Der falsche Mörder
hatte keinen kontakt nach island ausser mit der botschaft und mit dir, nachdem der arzt sein urteil verkuendet hat. jetzt stehe ich doppelt unter schock und weiss nicht, was ich machen soll. ruf dich vielleicht in ein paar tagen wieder an. geirfinnur
Wäre es denkbar, dass er nicht blufft?
Dass das Unglaubliche wahr ist?
Das weiß der Teufel.
Ich habe momentan etwas ganz anderes vor, als mir über die Sache den Kopf zu zerbrechen.
Da draußen wartet die Nacht auf mich. Und sie wird ungeduldig. Ist so unbeständig und launisch. Wie das Glück.
Ich gönne mir eine große Ration Jackie pur. Bestelle ein Taxi. Mache mich auf die Socken in die kalte Innenstadt.
Bunte Lichter locken mich in die Wärme.
Ich konzentriere mich auf die besten Bars und Nachtclubs der Stadt, um dort zu trinken und zu tanzen. In jedem neuen Lokal lasse ich meinen Alkoholpegel steigen. Und halte Ausschau nach einem viel versprechenden Einmal-Vergnügen.
Manchmal kann man brauchbare Typen aus den Strip-Schuppen abschleppen.
Besonders im Eldóradó. Der Schaltzentrale von Porno-Valdi. Des Königs der Unterwelt, von dem behauptet wird, dass er seine Finger in den meisten Delikten hat, die Ganoven in den zwielichtigen Toreinfahrten der Hauptstadt planen und dann mit unterschiedlichem Erfolg in der Stadt und auf dem Land durchführen.
Die gedopten Muskelmänner im Eldóradó werfen mir warnende Blicke zu. Benehmen sich wie herrschsüchtige Eunuchen im Harem.
Ist mir aber egal. Tue so, als sähe ich sie nicht.
Manche Frauen sind toll in Form. Gelenkig und gut aussehend. Und genießen es zu zeigen, wie begehrenswert sie sind.
Andere würden ganz eindeutig lieber etwas anderes tun, als den Kunden von Porno-Valdi zu gefallen. Ihr abwesender Blick spricht Bände über ihre Langeweile und Hoffnungslosigkeit.
Das Männersortiment ist in dieser Nacht eher traurig anzusehen.
Vor allen Dingen verrückte Aktienjungs und Kerle mittleren Alters, die sich auf Kosten ihrer Kreditkarten die Augen aus dem Kopf glotzen.
Einige schleppen sich mit glasigem Blick und steif aus den Séparées.
Die meisten davon sind abstoßende Grobiane. Aufgeputscht, als hätten sie eine Überdosis Viagra geschluckt. Langeweiler, die weder willens noch in der Lage sind, erfüllende Dienste zu leisten.
Ich ziehe schnell weiter in die nächste Bar.
Suche weiter. Versuche, einen jungen, energiegeladenen Hengst zu finden, der mal an etwas anderes als WAP und Aktienkurse denkt. Der sich führen lässt. Und sich damit abfinden kann, dass ich das Steuer in der Hand habe. So in etwa.
Aber ohne Erfolg.
In einer relativ ruhigen Bar treffe ich zufällig auf Harpa.
Sie sitzt allein an einem Tisch mit drei Stühlen unter einer vergoldeten Spiegelwand hinter der Tanzfläche. Im warmen Schummerlicht bewegen sich einige Paare im Takt zu alten Schlagern, die ein weißhaariger Typ auf einem schwarzen Flügel spielt.
Harpa ist betrunken. Und traurig.
Ich setze mich mit einem Jackie in der Hand zu ihr. »Ist das ein guter Ort, um den Liebeskummer zu ertränken?«
Sie lächelt schüchtern, ohne mir zu antworten.
»Wolltest du alleine sein oder bist du sitzen gelassen worden?«
»Was meinst du denn?«
Sie starrt ins leere Glas.
»Hat deine Freundin Ärger gemacht?«
Sie wirft mir einen schnellen Blick zu. Und errötet.
»Warum glaubst du, dass ich eine von denen bin?«, fragt sie.
»Das war doch im Theater leicht zu erkennen, dass du diese Blonde anbetest. Ich habe nur zwei und zwei zusammengezählt.«
Harpa lässt ihren Blick wieder sinken. Umfasst ihr Glas mit beiden Händen.
Ihre Fingergelenke werden weiß.
»Dísa ist nicht meine Freundin«, sagt sie leise.
»Aber du wünschst, sie wäre es, nicht wahr?«
»Was geht dich das denn an?«
»Du interessierst mich. Und Dísa. Und Matti. Und natürlich eure Freundin Sjöfn.«
»Sie war keine Freundin.«
»Nicht?«
»Jedenfalls nicht meine.«
»Aber war sie nicht wenigstens eine enge Freundin von Matti?«
»Das kann schon sein.«
Harpa ist nicht nur traurig, sondern auch wütend. Unter der Oberfläche. Versucht aber, es nicht so deutlich zu zeigen.
»Wo ist Dísa eigentlich?«
»Sie ist vorhin mit Matti ausgegangen.«
»Ist es immer noch so angesagt, mit dem Regisseur zu schlafen?«
»Ich habe kein Interesse daran.«
»Aber Dísa ist jetzt bei ihm, oder? So, wie früher Sjöfn?«
»Mir ist total egal, was sie machen.«
»So siehst du aber nicht aus!«
Sie versucht, mein Lächeln zu erwidern.
»Das ist schon
Weitere Kostenlose Bücher