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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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bestreuen.
    Allein schon der Anblick hatte etwas Wohltuendes. Draußen war es dunkel und nasskalt.
    »Nein, dafür war die Zeit zu kurz. Es ging erst los, nachdem du nach Barcelona aufgebrochen warst, und als du zurückkamst, war es schon wieder vorbei.«
    »Du hast Schluss gemacht?«
    »Ja.«
    »Was hast du dann für ein Problem damit?«
    »Gar keines«, antwortete ich, noch bevor sie die Frage zu Ende gesprochen hatte.
    »Doch, ich sehe es dir an.«
    Ich überlegte einen Moment.
    »Ja, stimmt. Irgendwie habe ich bei der Sache ein ungutes Gefühl. Es kommt mir fast ein bisschen wie Inzest vor.
    Außerdem nervt mich, dass Mum und Dad und wahrscheinlich auch der Rest der Welt glauben, dass er mir das Herz gebrochen hat. Bei dem Gedanken kriege ich so eine Wut, dass ich am liebsten alles kurz und klein schlagen würde.«
    »Ich verstehe, dass dich das ärgert, aber irgendwo ist es doch auch lustig.«

    »Nein«, widersprach ich. »Ganz und gar nicht. Sie nennt ihn
    ›Bren‹.«
    »Tja …«
    »Und er nennt mich ›Mirrie‹.«
    »Familienstress«, meinte Laura vage. Sie wischte sich ein wenig Sauerrahm vom Kinn.
    »Mirrie«, wiederholte ich. »Unglaublich. Oder findest du, dass ich überreagiere?«
    »Vielleicht ein bisschen.«
    »Wahrscheinlich hast du Recht.«

    Von meiner Kartoffel war inzwischen nur noch die knusprige Schale übrig. Ich gab noch einmal Butter darauf und biss ein Stück ab. Dann nahm ich einen großen Schluck Wein. Am liebsten hätte ich mich gar nicht mehr von der Stelle bewegt.
    Hier im Raum war es warm, ich war satt und angenehm müde, während draußen der Wind in den Bäumen raschelte und die Autos durch große Pfützen fuhren.
    »Wie läuft’s mit Tony?«, erkundigte ich mich.
    »Oh. Gut. Glaube ich.«
    Ich sah sie an. Sie hatte sich ihr glänzendes schwarzes Haar hinter die Ohren geschoben und sah in dem Moment sehr jung aus.
    »Du glaubst? Was heißt das?«
    »Es läuft gut. Du weißt schon, ganz normal eben. Nur manchmal …« Sie hielt inne.
    »Manchmal?«
    »Manchmal frage ich mich, wie es weitergehen soll.« Mit gerunzelter Stirn schenkte sie uns den Rest des Weins ein.
    »Ich meine, wir sind nun schon fast drei Jahre zusammen.
    Sollen wir einfach so weitermachen? Ich glaube, Tony hätte nichts dagegen, Jahr für Jahr so weiterzuleben, vertraut wie ein altes Ehepaar, bloß mit separaten Wohnungen. Oder wir entschließen uns doch irgendwann dazu, zusammenzuleben –
    richtig, meine ich. Unter einem Dach. Mit einem gemeinsamen Kühlschrank und gemeinsamem Geschirr. Einer gemeinsamen Bücher- und CD-Sammlung. Du verstehst mich schon. Und wenn nicht, wieso sind wir dann überhaupt noch zusammen?
    Man muss sich doch irgendwie vorwärts bewegen, meinst du nicht auch?«
    »Ich weiß nicht. Ich hatte noch nie eine so lange Beziehung.«
    »Das ist noch so ein Punkt. In deinem Leben passiert so viel Dramatisches und Aufregendes.«
    »Findest du?«
    »Bei dir gibt es immer wieder etwas Neues, und alte Geschichten gehen zu Ende.«
    »Dafür passieren gewisse andere Dinge bei mir überhaupt nicht.«
    »Stimmt«, räumte sie zögernd ein. »Aber ich bin doch erst sechsundzwanzig. Ist dieser Teil meines Lebens wirklich schon ganz vorbei? War’s das?«
    »Würdest du denn gern mit ihm zusammenziehen?«
    »Na ja, manchmal denke ich mir, es wäre …«
    Aber in dem Moment hörten wir einen Schlüssel im Schloss, und die Tür schwang auf.
    »Hallo!«, rief Tony fröhlich, ließ draußen in der Diele seine Tasche fallen und entledigte sich schwungvoll seiner Schuhe.
    Man hörte sie nacheinander über den Holzboden schlittern. Mit feuchtem Haar und von der Luft geröteten Wangen kam er in den Raum. »Oh, hallo, Miranda. Wie geht’s dir?«
    Er beugte sich zu Laura hinunter und küsste sie, woraufhin sie eine Hand an seine Wange legte und ihn anlächelte. Für mich sah das nicht so schlecht aus.

    Ich hatte den Lieferwagen noch nicht mal richtig geparkt, als er bereits zur Tür herausstürmte und den Gartenweg entlanggelaufen kam. Er konnte nicht winken, weil er mit der einen Hand eine prall gefüllte Plastiktüte hielt und mit der anderen seinen Rucksack, aber sein blasses Gesicht strahlte, und er rief mir grinsend etwas zu, das ich nicht hören konnte. Dann stolperte er und wäre beinahe gestürzt. Sein Rucksack knallte gegen seine Beine, aber er hörte nicht auf zu lächeln und gleichzeitig Worte zu formen. Manchmal tat es fast mehr weh, Troy glücklich zu sehen als traurig.
    »Hallo, junger Mann«,

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