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Der falsche Zeuge

Der falsche Zeuge

Titel: Der falsche Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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Kellerkammer des Gehirns vergraben. Ganz tief begraben im Müllsarg der verbotenen Erinnerungen.
    Es wäre wirklich die größtmögliche Idiotie, die alten Gespenster wieder zu rufen. Kommt überhaupt nicht in Frage.
    Drífa ist wesentlich jünger, als ich erwartet habe. Gerade mal knapp über zwanzig.
    Siggi Palli müsste mittlerweile aber schon Ende dreißig sein.
    Sie ist unglaublich schlank. Das von der Sonne ausgebleichte Haar ist im Nacken zu einem Knoten aufgesteckt. Sie hat ein hübsch geschminktes Gesicht. Strahlend blaue Augen. Einen unschuldigen Mund.
    Siggi Palli hat Glück gehabt. Sie könnte vom Aussehen her Model sein. Ist es vielleicht auch. Aber der Stress scheint unter der gut aussehenden Oberfläche durch. Das Make-up schafft es nicht, die dunklen Ringe unter den Augen zu verbergen.
    Sie ringt auch ständig ihre Hände. Aus purer Nervosität.
    »Es ist wirklich sehr nett von dir, dass du zugestimmt hast, mich zu treffen«, sagt sie eifrig. »Ich weiß, dass es ziemlich unhöflich ist, so kurzfristig hereinzuplatzen, aber ich muss diese Sache einfach mit dir als Rechtsanwältin besprechen, obwohl Sigurdur Pálmar davon nicht begeistert ist.«
    »Wollte er nicht, dass du zu mir kommst?«
    »Er will mit niemandem über diese Sache reden, weil er Angst hat, dass sich die Geschichte dann verbreitet. Aber ich habe ihm gesagt, dass ein guter Anwalt diesen Fall wahrscheinlich beenden könnte, ohne dass andere davon erfahren, und weil er dich ja noch von früher kennt, wäre es am besten, dich damit zu beauftragen. Unter uns gesagt finde ich es ziemlich kindisch zu glauben, dass sich die Sache von selber löst.«
    »Wie soll ich euch helfen, wenn er es nicht will?«
    »Meine Zukunft ist davon auch betroffen, also kannst du dir erst mal von mir die Geschichte anhören«, antwortet Drífa.
    Ich betrachte sie eine Weile schweigend. Merke genau, wie nervös sie ist. Fast ängstlich.
    »Okay. Worum geht’s?«
    »Die Polizei hat Sigurdur Pálmar schon zweimal verhört«, antwortet sie. »Zuerst vor ungefähr einer Woche, da kamen sie abends zu uns nach Hause und haben ihn abgeholt. Hinterher hat er gesagt, dass es nur ein dummes Missverständnis gewesen wäre, und ich habe gedacht, die Sache sei damit erledigt. Aber heute Nachmittag haben sie ihn wieder vorgeladen. Er war den ganzen Tag dort, und als er heute Abend wiederkam, habe ich ihm angesehen, dass es schlimmer ist, als er nach dem ersten Verhör zugegeben hat.«
    »Und was für ein Verbrechen soll er begangen haben?«
    Drífa atmet einmal tief ein. »Ein Mädchen hat ihn wegen Vergewaltigung verklagt«, antwortet sie. »Oder besser gesagt, ihre Eltern.«
    »Ihre Eltern? Wie alt ist sie denn?«
    »Ich glaube, sie wird fünfzehn.«
    Vierzehn Jahre?
    Ich spiele mit der Maus auf dem Schreibtisch. Obwohl der Computer gar nicht an ist.
    Vierzehn zu sein war wunderbar.
    Und widerlich.
    »Wie hat Siggi Palli sich zu der Anklage geäußert?«
    »Er behauptet, dass Maria alles erfunden hat.«
    »Maria? Heißt sie so?«
    Drífa nickt.
    »Hatte er mit ihr Geschlechtsverkehr?«
    »Nein, natürlich nicht«, antwortet sie aufgebracht. »Wir kennen Maria recht gut, das heißt, hauptsächlich ich, denn sie ist die Tochter von Freunden meiner Eltern. Bevor das hier passiert ist, hätte ich nie geglaubt, dass sie so lügen könnte.«
    »Hat Maria sich untersuchen lassen?«
    »Untersuchen?«
    »Um nach Spuren der Vergewaltigung suchen zu lassen? Und nach Spermien?«
    »Das alles soll im letzten Frühjahr passiert sein.«
    »Also zeigt sie eine Vergewaltigung an, die vor vielen Monaten geschehen sein soll?«
    »Ja, im April, behauptet sie.«
    »Und ihre Eltern glauben ihr?«
    »Mit Sicherheit, denn sonst hätten sie die Sache ja nicht an die Polizei weitergegeben.«
    »Hast du Marias Aussage gelesen?«
    »Nein, ich habe keine Unterlagen gesehen, aber Sigurdur Pálmar sagt, dass ihre Behauptungen Hirngespinste sind und sonst nichts. Sie muss sich eingebildet haben, dass es passiert ist.«
    »Weißt du genau, wann und wo die Vergewaltigung stattgefunden haben soll?«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Dann weißt du auch nicht, ob Siggi Palli bei den Verhören ein Alibi angegeben hat?«
    »Nein«, antwortet sie dumpf, »ich weiß im Prinzip nur das, was ich dir gerade erzählt habe und was Sigurdur Pálmar mir erzählt hat.«
    »Und jetzt befürchtest du, dass das nicht ganz die Wahrheit ist, oder was?«
    »Nein, nein, ich glaube ihm schon, aber er scheint sich einfach nicht klar zu

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