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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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erklang die Melodie von »The Stars and Stripes Forever«.
    Amelia Sachs drängte sich zwischen den Menschen hindurch, die den Cirque Fantastique verließen, und lief in die Mitte des Zeltes, wo laute Marschmusik erschallte und Edward Kadesky mit einem Mikrofon stand. Er forderte begeistert alle Zuschauer auf, sich nach draußen zu begeben und einen besonderen Auftritt zu verfolgen – um eine Panik zu vermeiden, nahm Sachs an.
    Hervorragende Idee, dachte sie und stellte sich vor, was für ein Gedränge entstehen würde, falls alle zu den Ausgängen rannten.
    Sachs war die erste Beamtin vor Ort. Die nahenden Sirenen verrieten ihr, dass schon bald zusätzliche Rettungskräfte eintreffen würden, doch sie wartete nicht auf die anderen, sondern fing sofort mit der Suche an. Sie sah sich um und überlegte, was wohl das beste Versteck für eine Benzinbombe wäre. Um eine möglichst hohe Zahl an Todesopfern zu erreichen, bot sich eine Tribüne in der Nähe eines der Ausgänge an.
    Es musste sich um ein relativ sperriges Objekt handeln. Im Gegensatz zu Dynamit oder Plastiksprengstoff richteten Benzinbomben nur bei entsprechender Größe auch nennenswerten Schaden an. Eine Kiste, ein großer Karton oder ein Ölfass wäre genau die richtige Tarnung. Sachs bemerkte einen großen Abfalleimer aus Kunststoff, dessen Fassungsvermögen sie auf ungefähr zweihundert Liter schätzte. Er stand unmittelbar neben dem Haupteingang, und auf dem Weg nach draußen gingen Dutzende von Leuten langsam daran vorbei. Hier im Zelt befanden sich insgesamt zwanzig oder fünfundzwanzig dieser Tonnen. Die dunkelgrünen Behälter wären das perfekte Bombenversteck.
    Amelia lief zu dem nächstbesten Eimer und blieb davor stehen. Die Sicht hinein war ihr durch einen umgekehrt V-förmigen Schwingdeckel versperrt, aber sie ging davon aus, dass dieser Deckel vermutlich nicht mit dem Auslöser gekoppelt sein würde; die sichergestellten Messingspäne deuteten auf einen Zeitzünder hin. Sachs zog eine kleine Taschenlampe hervor und leuchtete das stinkende Innere des Eimers aus. Er war bereits zur Hälfte mit Papier, Folienverpackungen und leeren Bechern gefüllt, so dass sie den Boden nicht erkennen konnte. Sie hob den Eimer ein Stück an; er war zu leicht, um auch nur fünf Liter Benzin zu enthalten.
    Sie warf einen weiteren Blick in die Runde. Es waren immer noch Hunderte von Leuten hier drinnen und strebten gemächlich den Ausgängen zu.
    Und zwei Dutzend Abfalleimer, die noch überprüft werden mussten. Amelia lief zur nächsten Tonne.
    Dann hielt sie inne und kniff die Augen zusammen. Unter der Haupttribüne, direkt neben dem Südeingang, lag ein knapp anderthalb Meter hoher Gegenstand, der von einer schwarzen Plane verdeckt wurde. Sie musste sofort daran denken, dass Weir sich unter einem Stück Stoff verborgen hatte. Was auch immer dort lag, war praktisch unsichtbar und groß genug, um mehrere hundert Liter Benzin zu enthalten.
    Und sechs Meter davon entfernt stand eine große Menschenmenge.
    Die Sirenen draußen wurden lauter und verstummten, als die Einsatzfahrzeuge neben dem Zelt anhielten. Feuerwehrleute und Streifenbeamte kamen herein. Sachs zeigte ihre Dienstmarke vor. »Ist das Räumkommando schon hier?«
    »Die müssten in fünf oder sechs Minuten eintreffen.«
    Sie nickte und bat die Kollegen, vorsichtig die Abfalleimer zu überprüfen. Dann lief sie zu dem Gegenstand unter der Plane.
    Und dann geschah es.
    Es gab keine Explosion. Doch es machte sich mit nahezu explosionsartiger Geschwindigkeit Panik breit.
    Sachs war sich nicht sicher, wodurch sie ausgelöst wurde – der Anblick der Einsatzwagen und der ins Zelt drängenden Feuerwehrleute führte gewiss zu einiger Verunsicherung. Dann hörte Amelia aus Richtung des Haupteingangs mehrmals ein lautes Knallen. Sie kannte das Geräusch noch vom Vortag; es stammte von dem großen Harlekin-Banner, das im Wind flatterte. Doch die Zuschauer an jenem Durchgang mussten es für Schüsse gehalten haben. Sie machten entsetzt kehrt und hielten hektisch nach anderen Fluchtwegen Ausschau. Auf einmal erfüllte eine gewaltige kollektive Stimme das Zelt, als würden alle gleichzeitig vor Angst aufkeuchen. Es war ein tiefes Brummen, ein Dröhnen.
    Dann brach die Lawine los.
    Die Leute liefen schreiend und kreischend auf die Ausgänge zu. Sachs wurde von der tobenden Masse hinterrücks überrannt. Ihr Wangenknochen stieß gegen die Schulter eines Mannes vor ihr, und Amelia war kurz benommen. Alle riefen

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