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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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vorläufig festgenommen.«

NEUN
    S ie nannten es einfach nur »Das Zimmer«. Es war klein, fahl ausgeleuchtet, hatte keine Fenster und war schlecht belüftet. An der Stirnseite befand sich eine verspiegelte Fläche, hinter der man den Beschuldigten aus dem Nebenraum beobachten konnte, ohne dass der etwas davon mitbekam.
    Die beiden Stühle und der Tisch waren im Boden fest verankert, die auf der Tischplatte verschraubte Lampe hatte eine Hundert-Watt-Glühbirne, sie wurde nur bei Bedarf eingeschaltet.
    Auf die Augen des Gegenübers gerichtet, bewirkte sie oftmals Wunder.
    Sie verhörten ihn ohne Schreibkraft, ohne vermerkte Zeugen. Sie wussten, dass es vor Gericht keine Relevanz haben würde, aber die Methode hatte schon oft zum Erfolg geführt.
    Der rundliche und etwas gemütlich wirkende Kolpert ging zuerst zu ihm rein und spielte den guten Bullen. Nach zwanzig Minuten kam er raus, sie ließen Schuch eine Weile warten, dann kümmerte sich Holbrecht um ihn und mimte den bösen Bullen.
    Als Holbrecht fertig war, ließen sie ihn wieder allein. Anschließend lag es an Stefanie Dachs, die äußerst charmante und verständnisvolle Kriminalbeamtin zu geben.

    Nach einer Stunde war sie fertig, hatte Schuch umschmeichelt, umgarnt, ihn sogar kurz zum Lachen gebracht.
    Das war der Moment, als Trojan übernahm.
    Er ließ die Stahltür ganz sacht hinter sich ins Schloss fallen. Langsam trat er auf den Tisch zu, blieb stehen und sah auf den blassen, verschwitzten Schuch hinab.
    »Ich muss pinkeln«, sagte der, ohne aufzublicken.
    »Musst du dir verkneifen.«
    »Seit wann duzen wir uns?«
    »Du siezt, ich duze.«
    Schuch sah ihn kurz an. »Was soll das?«
    Trojan stützte sich auf die Tischplatte, seine Hände waren dicht vor Schuchs Ellenbogen, der vornübergebeugt dasaß, das Kinn auf die Fäuste gestützt.
    »Wo warst du Freitagabend?«, fragte er.
    »Hab ich der hübschen Maus gerade alles erzählt.«
    »Erzähl es mir.«
    »Ich war zu Hause.«
    »Wer kann das bezeugen?«
    Er ließ den Atem durch die Schneidezähne entweichen. »Mein Fernseher? Mein Sofa? Frag meinen Kühlschrank!«
    Trojan kickte ihm mit der flachen Hand die Ellenbogen weg, Schuchs Oberkörper sackte kurz ein, dann hatte er sich wieder gefangen.
    Er lehnte sich zurück und sah Trojan feindselig an.
    »Erzähl mir den Ablauf ganz genau.«
    Schuch verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich hab ein paar Bierchen getrunken, ferngesehen. So gegen zehn kam der Anruf von Melanies Nachbarin. Sie hat gesagt –«
    Seine Stimme brach.

    »Was hat sie gesagt?«
    »Melanie ist tot«, antwortete er weinerlich. »Man hat sie ermordet.«
    Er starrte Trojan mit großen staunenden Augen an.
    »Und was hast du nach dem Anruf gemacht?«
    »Ich – ich hab geflennt – ich –«
    »Du hast dir noch ein Bierchen aufgemacht. Deine süße Melanie ist tot, und du –«
    »Was hätte ich denn tun sollen? Ich war völlig fertig, ich – hab ein Rohypnol geschluckt und –«
    Wieder brach er ab. An seinem Hals pochte es unter der Tätowierung, die Krone zitterte. Der König ist angeschlagen, dachte Trojan.
    »Weiter!«
    »Gegen Mitternacht hab ich noch mal bei der Nachbarin angerufen.«
    »Wie heißt sie?«
    Schuch suchte nach dem Namen. »Kaba – raba – Scheiße, das ist so was Polnisches, kann ich mir nicht merken.«
    Trojan setzte sich auf den Stuhl ihm gegenüber und musterte ihn. Nach einer Pause sagte er betont leise: »Marietta Kabaczynski, die Nachbarin deiner süßen Melanie, hat ausgesagt, dass sie oftmals Geschrei in der Wohnung nebenan gehört habe. Oftmals seien an deiner süßen Melanie Blutergüsse im Gesicht, an den Armen oder am Hals zu erkennen gewesen, und das immer, wenn du zu Besuch warst. Einmal habe sie Lene im Treppenhaus angetroffen, weinend und verstört. Auf ihre Frage hin, was denn los sei, habe die Kleine geantwortet: Mein Erzeuger schlägt meine Mutter. «

    Schuch rührte sich nicht.
    »Was hast du dazu zu sagen?«
    »Ich will mit einem Anwalt sprechen.«
    »Dein Scheißanwalt ist unterwegs. Aber den kannst du vergessen, das ist nur so ein Scheiß-Arme-Leute-Anwalt, der kann nichts ausrichten für dich.« Er atmete aus. »Du bist allein, Schuch, ganz allein.«
    Er erhob sich, ging eine Weile auf und ab, dann baute er sich vor ihm auf.
    »Kennst du eine Coralie Schendel?«
    »Nie gehört.«
    Er beugte sich zu ihm hinunter. »Hast du sie gefickt?«
    »Was?«
    »Ob du sie gefickt hast?«
    Schuch zeigte keine Regung.
    »Erst gefickt und dann umgebracht?

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