Der falsche Mörder
Rachegelüste Máki gegenüber, während ich mir überlege, auf welche Weise man auf diese trampelige Steilvorlage am besten reagiert.
Beginne dann selber zu telefonieren.
Bei ihm ist besetzt. Schuft! Es dauert zwanzig Minuten, bis ich endlich zu ihm durchkomme.
Die ganze Zeit werde ich immer wütender auf Máki. Meine Rage lädt sich auf wie Druck in einem geschlossenen Raum, der darauf wartet, in die Luft zu fliegen.
»Weißt du eigentlich, was du mir da antust?«, keife ich, als ich ihn endlich an der Strippe habe.
»Mach mal halblang«, sagt er nur. »Merkst du denn nicht, was für eine tolle, kostenlose Werbung das für dich ist?«
»Ich brauche keine verdammte Werbung!«
»Das wird garantiert die Nachricht des Jahres, wenn nicht des Jahrhunderts«, fährt Máki fort. »Dein Name wird in den Geschichtsbüchern stehen!«
»Hör auf mit dem Blödsinn!«
»Ich habe mit jeder Menge Leuten in der Botschaft in Washington gesprochen und fand schließlich dieses Mädchen, das sich an das Telefonat erinnern konnte, das du mir gesteckt hast«, antwortet er. »Die Sache ist wasserdicht.«
»Was für ein Mädchen?«
»Ich verrate meine Informanten nicht.«
»Schwachsinn. Du hast mich verraten.«
»Das war keine Absicht.«
»Du hast alle Geier direkt auf mich verwiesen.«
»Sorry. Daran habe ich nicht gedacht.«
»Ich vertraue dir nie wieder etwas an.«
»Sei doch nicht so fies zu mir!«
»Nie wieder!«
Ich beende das Gespräch. Lehne mich in meinem Chefsessel zurück. Atme immer wieder tief ein. Brauche ein paar Minuten, bis ich mich wieder beruhigt habe.
Das Telefon klingelt schon wieder.
Ich muss die gleichen Worte so oft wiederholen wie noch nie zuvor: »Ich habe nichts zur Sache zu sagen.«
Die Aufdringlichsten geben erst auf, nachdem sie alle Möglichkeiten ausgereizt haben. Stellen unzählige Fragen.
Aber bekommen immer die gleiche Antwort.
Aber es sind nicht nur die Pressegeier der Massenmedien, die anrufen. Alle möglichen Leute sind der Meinung, dass sie ein Recht darauf haben zu wissen, ob ich mit Geirfinnur Einarsson in Kontakt stehe.
Ich reiße den Hörer erneut vom Telefon.
»Ich sage kein Wort!«, zetere ich gleich los, ohne eine Frage abzuwarten.
»Wie bitte?«, fragt die Stimme am Telefon.
Uff!
Das ist der Beknackte aus Amerika. Der Held des Tages.
»Hast du meine E-Mail gekriegt?«, fragt er.
»Das muss aufhören«, sage ich barsch, ohne auf die Frage einzugehen.
»Wie, aufhören?«
Ich berichte ihm von Mákis Klatsch im Internet.
»In den nächsten Tagen wird wegen dieser Nachricht in den Medien mit Sicherheit alles drunter und drüber gehen«, füge ich hinzu. »Aber du kannst die ganze Sache im Handumdrehen abwürgen, indem du dich stellst und den Goldjungs die Wahrheit sagst.«
»Was für Goldjungs?«
»Der Polizei.«
Im Telefon ist es eine Weile still.
»Wenn ich das mache, was machen sie dann für mich?«
»Sie werden dich zweifellos eingehend verhören, um offiziell bestätigt zu bekommen, dass du nicht Geirfinnur Einarsson bist, sondern irgendein Krimineller, der die Psycho-Schiene fährt. Das wird ihr einziges Interesse sein.«
»Aber ich bin doch kein Verbrecher.«
»Nicht? Wohnst du vielleicht legal in den Staaten? Wenn du da überhaupt bist?«
»Okay, aber ich habe in Island kein Verbrechen begangen.«
Wieder Stille.
» Christ! « , sagt er schließlich aufgebracht, »ich wollte einfach nur meine Ruhe, für die Zeit, die ich noch habe, you see , die paar Wochen, und keinen Aufstand!«
»Du hast doch ganz sicher bei der Botschaft angerufen?«, frage ich. »Oder?«
» Yes , but jetzt ich bin sorry . Wäre wohl besser gewesen, wenn ich einfach weitergemacht hätte wie bisher, right? «
»So ist das Leben.«
» Hopeless « , sagt er. Bittere Resignation schwingt in der Stimme mit.
»Ich könnte vielleicht vermitteln«, schlage ich vor, nachdem ich einen Moment nachgedacht habe. »Wenn du mir irgendeine Art von Beweis zukommen lässt, wer du in Wirklichkeit bist, kann ich diesen Blödsinn in null Komma nichts ersticken.«
Er seufzt am Telefon.
»Ansonsten rede ich nie wieder mit dir«, füge ich hinzu.
»Aber ich habe no proof « , antwortet er. »Nur Erinnerungen.«
»Vielleicht ist genau das die Erklärung? Dass du dein Gedächtnis verloren hast? Und deshalb diesen Quatsch erdichtet hast?«
»No, no, das ist kein Gedächtnisschwund!«, ruft er ins Telefon. »Ich weiß, dass ich Geirfinnur Einarsson heiße, geboren am 7. September 1942 auf
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