Der falsche Mörder
joggen. Etwas, das ich schon lange nicht mehr getan habe. Rede mir normalerweise ein, dass ich vom Stürmen durch die Stadt genug Training bekomme. Und vom nächtlichen Tanzen.
Ziehe mir einen Vliesanzug und Turnschuhe an. Stecke den Grundriss und den Schlüssel in die eine Hosentasche. Werfe mich in meinen wunderbaren Silberpfeil. Brause in die Innenstadt.
Am Hafen finde ich einen Parkplatz. Westlich von der alten, heruntergekommenen Werft.
Gehe mit strammen Schritten zum Haus der Selbstständigen Theatergemeinschaft. Tue so, als wäre ich ein harmloser Fitnessfanatiker.
Hier sieht alles ziemlich verlassen aus. Kein Lebenszeichen am Hafen, wo unbemannte Boote in der elektrisch beleuchteten Dämmerung ruhig hin- und herschaukeln.
Nur ganz wenige sind auf den Straßen unterwegs. Und alle im Auto. Nur ich nicht.
Im ersten Stock des Gebäudes sind zwei Fenster erleuchtet. Aber im Erdgeschoss ist alles dunkel. Außer im Windfang.
Der Keller scheint völlig fensterlos zu sein. An manchen Stellen wurden die Öffnungen sogar zugemauert, wo früher mal Fenster oder Türen waren.
Kinder haben die Wand mit unlesbaren Graffiti beschmiert.
Die Eingangstüren sind verschlossen.
Ich werfe schnell einen Blick nach links und rechts. Schaue hinter mich. Aber sehe niemanden in nächster Nähe.
Da angele ich den Schlüssel aus der Tasche. Stecke ihn ins Schloss. Drehe nach rechts.
Scheiße!
Der Schlüssel ließ sich ins Schloss schieben – aber nicht umdrehen.
Passt nicht.
Ich ziehe ihn wieder heraus. Schmuggele den Schlüssel so unauffällig wie möglich wieder in die Tasche.
Gucke mich wieder um. Sehe niemanden.
Was jetzt?
Ich überdenke die Sache für einen Moment. Vielleicht war es nur ein blöder Scherz?
Moment, Stella!
Vielleicht gibt es ja noch andere Türen zum Keller.
Das muss wohl so sein.
Es gibt nur eine Möglichkeit, um das herauszufinden.
Ich beginne, um das Haus herumzujoggen. Laufe zuerst an der westlichen Seite entlang.
Da, wo die Häuserwand zum Meer liegt, befindet sich ein geteerter Parkplatz.
Aha!
Dort ist auch ein gesonderter Kellereingang, allerdings mit zwei Türen. Eine davon ist wesentlich größer. Wahrscheinlich für Warenanlieferungen gedacht.
Aber daneben ist eine gewöhnliche Türe.
Beide sind mit bunten Graffiti beschmiert. Einiges ist pornografisch. Anderes nur blöd.
Auf einem Fleck steht auf Englisch: The End.
Ach was!
Ich probiere den Schlüssel wieder aus. Drehe ihn im Schloss der kleineren Tür herum. Jetzt klappt es besser als beim letzten Mal.
Bingo!
Hinter der Tür ist es stockduster.
Ich taste an der Wand herum, bis ich den Lichtschalter finde.
Als die vielen Neonröhren an der Decke angegangen sind, springe ich schnell ins Haus. Knalle die Tür hinter mir zu.
Ich kann nicht erkennen, ob sich in diesem Moment noch jemand im Keller befindet.
Ein elektrisches Surren ist das einzige Geräusch, das man hört.
Wahrscheinlich ist die Belüftungsanlage im vollen Gange.
Der Keller scheint ein riesiger betonierter Raum zu sein, der mit ollem Krempel voll gestopft ist.
An einer Wand stehen ein paar kleinere Container.
Mitten im Raum ein Lastwagen. Und zwei Personenwagen.
Es gibt hier auch einen Haufen Autoreifen. Und jede Menge Ersatzteile aller Art. Für große Autos. Kommt mir so vor.
Nicht trödeln, Stella!
Ich eile zu den großen Lagerräumen, die sich am anderen Ende des Kellers befinden sollen. Jedenfalls laut Karte.
Was sich als richtig erweist.
Die Türen sind breit und aus Stahl.
Ich muss ins Lager ganz rechts. Lagerraum X.
Hoffentlich ist er nicht abgeschlossen.
Ich ergreife die mächtige Klinke mit beiden Händen. Drücke sie hinunter. Mit aller Kraft.
Sie gibt nach. Die Tür geht auf.
Aber es kostet ganz schön Kraft, die Tür weit genug aufzuziehen, um in den Raum gucken zu können.
Im Lager leuchten helle Lampen von der Decke.
Hier scheint eine ganze Haushaltseinrichtung abgestellt worden zu sein. Es sei denn, es sind Möbel, die der Theatergemeinschaft gehören?
Es gibt hier alle Sorten von Stühlen, Tischen, Schränken und Kommoden.
Aber auch Türme aus Umzugskartons. Und aller möglicher andere Mist. Wie eine Garage, die dreißig Jahre lang nur mit allem möglichen Krempel zugemüllt wurde.
Nach was suche ich eigentlich?
Nach Filmen? Nicht wahr? Oder Videos?
Fang schon an!
Ich mache mich umgehend ans Werk. Wühle zuerst in zwei Kommoden, die an der Wand gegenüber der Tür stehen. Tief im Raum.
Die Schubladen sind mit den
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