Der falsche Freund
habe kein Problem damit.«
»Ich weiß, dass das sehr schwer für dich sein muss.«
»Es ist überhaupt nicht schwer für mich«, widersprach ich.
»Das ist sehr großzügig von dir«, sagte Brendan. »Ich habe mit nichts anderem gerechnet. Du bist einfach ein großzügiger Mensch. Das habe ich zu Derek und Marcia auch gesagt. Ich habe ihnen gesagt, dass sie sich deinetwegen keine Sorgen zu machen brauchen.«
»Mum und Dad?«
»Ja«, antwortete Kerry. »Sie haben Bren vor ein paar Tagen kennen gelernt. Sie fanden ihn sehr sympathisch. Wie sollte es auch anders sein? Troy mochte ihn auch, und du weißt ja, wie schwer es ist, Gnade vor seinen Augen zu finden.«
Brendan lächelte bescheiden. »Ein lieber Junge«, bemerkte er.
»Und du hast ihnen gesagt …« Ich sprach den Satz nicht zu Ende. Mir war plötzlich eingefallen, dass meine Eltern vorgestern Abend angerufen, nacheinander mit mir gesprochen und mich beide gefragt hatten, wie ich mich im Moment fühlte.
Ein Nerv unter meinem linken Auge begann leicht zu zucken.
»Dass du es sicher verstehen würdest, weil du eine Frau mit einem großen Herzen bist«, sagte Brendan.
Die Vorstellung, dass sie hinter meinem Rücken darüber gesprochen hatten, wie ich ihrer Meinung nach reagieren würde, ließ die Wut in mir hochsteigen.
»Wenn ich mich richtig erinnere …«
Brendan hielt eine Hand hoch – eine große, weiße Hand mit haarigen Gelenken. Haarige Gelenke, fleischige Ohrläppchen, ein dicker Hals. Bei mir kamen Erinnerungen hoch, die ich ganz schnell wieder verdrängte. »Lass uns jetzt nicht weiter darüber sprechen«, sagte er. »Gib der Sache Zeit.«
»Miranda«, mischte sich Kerry mit flehender Stimme ein.
»Bren hat ihnen bloß gesagt, was wir beide für nötig hielten.«
Als ich zu ihr hinüberblickte, sah ich auf ihrem Gesicht wieder diesen ungewohnten Ausdruck strahlenden Glücks. Ich schluckte meine Antwort hinunter und starrte auf die Speisekarte.
»Sollen wir dann langsam mal bestellen?«
»Gute Idee. Ich glaube, ich nehme die Daurade«, sagte Brendan und rollte dabei das »R« ganz weit hinten im Hals.
Ich hatte eigentlich überhaupt keinen Appetit mehr.
»Ich werde mich auf ein einfaches Steak mit Pommes beschränken«, erklärte ich. »Ohne die Pommes.«
»Machst du dir immer noch Sorgen wegen deines Gewichts?«
»Was?«
»Das brauchst du wirklich nicht«, fuhr Brendan fort. »Du siehst gut aus. Nicht wahr, Kerry?«
»Ja. Miranda sieht immer gut aus.« Einen Moment lang wirkte ihre Miene leicht säuerlich, als hätte sie in ihrem Leben schon zu oft gesagt: »Miranda sieht immer gut aus.«
Dann fügte sie hinzu: »Ich glaube, ich nehme den Lachs und einen grünen Salat.«
»Wie wär’s mit einer Flasche Chablis?«, fragte Brendan.
»Oder möchtest du zu deinem Steak lieber ein Glas Rotwein, Mirrie?«
Das war noch so eine Sache. Mir hatte der Name Miranda immer gefallen, weil man ihn nicht abkürzen konnte. Bis ich Brendan kennen lernte. »Mirrie.« Das klang wie ein Druckfehler.
»Weiß ist okay.«
»Bist du sicher?«
»Ja.« Ich umklammerte mit einer Hand die Tischkante.
»Danke.«
Kerry stand auf, um zur Toilette zu gehen. Während sie sich zwischen den Tischen hindurchschlängelte, sah Brendan ihr nach. Dabei hatte er wieder dieses kleine Lächeln auf den Lippen. In dem Moment trat der Kellner an den Tisch, und Brendan bestellte für uns. Dann wandte er sich wieder mir zu.
»Also …«
»Miranda.«
Lächelnd legte er seine Hand über die meine.
»Ihr beide seid sehr unterschiedlich«, bemerkte er.
»Ich weiß.«
»Nein, ich wollte damit sagen, dass es zwischen euch Unterschiede gibt, von denen ihr unmöglich etwas wissen könnt.«
»Was?«
»Nur ich kann in der Hinsicht Vergleiche ziehen.« Noch immer lächelte er mich liebevoll an.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich verstand. Rasch entzog ich ihm meine Hand.
»Brendan, hör zu …«
»Hallo, Liebes«, sagte er über meinen Kopf hinweg und stand auf, um den Stuhl für Kerry herauszuziehen. Nachdem sie wieder Platz genommen hatte, tätschelte er ihr kurz den Kopf.
Unser Essen wurde serviert. Mein Steak war fett und blutig und rutschte mir immer wieder weg, als ich es zu schneiden versuchte. Brendan sah eine Weile zu, wie ich mich damit abmühte, und gab dann einer Kellnerin, die gerade vorbeiging, ein Zeichen. Nachdem er auf Französisch etwas zu ihr gesagt hatte, das ich nicht verstand, brachte sie mir ein anderes Messer.
»Brendan hat eine Weile in
Weitere Kostenlose Bücher