Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man
Services Unit ein und drangen langsam durch das Gebüsch vor, das der Mazda in hohem Tempo durchbrochen hatte. Amelia folgte zu Fuß. Als die Sträucher hinter ihr lagen, sah sie eine Ansammlung klappriger Hütten und Schuppen vor sich. Hier lebten mehrere Dutzend Obdachlose, zumeist Männer. Es war dreckig, und überall lag Abfall herum, dazu weggeworfene Haushaltsgeräte und ausgeschlachtete rostige Autowracks.
Anscheinend hatte der Hexer erwartet, jenseits der Büsche auf eine Straße zu treffen. Sachs sah die tiefen Bremsspuren im Schlamm. Der Fahrer musste die Kontrolle verloren haben: Der Wagen war ausgebrochen, mit einer Hütte kollidiert, die den Zusammenstoß nicht überstanden hatte, und dann von einem verrotteten Steg in den Fluss gestürzt.
Zwei ESU-Beamte halfen den – zum Glück unverletzten – Bewohnern der Hütte aus den Trümmern, während die anderen am Ufer nach dem Fahrer Ausschau hielten. Amelia funkte Rhyme und Sellitto an, fasste die Vorgänge kurz zusammen und bat den Detective, so schnell wie möglich einen Einsatzwagen der Spurensicherung zu entsenden.
»Hat man ihn erwischt, Amelia?«, fragte Sellitto. »O bitte, sagen Sie ja.«
Sie schaute zu dem Öl- und Benzinfilm auf der Wasseroberfläche. »Leider nein.«
Sachs ging an einer zertrümmerten Toilettenschüssel und einem stinkenden Müllsack vorbei zu einigen Männern, die sich lautstark auf Spanisch unterhielten. Sie hatten Angelruten dabei; es war in dieser Gegend üblich, mit Regenwürmern oder Köderstücken nach Barschen und Dorschen zu fischen. Die Männer wirkten nicht mehr ganz nüchtern, konnten ihr aber eine zusammenhängende Beschreibung der Ereignisse liefern. Das Auto war mit hoher Geschwindigkeit durch die Büsche gerast und direkt in den Fluss gestürzt. Sie alle hatten einen Mann auf dem Fahrersitz gesehen und waren absolut sicher, dass er nicht mehr rechtzeitig abspringen konnte.
Dann sprach Sachs kurz mit Carlos und seinem Freund, den zwei Obdachlosen, die in der nun zertrümmerten Hütte gewohnt hatten. Sie standen beide unter Drogen und hatten nichts gesehen. Carlos war wütend und schien zu glauben, die Stadt schulde ihm eine Entschädigung für den Verlust der Behausung. Zwei andere Augenzeugen, die zum Zeitpunkt des Unfalls im Müll nach Pfandflaschen gewühlt hatten, bestätigten die Schilderung der Angler.
Es trafen weitere Einsatzwagen ein, dazu mehrere Fernsehteams, die erst die Überreste der Hütte filmten und ihre Kameras dann auf das Polizeiboot richteten, von dessen Heck sich soeben zwei Taucher rückwärts ins Wasser fallen ließen.
Da die Bergungsversuche sich auf den Fluss konzentrieren würden, konnte Sachs den Schauplatz am Ufer übernehmen. In ihrem Camaro lagen nur wenige Ausrüstungsgegenstände, doch immerhin zählte eine große Rolle gelbes Plastikband dazu, mit dem sie nun einen Teil des Ufers absperrte. Unterdessen fuhr der Wagen der Spurensicherung vor. Sachs setzte das Headset auf, funkte die Zentrale an und ließ sich abermals zu Rhyme durchstellen.
»Wir sind unterrichtet, Sachs. Haben die Taucher schon was gefunden?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Ist er entkommen?«
»Nein, wenn die Zeugen Recht behalten. Ich nehme mir jetzt den Schauplatz am Flussufer vor, Rhyme«, sagte sie. »Eigentlich könnte ich es mir sparen.«
»Sparen?«
»Na klar. Sieh mal, ich mache mir die ganze Mühe, obwohl die Taucher schon bald seine Leiche bergen werden. Also ist meine Suche reine Zeitverschwendung.«
»Es wird dennoch eine Untersuchung geben und…«
»Das war ein Scherz, Rhyme.«
»Tja, weißt du, dieser spezielle Täter hat mir irgendwie die gute Laune verdorben. Sieh zu, dass du fertig wirst.«
Sie schleppte einen der Gerätekoffer zur Absperrung und klappte gerade den Deckel hoch, als jemand mit deutlichem Akzent rief: »Mein Gott, was ist denn hier passiert? Wurde jemand verletzt?«
In der Nähe der Fernsehteams drängte sich ein geschniegelter Latino in Jeans und Sportsakko durch die Menge. Erschrocken starrte er die beschädigte Hütte an und lief dann los.
»He«, rief Sachs. Er hörte sie nicht.
Der Mann duckte sich unter dem gelben Absperrband hindurch und steuerte unbeirrt die Hütte an, trampelte mitten durch die Reifenspuren und löschte vermutlich alle Hinweise darauf aus, ob der Hexer womöglich etwas verloren oder weggeworfen hatte – ganz zu schweigen von den Fußabdrücken des Täters, falls ihm
doch
die Flucht gelungen war, ungeachtet der Aussage der
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