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Der Favorit der Zarin

Der Favorit der Zarin

Titel: Der Favorit der Zarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Kacheln) sprang die Diebin dann auf die Bank, von der Bank auf den Vorhang, vom Vorhang an die Decke, und weg war sie.
    War denn das die Möglichkeit?
    Mitja sah genauer hin – ach so! Der Ofen ging nicht bis zur Decke, sondern dazwischen war ein Zwischenraum von einem halben Arschin: vermutlich, damit die erhitzte Luft zirkulieren konnte.
    Da er den Vorhang nicht hochklettern konnte, stieg er von der Bank auf das Fensterbrett, stützte sich mit dem Fuß am Kupfergriff der Ofenklappe ab, trat mit dem anderen Fuß auf einen Vorsprung, hielt sich am Fenster fest, und von da aus konnte er sich bis zum Ofen hochziehen.
    Da haben wir Euch also, Mademoiselle Zephirka!
    In dem engen, dunklen Zwischenraum über dem Ofen konnte man sich nur geduckt fortbewegen. In seiner Nase kitzelte der Staub, Uniform und Hose wurden wahrscheinlich schmutzig, aber der Besitzer bekam endlich den verlorenen Gegenstand zurück – die Meerkatze händigte ihm die Schnalle kampflos aus, sie hielt sie ihm in der ausgestreckten Hand hin.
    Sie war also weder ein Schuft noch ein Geizkragen. Auf dem Ofen angekommen, hatte sie sich beruhigt und hörte auf, ihn zum Narren zu halten. Vielleicht war sie in Wirklichkeit gar nicht vor Mitja weggelaufen, sondern hatte ihn zu sich nach Hause einladen wollen?
    Denn hier, auf dem Ofen, befand sich, nach einigen Anzeichen zu schließen, Zephirkas Wohnstatt, genauer gesagt, ihre Einsiedelei, zu der Unbefugte keinen Zutritt hatten. Als sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte Mitja auf verschiedene Haufen gelegte Schätze: auf der einen Seite einen halben Apfel, ein paar Fladen, eine Hand voll Nüsse; auf der anderen reizvollere Dinge: ein goldener Löffel, ein großes Kristallfläschchen und noch etwas blau Glitzerndes. Er nahm es in die Hand: ein mit Diamanten besetzter Stern. Offenbar der, den sie dem unglücklichen Alten gestohlen hatte. Was würde der sich freuen, wenn er ihn zurückbekäme! In dem Fläschchen schimmerte eine Flüssigkeit. Ob das Parfum war?
    »Das finde ich aber nicht in Ordnung«, sagte Mitja der Besitzerin. »Und wenn sich nun jeder nimmt, was ihm gefällt? Dann bekommmen wir hier möglicherweise Zustände wie in Frankreich – eine Revolution!«
    Zephirka streichelte ihm mit ihrem trockenen Pfötchen die Wange und hielt ihm ein Stück Keks hin: na, iss.
    »Merci. Komm, wir hauen besser von hier ab, sonst. . .«
    Auf einmal hörte man Schritte in dem Zimmer – es kamen zwei oder drei Leute. Mitja verstummte. Das war schlecht. Man würde sie auf dem Ofen finden und das auch noch mit Diebesgut. Er konnte Zephirka, dieses nicht mit Sprache begabte und, wie sich herausgestellt hatte, herzensgute Wesen doch nicht verpetzen!
    ». . . Als ob es zu wenig Mädchen gäbe! Ich habe nie verstehen können, warum man sich unbedingt auf eine Einzige festlegen muss!«, sagte eine Männerstimme, die ihm bekannt vorkam. »Es geht doch immer nur um das Eine und sonst nichts!« Man hörte ein leises Klatschen, als ob eine Hand gegen die andere schlage, oder, genauer, gegen die geballte Faust, wonach der Sprechende fortfuhr. »Was Ihr Euch so einfallen lasst! Eine Staatsdame wollt Ihr also haben! Die Schwägerin der Zarin! Habt Ihr den Verstand verloren, Fürst? Das ist eine Schnapsidee und zwar eine sehr gefährliche! Die Vorsichtsmaßnahme mit dem Knaben wird Euch nicht retten, Fürst. Ihr denkt weder an Euch selbst noch an die Leute, die Euch zugetan sind!«
    Das war Metastasio, wie Mitja verstand.
    »Ich bin es leid, hör auf«, erwiderte der andere (wer, war ja klar). »Ich schwöre, sie wird mein Besitz; egal, was mich das kosten wird.«
    »Egal, was Euch das kosten wird?« , fragte der Italiener unheilschwer nach. »Auch Eure Position zum Beispiel, Eure Macht, ja
    Euer Leben? Denkt doch an das Testament. Ihr seid nur noch zwei Schritte von der strahlenden Höhe entfernt, und da wollt Ihr Euch in den Abgrund stürzen?! Habt Ihr bedacht, was Euch erwartet, wenn die Plattnase an die Macht kommt?!«
    »Das kratzt ihn nicht«, schaltete sich ein Dritter mit Bassstimme in das Gespräch ein. »Man wird ihn auf ein Gut verbannen; wenn alle Stricke reißen, setzt er sich ins Ausland ab. Ausbaden müssen wir das, Jeremej Umbertowitsch! Ma foi, Platon, lass doch die Finger von dieser manierierten dummen Gans! Meinst du, ich verstünde nicht, wie schwer es dir fällt, mit dieser Alten herumzuknutschen? Ich schleppe dir auf der Stelle eine Göttin an, da leckst du dir die Finger nach! Und alles

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