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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Paris gelebt«, erklärte Kerry.
    »Aha.«
    »Aber das weißt du ja wahrscheinlich?« Sie hob den Kopf und sah mich kurz an. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten. War er misstrauisch, abweisend, triumphierend oder einfach nur neugierig?
    »Nein, davon wusste ich nichts.« Ich wusste überhaupt nur sehr wenig über Brendan. Er hatte mir erzählt, dass er sich gerade nach einem neuen Job umsehe. Außerdem hatte er etwas von einem Psychologiekurs erwähnt und dass er ein paar Monate durch Europa gereist sei, aber darüber hinaus konnte ich mich an keine Details aus seinem Leben erinnern. Ich war nie in seiner Wohnung gewesen, hatte keinen seiner Freunde kennen gelernt. Über seine Vergangenheit hatte er nicht gesprochen, und was seine Zukunftspläne betraf, war er ziemlich vage geblieben. Natürlich waren wir nur so kurz zusammen gewesen und hatten uns gerade erst der Phase genähert, in der man einander von seinem Leben erzählt, als ich ihn dabei ertappt hatte, wie er sich auf seine eigene Art über mein Leben informierte.
    Endlich schaffte ich es, mir ein Stück von meinem Steak in den Mund zu schieben. Während ich energisch darauf herumkaute, zog Brendan behutsam mit Daumen und Zeigefinger einen dünnen Knochen aus seinem Mund und legte ihn vorsichtig auf den Rand seines Tellers, ehe er den Rest mit Weißwein hinunterspülte. Ich wandte den Blick ab.
    »Nun erzähl mal«, sagte ich zu Kerry. »Wie habt ihr beide euch kennen gelernt?«
    »Oh«, sagte sie und blickte von der Seite zu Brendan auf.
    »Eigentlich ganz zufällig.«
    »Nenn es nicht Zufall. Es war Schicksal«, widersprach Brendan.
    »Eines Abends bin ich nach der Arbeit noch zum Luftschnappen in den Park, als es plötzlich zu regnen anfing und dieser Mann …«
    »Damit meint sie mich …«
    Kerry kicherte glücklich. »Ja. Bren. Er hat gesagt, ich käme ihm bekannt vor. ›Sind Sie nicht Kerry Cotton?‹, hat er mich gefragt.«
    »Natürlich kannte ich ihr Gesicht von dem Foto, das ich bei dir gesehen hatte«, erklärte Brendan. »Und plötzlich stand sie vor mir im Regen.«
    »Er hat mir erzählt, dass er dich kennt«, fuhr Kerry fort.
    »Nicht dass ihr … du weißt schon, was, sondern bloß, dass er dich kennt. Dann hat er mir angeboten, seinen Schirm mit mir zu teilen …«
    »Ich bin nun mal ein Gentleman«, bemerkte Brendan.
    »Du kennst mich ja, Mirrie.«
    »Gemeinsam sind wir weiter durch den Park spaziert, obwohl es mittlerweile wie aus Kübeln goss. Nach einer Weile waren wir klatschnass, in unseren Schuhen stand schon das Wasser.«
    »Trotzdem sind wir weiter durch den Regen spaziert.«
    Brendan streichelte Kerry übers Haar. »Nicht wahr?«
    »Wir waren völlig durchnässt, deswegen habe ich ihn eingeladen, mit zu mir zu kommen und sich ein bisschen aufzuwärmen …«

    »Ich habe ihr das Haar frottiert«, fügte Brendan hinzu.
    »Das reicht«, sagte ich mit einer abwehrenden Handbewegung und tat, als müsste ich lachen. »Wir belassen es beim Aufwärmen, okay?«
    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin, dass du jetzt Bescheid weißt«, erklärte Kerry. »Als ich das mit euch beiden erfuhr, dachte ich eine Weile, das würde alles ruinieren.
    Ich könnte nie etwas tun, das dich verletzt, das weißt du doch, oder?« Sie wirkte in dem Moment erstaunlich hübsch: zart, schlank und strahlend. Ich spürte plötzlich einen leichten Schmerz in der Brust.
    »Du verdienst es, glücklich zu sein«, sagte ich, wobei ich Brendan bewusst den Rücken zuwandte und nur Kerry ansprach.
    »Ich bin glücklich«, antwortete sie. »Wir kennen uns zwar erst seit ein paar Tagen, zehn, um genau zu sein, und es ist ja noch nicht so lange her, dass ihr beide – na ja, du weißt schon …
    Deswegen sollte ich das jetzt vielleicht nicht sagen, aber ich kann mich nicht daran erinnern, jemals so glücklich gewesen zu sein.«
    »Ich freue mich für dich.« Zehn Tage, dachte ich.
    Wir aßen weiter, tranken unseren Wein, stießen miteinander an. Ich lächelte und nickte, sagte an den richtigen Stellen ja und nein und versuchte dabei die ganze Zeit krampfhaft, nicht nachzudenken und die Erinnerungen an bestimmte Dinge nicht hochkommen zu lassen: den leichten Bauchansatz über seinen Boxershorts, die schwarzen Haare auf seinen Schultern.
    Schließlich warf ich einen Blick auf meine Armbanduhr und tat sehr überrascht, obwohl es erst halb zehn war. Ich erklärte, dass ich am nächsten Tag früh rausmüsse und eine lange Fahrt vor mir hätte, deswegen

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