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Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
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Himmel als seine Brüder und überragte bald den ganzen Spahnwald. Inmitten des Holzes aber war ein Teil Wikts gefangen. Wieder musste er warten. Viele Jahre! Menschen kamen und gingen. Wikt hörte das schmerzerfüllte Kreischen fallender Bäume, geschlagen mit den scharfen Schneiden grober Äxte. Wikt erlebte das Emporstreben junger Bäume und es freute ihn. Doch bei alledem vergaß er nie, was er einst gewesen war. Sein dunkler Geist fand schwerlich Ruhe. Wikt drängte beständig nach außen, suchte die Fesseln aus Holz und Rinde abzustreifen, maß seine Kraft und seinen Willen mit dem Dahligers und unterlag immerzu. Dahliger, der freundliche Ahorn, hielt ihn fest umklammert. In vielen Jahreszeiten lernte Wikt, sich unterzuordnen. Die erste Lektion auf seinem langen Weg von Wikt zu Wigget. Ein weiteres Jahrhundert ruhte er bewegungslos im Holz des Baumes und lernte von Dahliger Güte, Anteilnahme und Standhaftigkeit.
     
    Irgendwann erfuhr Wikt, dass sich ein Kind den Sandhöhlen näherte. War das der Auserwählte? Ein lang vergessenes Gefühl von Aufregung bemächtigte sich seiner. Neigte sich nun endlich die Zeit seiner Gefangenschaft ihrem Ende entgegen? Mit Dahligers Hilfe sandte er seinen Geist über Land und führte das Kind tief in die Sandhöhlen, an jenen Ort, wo seit einer Ewigkeit seine Schuppen lagen.
    Nur wenige Jahre später, als Kwin Bohnthal den Spahnwald betrat und die Kunde von ihm, dem Waldfreund und Baumbehüter sich ausbreitete, da endlich fühlte Wikt seine vorherbestimmte Stunde gekommen. Mit Macht drängte er von der Mitte des Stammes nach außen. Er riss die Holzfasern des Ahorns wie mit Klauen auseinander und schob sich vom Herzen des Baumes bis dicht unter die Borke. Er erreichte den ersten kräftigen Ast, zwängte sich in sein Holz, brach ihn ab und stürzte mit ihm hinab. Wikt war nun Ast geworden. Ohne den Schutz und die Nähe Dahligers fühlte er sich einsam und verletzlich. Der Ast lag am Waldboden, bis Kwin ihn endlich fand, ihn aufnahm und einen kleinen Drachen daraus schnitzte.
     
    Alep, Kwin und Twist erreichten den Ginsterhain am späten Nachmittag. Der Herbst hatte dem Wald seine Zeichen aufgeprägt. Überall leuchtete es gelb und rot. Das Laub verwandelte den Waldboden in einen bunten Teppich, der den Tritt der Pferde dämpfte. Sie folgten einem schmalen, gewundenen Weg bis sie eine sonnenbeschienene Lichtung erreichten. Hier schlugen sie ihr Lager auf.
    Kwin machte sich gleich auf die Suche nach einer geeigneten Eibe. Twist trottete gleichmütig neben ihm her. Alep versorgte die Pferde, entfachte ein Feuer und setzte sich entspannt unter einen Baum. Müßig starrte er in die Flammen. Etwas drückte gegen sein Bein. Er griff in seine Hosentasche und nahm den Holzdrachen hervor. Nachdenklich betrachtete er ihn. Der Drache war aus dunklem Ahornholz geschnitzt. Vier gekrümmte Beine ragten seitlich aus seinem Körper. Er besaß einen schmalen, flachen Kopf, der auf einem endlos langen und dünnen Hals saß. Das Maul des Drachen war leicht geöffnet und gab den Blick auf dolchartige Zähne frei. Die Figur schien ihn anzugrinsen. Von der Mitte der Stirn bog sich ein dünnes Horn weit über den Kopf des Drachen nach hinten. Ein langer Schwanz wies an den Tatzen vorbei nach vorne. Die Flügel lagen eng gefaltet am Körper an. Die Holzfigur fühlte sich warm an, fast, als wäre Leben darin. Alep mochte den Drachen. Er genoss die Wärme des Holzes und versank gerne in der Betrachtung der vielen kleinen Details. Das Holz war belebt, das hatte Kwin ihm versichert. Einem plötzlichen Einfall folgend, zog er den Lederbeutel mit den Drachenschuppen unter dem Hemd hervor und wählte eine davon aus. Alep schloss die Augen und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Schuppe. Sie wurde wärmer und schien sich auszudehnen.
    Er spürte den feinen Hauch von Leben, den das Holz ausstrahlte und ließ sich, ohne zu wissen, was er da tat, von den Bildern leiten, die ihm in den Sinn kamen. Die äußeren Holzfasern schienen zu glühen. Sanft bogen sie sich zur Seite, als er auf geistiger Ebene weiter voranschritt, die äußere Holzschicht passierte. Alep war ganz vertieft in das befremdende Erlebnis. Er fühlte Holz, kräftige, ausdauernde Fasern, nahezu undurchdringlich. Hier war Leben. Er spürte es deutlich. Fremdes, nie gekanntes Leben, das ihn faszinierte.
    Bestärkt durch seinen ersten Erfolg ließ er alle Vorsicht fahren und glitt tiefer hinab. Plötzlich und ohne Vorwarnung stellte sich ihm etwas

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