Der Favorit der Zarin
der Fasson geraten sein. Da brauche ich mir keine Sorgen zu machen, dass ich keine Kunden habe.«
Nicki fühlte sich unwohl, und er wandte sich von seinem ehemaligen Zögling ab. Er studierte das weiße Gesicht des Verstorbenen, dieses begabten und unbarmherzigen Mannes, der einmal ein kleiner, eingeschüchterter Junge mit Brille gewesen war, dann mit fremden Schicksalen Schach gespielt, Wunder vollbracht, sich den wichtigsten unerfüllbaren Wunsch seines Lebens erfüllt, viel Gutes und noch mehr Schlechtes getan hatte. Und nun war er gestorben, und die schönsten Klageweiber trauerten so bitter und ehrlich um ihn, wie es keinem einzigen Pharao oder römischen Imperator vergönnt gewesen war.
Nur zu bald würde die Zahl der schönen Frauen in der russischen Hautevolee katastrophal abnehmen, dachte der Magister seufzend, als er seine weißen Chrysanthemen neben den Sarg auf die Erde legte – im Sarg selbst und daneben war schon kein Platz mehr. Orchideen, Lilien und riesige Rosen lagen haufenweise da und verwandelten dieses Eckchen des Friedhofs in eine richtige tropische Wiese.
Im Frühling werden sie hier andere Blumen pflanzen, weniger ausgefallene, dafür aber lebendige. Warum gehören in der zivilisierten Welt Blumen unbedingt als Begleiterscheinung zum Tod? Als Kompensation für seine Hässlichkeit?
Nein, sagte sich Nicholas. Wir begegnen dem Tod mit Blumen und schmücken ihn damit, um uns in Erinnerung zu rufen: Die letzten Konvulsionen eines zu Ende gegangenen Lebens fallen zusammen mit den Geburtswehen einer neuen Existenz.
Von hier bis Schluss: Zitat des Schlusssatzes von Turgenew »Väter und Söhne«
Was für ein leidenschaftliches, sündhaftes, rebellierendes Herz sich auch in einem Grab verbergen mag, die Blumen, die auf ihm wachsen, sehen uns friedlich mit ihren unschuldigen Augen an; nicht nur von ewiger Ruhe sprechen sie, von der großen Ruhe der »gleichgültigen« Natur; sie sprechen auch von ewigem Frieden und endlosem Leben . . .
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