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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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eingeschüchtert. Der alte Mann verfolgte den Auftritt und rief sie im Anschluss in sein Büro, um ihr auf seine schroffe und doch warmherzige Art mitzuteilen, sie habe Potential und könne mit der richtigen Ausbildung eine großartige Illusionistin werden. Dann bot er ihr eine Stelle in seinem Laden an, um in Zukunft ihr Mentor und Lehrer zu sein.
    Kara lebte schon seit geraumer Zeit in New York und wusste, wie es in dieser Stadt zuging. Ihr war sofort klar, was der Mann womöglich unter dem Begriff »Mentor« verstehen würde, vor allem angesichts der Tatsache, dass er vierfach geschieden und sie eine attraktive, vierzig Jahre jüngere Frau war. Andererseits galt Balzac als namhafter Künstler, mit einst regelmäßigen Auftritten bei Johnny Carson und einem mehrjährigen Engagement in Las Vegas. Der Mann hatte Dutzende von Welttourneen hinter sich und kannte nahezu jeden noch lebenden Berufskollegen. Das Illusionistenhandwerk war Karas große Leidenschaft, und nun bot sich ihr eine einmalige Chance. Sie nahm sein Angebot ohne zu zögern an.
    Bei der ersten Sitzung war sie argwöhnisch und jederzeit darauf gefasst gewesen, sich eines Annäherungsversuchs zu erwehren. Die Lektion verlief dann tatsächlich sehr aufregend für sie – allerdings aus einem vollkommen anderen Grund.
    Er zerriss sie in der Luft.
    Nachdem Balzac eine Stunde lang so gut wie jedes Detail ihrer Technik kritisiert hatte, richtete sein Blick sich auf ihr blasses, tränenüberströmtes Gesicht. »Ich sagte, du hast
Potential
«, herrschte er sie an. »Ich habe nicht behauptet, du seist gut. Falls du jemanden willst, der dein Ego streichelt, bist du hier falsch. Also, läufst du jetzt nach Hause, um dich bei deiner Mami auszuheulen, oder machen wir mit der Arbeit weiter?«
    Sie machten mit der Arbeit weiter.
    Und so begann eine achtzehn Monate währende Hassliebe zwischen Mentor und Schülerin, die Kara sechs oder sieben Tage pro Woche bis in die frühen Morgenstunden auf Trab hielt, denn sie musste üben, üben und nochmals üben. Während seiner aktiven Zeit hatte Balzac zwar mit zahlreichen Assistenten zusammengearbeitet, insgesamt aber nur zweimal Lehrlinge bei sich aufgenommen. Wie es schien, waren die beiden jungen Männer große Enttäuschungen für ihn gewesen, und er wollte mit Kara nicht noch einmal die gleiche Erfahrung machen.
    Freunde fragten sie manchmal, woher ihre an Besessenheit grenzende Begeisterung für die Zauberkunst rührte, und hofften vermutlich auf die fernsehreife Kitschgeschichte einer qualvollen Kindheit mit zerrüttetem Elternhaus und gemeinen Lehrern oder wenigstens auf die Variante des kleinen unscheinbaren Mädchens, das vor den grausamen Schulcliquen in eine Fantasiewelt flüchtete. Stattdessen bekamen sie ein ganz normales Mädchen präsentiert – eine fröhliche Schülerin mit guten Noten, die zum Turnverein ging, Kekse für den Wohltätigkeitsbasar backte und im Schulchor sang. Ihr Interesse für die Unterhaltungsbranche wurde ganz undramatisch geweckt, nämlich in Cleveland und in Begleitung ihrer Großeltern: beim Besuch einer Vorstellung des erfolgreichen Illusionistenduos Penn & Teller. Einen Monat später machte die ganze Familie einen Ausflug nach Las Vegas, weil der Vater einen Kongress besuchen wollte. Dort lernte Kara die aufregendste Seite der Magie kennen, sah fliegende Tiger und spektakuläre Feuerzauber.
    Mehr war nicht nötig. Im Alter von dreizehn Jahren gründete sie an der JFK Junior Highschool einen Zauberklub und gab bald jeden Penny ihres Babysitterlohns für entsprechende Fachzeitschriften, Lehrvideos und Utensilien aus. Später nahm sie auch Gartenarbeit und Schneeschaufeln in ihren Leistungskatalog auf und ließ sich dafür zum Big Apple Circus oder dem Cirque du Soleil fahren, wann immer diese im Umkreis von achtzig Kilometern gastierten.
    Darüber hinaus gab es natürlich einen wichtigen Beweggrund für Karas ursprünglichen und nie erlahmenden Eifer, und der manifestierte sich in den ungläubigen, entzückten und überraschten Mienen ihres Publikums – ob dies nun zwei Dutzend Verwandte bei einer Thanksgiving-Feier waren (eine komplette Vorstellung mit Taschenspielertricks und einer schwebenden Katze, wenngleich ohne die Falltür, die Kara nicht in den Wohnzimmerfußboden sägen durfte) oder die Mitschüler und Eltern bei einer Aufführung in der Highschool, wo Kara stürmischen Beifall erntete und zu zwei Zugaben auf die Bühne gerufen wurde.
    Das Leben mit David Balzac hingegen

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