruzifix
     und ein Kelch aus einer seiner Kirchen gestohlen wurden und ein Priester erhängt aufgefunden wurde, aber es keinen Grund zur
     Sorge gibt?«
    Pater Febals Miene verfinsterte sich.
    »Ich bin überzeugt, dass Pater Ibor die Gegenstände gestohlen und sich in einem Anflug von Reue das Leben genommen |469| hat. Ich bin überzeugt, dass jemand die Gegenstände gestohlen hat, nachdem Ibor Selbstmord begangen hatte.«
    »Aber ich bin es nicht«, antwortete Fidelma beißend. »Schi cke Bruder Finnlug zu mir.«
    Pater Febal war bei ihrem befehlenden Tonfall automatisch aufgestanden. Nun zögerte er in der Tür der Sakristei.
    »Ich bin es nicht gewohnt …«, begann er.
    »Ich bin es nicht gewohnt, dass man mich warten lässt.« Fidelmas Stimme war eisig, als sie ihn unterbrach. Sie wandte den
     Kopf ab und entließ ihn so. Pater Febal blinzelte und schlug dann wütend die Tür hinter sich zu.
     
    Bruder Finnlug war ein drahtig aussehender Mann; sein sehniger Körper, gebräunt von Sonne und Wind, zeugte davon, dass er
     jemand war, der es eher gewohnt war, bei jedem Wetter im Freien zu sein, als in den Kreuzgängen einer Abtei Schutz zu suchen.
     Fidelma begrüßte ihn, als er die Sakristei betrat.
    »Ich bin Fidelma von …«
    Bruder Finnlug unterbrach sie mit einem schnellen, freundlichen Lächeln und sagte: »Ich weiß sehr gut, wer du bist, Lady.
     Ich habe dich und deinen Bruder, König Colgú, viele Male während der Jagdgesellschaften meines Herrn, des Lords von Maine,
     gesehen.«
    »Dann weißt du, dass ich auch Anwältin bei Gericht bin und es deine Pflicht ist, mir die Wahrheit zu sagen?«
    »Das weiß ich. Du bist hier, um den tragischen Tod Pater Ibors zu untersuchen.« Bruder Finnlug war direkt und freundlich im
     Vergleich zu seinem Oberen.
    »Weshalb nennst du seinen Tod tragisch?«
    »Ist nicht jeder Tod tragisch?«
    »Hast du Pater Ibor gut gekannt?«
    Der ehemalige Jäger schüttelte den Kopf.
    |470| »Ich wusste nur wenig über ihn. Er war ein junger Mann, vor kurzem zum

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