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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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nicht.
    »Was?«, flüsterte er und bemerkte die Narben am Hals des Fremden sowie die deformierte linke Hand. »Was wollen Sie?«
    Der Angreifer ignorierte ihn für einen Moment und schaute sich um – musterte erst den Küchentisch und dann den großen hölzernen Couchtisch im Wohnzimmer. Der Anblick schien ihm zu gefallen. Als er sich umdrehte und das Rohr auf Calverts erhobene Arme niedersausen ließ, wirkte der Schlag fast wie ein nachträglicher Einfall.
    Sie näherten sich ohne Sirene und Blaulicht.
    Zwei Streifenwagen, bemannt mit jeweils zwei Beamten.
    Der Sergeant stieg aus dem ersten Fahrzeug, bevor es vollständig zum Stillstand gekommen war. Der Notruf lag nur sechs Minuten zurück. Obwohl jemand die Verbindung unterbrochen hatte, war die Nummer des Teilnehmers auf dem Display der Zentrale angezeigt worden, und so wussten sie, aus welchem Gebäude und welcher Wohnung der Anruf stammte.
    Sechs Minuten… Falls sie Glück hatten, war das Opfer gesund und munter. Falls sie weniger Glück hatten, würde sich immerhin noch der Täter in dem Apartment befinden und soeben die Wertgegenstände einsammeln.
    Er drückte den Knopf an seinem Motorola. »Sergeant Vier Fünf Drei Eins an Zentrale. Ich bin Zehn-vierundachtzig am Schauplatz des Überfalls an der Neunten Straße. Kommen.«
    »Roger, Vier Fünf Drei Eins. Krankenwagen ist unterwegs. Gibt’s Verletzte? Kommen.«
    »Wissen wir noch nicht. Ende.«
    »Roger, Vier Fünf. Ende und Aus.«
    Er schickte einen seiner Männer auf die Rückseite, um den Hinterausgang und die rückwärtigen Fenster zu überwachen, und ließ einen weiteren vorn bei den Wagen Position beziehen. Der dritte Officer lief mit dem Sergeant zur Lobby. Mit etwas Glück würde der Täter aus einem der Fenster springen und sich den Knöchel brechen. Der Sergeant hatte wenig Lust, an einem so schönen Tag irgendwelchen Arschlöchern hinterherzuhetzen.
    Das hier war Alphabet City, benannt nach den drei Nord-Süd-Avenues A, B und C, ein Tummelplatz für Drogensüchtige aller Art. Die Lage besserte sich allmählich, doch die Gegend gehörte auch weiterhin zu den gefährlichsten Ecken Manhattans. Noch bevor die beiden Cops die Haustür erreichten, zogen sie bereits die Pistolen.
    Falls sie Glück hatten, würde der Täter nur mit einem Messer bewaffnet sein. Oder mit einem Essstäbchen und einem Mülleimerdeckel als Schild, so wie der Crackjunkie, der den Sergeant letzte Woche bedroht hatte.
    Nun ja, wenigstens einen Lichtblick gab es – sie mussten niemanden auftreiben, der ihnen die Sicherheitstür öffnen würde. Eine ältere Frau, die sichtlich an ihrem schweren Einkaufsbeutel zu schleppen hatte, aus dem eine große Ananas ragte, war gerade auf dem Weg nach draußen. Mit überraschtem Blick hielt sie den beiden Beamten die Tür auf. Diese eilten hinein und beantworteten die unausgesprochene Frage nach dem Anlass ihres Hierseins mit einem unverbindlichen: »Kein Grund zur Besorgnis, Ma’am.«
    Falls wir Glück haben…
    Apartment 1J lag im Erdgeschoss und im hinteren Teil des Gebäudes. Der Sergeant nahm links des Eingangs Aufstellung. Sein Kollege postierte sich auf der anderen Seite, sah ihn an und nickte. Der Sergeant klopfte laut an die Tür. »Polizei. Sofort aufmachen!«
    Drinnen regte sich nichts.
    »Polizei!«
    Er drehte am Knauf. Noch mehr Glück. Es war nicht abgeschlossen. Der Sergeant stieß die Tür auf, zuckte gleich wieder zurück und wartete einen Moment. Schließlich wagte er einen Blick um die Ecke.
    »O Herr im Himmel«, flüsterte er, als er sah, was dort mitten im Wohnzimmer lag.
    Das Wörtchen »Glück« kam ihm fortan nicht mehr in den Sinn.
    Das Geheimnis erfolgreicher Proteuszauberer bestand darin, simple, aber entscheidende Änderungen am eigenen Erscheinungsbild und Verhalten vorzunehmen, während man gleichzeitig das Publikum mit einer Täuschung ablenkte.
    Und keine Veränderung war so entscheidend wie die Verwandlung in eine fünfundsiebzigjährige Frau mit Einkaufstasche.
    Malerick hatte gewusst, dass die Polizei schnell vor Ort sein würde, und war daher nach dem kurzen Auftritt in Tony Calverts Apartment sogleich in eines seiner Fluchtkostüme geschlüpft: ein hochgeschlossenes blaues Kleid und eine weiße Perücke. Die elastischen Hosenbeine seiner Jeans zog er bis unter den Saum des Kleides hoch, so dass die fleischfarbenen Stützstrümpfe sichtbar wurden. Der Bart kam ab und wurde durch eine dicke Schicht Altfrauenrouge ersetzt, gefolgt von breiten aufgemalten

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