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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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gefroren, die Stiche, die Augenhöhlen, der kahle Kopf, der tote Vogel wie ein Ausrufezeichen in dem blutigen Kreis auf dem Bauch, als seien das nur nüchterne Details auf einem dieser Tatortfotos, die später in einer Klarsichthülle auf seinem Schreibtisch landen würden.
    Was kannst du erkennen?, fragte er sich selbst, wonach sieht das hier aus?
    Augen ausgestochen, Haare fehlen, ein gerupfter, ausgeweideter Vogel und dann diese Striemen.
    Trojan wandte sich Semmler zu.
    »Todeszeitpunkt?«
    »Nach meinem ersten Eindruck vor etwa achtundvierzig Stunden.«
    »Wer hat sie gefunden?«

    »Eine Freundin von ihr«, antwortete Kolpert. »Sie besitzt einen Schlüssel zur Wohnung. Der Freund der Toten hat sie alarmiert. Er ist gerade im Ausland und hat sie seit zwei Tagen nicht erreichen können.«
    Ein Bild, dachte Trojan, Laken und Kissen, blutdurchtränkt. Essensreste auf dem Boden, ein Teller, zerbrochen, Messer und Gabel.
    »Da hat jemand gewütet«, sagte er. »Sehr, sehr lange gewütet. «
    Semmler streckte die Hand nach dem Hals des Opfers aus. »Diese Verletzung scheint mir die letztlich tödliche zu sein.«
    Wo die Hand des Rechtsmediziners in den Latexhandschuhen hindeute, klaffte der Hals des Opfers auseinander.
    Trojan keuchte.
    Gerber schwankte leicht. »Was ist mit ihren Haaren?«
    Semmler blickte auf. »Wie es aussieht, hat der Täter sie abgeschnitten und mitgenommen.«
    Holbrecht und Krach trafen ebenfalls am Tatort ein.
    In dem Raum wurde es immer enger. Der Fotograf von der Kriminaltechnik baute einen Scheinwerfer auf.
    Stefanie Dachs, die Neue in ihrem Team, trat zu ihnen.
    Ihr Gesicht verzerrte sich, als sie den Leichnam sah, kurz darauf hatte sie ihre Fassung wieder.
    Trojan fiel auf, dass sie sich ihr Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Auf einmal fragte er sich, ob wohl die Haarfarbe des Opfers von Bedeutung war, und beugte sich über den Schädel der Leiche.
    »Sie war einmal blond«, murmelte er.

    Gerbers Gesichtsfarbe wechselte ins Grüne über. »Wie heißt sie eigentlich?« Er räusperte sich. »Wie hieß sie?«
    Und Kolpert sagte: »Coralie Schendel, vierundzwanzig Jahre alt, Assistentin in einer Werbeagentur.«
    »Der Freund im Ausland, wohnt der normalerweise hier?«, fragte Trojan.
    Kolpert schüttelte den Kopf. »Hat eine eigene Wohnung. «
    »Ist er unterwegs hierher?«
    Kolpert nickte.
    Trojan verließ das Zimmer und inspizierte die anderen Räume der Wohnung. In der Küche stand eine Pfanne auf dem Herd, darin klebten angetrocknete Gemüsereste. Im Bad war das Fenster gekippt, und ein Handtuch lag auf dem Boden. Das Wohnzimmer war aufgeräumt und sauber. Alles wirkte friedlich auf ihn. Die gemütliche kleine Wohnung einer jungen Frau, die einen Freund hat, aber nicht mit ihm zusammenlebt.
    Ein Techniker untersuchte gerade das Schloss der Wohnungstür. Draußen im Treppenhaus waren uniformierte Beamte dabei, die neugierigen Hausbewohner zurückzudrängen.
    Trojan winkte Kolpert zu sich heran.
    »Max, du und Dennis, ihr fangt sofort mit der Befragung im Haus an. Dieses Gemetzel hier muss doch jemand gehört haben.«
    Max Kolpert nickte dankbar. Auch Dennis Holbrecht schien froh zu sein, den Tatort verlassen zu dürfen.
    Sie drückten sich an dem Techniker in der Tür vorbei.
    »Einbruchsspuren?«, fragte Trojan ihn.

    Der Techniker schüttelte den Kopf.
    »Nichts. Der hatte entweder einen Schlüssel, oder das Opfer hat ihn hereingelassen.«
    »Habt ihr schon die Fenster untersucht?«
    »Bisher noch nicht. Aber da die Wohnung im dritten Stock liegt, ist die Variante ja eher unwahrscheinlich.«
    Trojan nickte. Darauf ging er zurück ins Schlafzimmer.
    Gerber stand noch immer am Bett der Toten.
    »Was ist dein erster Eindruck?«, fragte Trojan ihn leise.
    Ronnie schluckte.
    »Mein erster –?«
    Weiter kam er nicht.
    Er presste sich würgend die Hand vor den Mund und wankte hinaus.

VIER
    E s war zu hell im Zimmer. Längst war der Morgen angebrochen, warf höhnisch lächelnde Sonnenstrahlen durch den Spalt im Vorhang, die ihn blendeten. Ihm wurde bewusst, dass er schon seit Stunden wach lag. Er zog die Decke über den Kopf. Er wollte nichts mehr mitkriegen von dem Lärm dort draußen, nicht mehr teilhaben an dem Gewimmel der Menschen in dieser Stadt. Es gab zu viele von ihnen.
    Er krümmte sich zusammen und zählte seine Atemzüge, er kam bis dreihundertneununddreißig, doch dann wurde die Luft zu knapp. Mit einem Seufzen stieß er die Bettdecke weg.
    Er schlüpfte in seinen

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