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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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Oder umgekehrt? Antworte!«
    Trojan konnte Schuchs schlechten Atem riechen. Er beugte sich noch weiter vor, seine Stirn berührte beinahe den Kopf des anderen.
    »Wo warst du Dienstagabend? Dienstag vor einer Woche, sag. Sag es ganz schnell, dann bist du es los.«
    Er sah die Ader unter der Krone pochen, aber Schuch antwortete nicht.
    Trojan überwand seinen Ekel und griff in den Haarschopf hinein, erst war es wie ein Streicheln, doch dann bohrten sich seine Fingernägel in die Kopfhaut, tiefer und tiefer.
    »Sag es mir. Ich will dir nur helfen, Schuch. Ich bin dein Freund. Dienstag, vierter Mai, antworte.«

    Schuchs Gesicht war schmerzverzerrt.
    »Ich weiß es nicht mehr«, flüsterte er. »Ich glaube, an dem Abend war ich auch zu Hause. Oder bei Melanie, ja, ich glaub, ich war bei Melanie.«
    »Haben wir überprüft, kann nicht sein.«
    »Was?«
    »Du warst Dienstagabend nicht bei Melanie.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Hältst du uns für bescheuert?«
    »Nein.« Er schniefte. »Ich glaub, ich war in der Kneipe. «
    »Wie heißt die Kneipe?«
    »Lahn-Eck in der Karl-Marx-Straße.«
    »Ist das schön da?«
    »Weiß nicht.«
    »Mag man dich im Lahn-Eck, Schuch?«
    Er wimmerte leise.
    »Kann irgendwer bestätigen, dass du am Dienstagabend vor einer Woche da warst?«
    »Bestimmt.«
    »Und wenn du doch zu Hause warst? Willst du, dass deine Kneipenkumpel uns anlügen? Willst du das, Schuch?«
    »Ich muss pinkeln«, flüsterte er.
    Trojan stieß seinen Kopf weg und hockte sich auf die Tischkante.
    »Heute früh, Samstag. Was war heute früh los?«
    Schuch stöhnte.
    »Hab ich doch alles schon hundertmal erzählt.«
    »Antworte, wenn ich dich was frage.«
    »Ich hab Lene aus dem Krankenhaus abgeholt.«

    »Wann war das?«
    »Acht, halb neun.«
    »So früh schon?«
    »Hab die ganze Nacht kein Auge zugedrückt.«
    »Armer Schuch. Du hast sie abgeholt und dann?«
    Er war den Tränen nah. »Wir haben bei Kamps ’n Stück Kuchen gegessen. Wir sind rauf zu mir, und sie wollte nur noch schlafen. Ich hab ihr die Matratze ausgerollt. Hab sie noch zugedeckt und ihr einen Kuss auf die Stirn gegeben.«
    »Ach, du lieber Schuch.«
    »Dann bin ich aus dem Zimmer und hab selbst noch ’ne Runde gepennt. Plötzlich hat es an der Tür gewummert.«
    »Das waren dann wohl wir.«
    Mit einem Mal sprang Trojan auf und trat mit voller Wucht auf Schuchs Fuß. »Wo ist Lene?«
    Er wimmerte. »Ich weiß es nicht.«
    »Was hast du mit ihr gemacht?«
    »Nichts.«
    »Hast du ihr was angetan?«
    »Nein.«
    »Hast du ihr wehgetan?«
    »Ich bin doch ihr –«
    »Was bist du? Sag mir, was du bist! Bist du ein mieses Schwein?«
    Schuch zog den Rotz hoch.
    »Ich bin doch ihr Vater«, hauchte er.
    »Wer ist Marusha?«
    »Marusha?«
    Trojan packte seinen Arm und deutete auf das Tattoo. »Die da!«

    Schuch starrte auf das Herz mit dem Pfeil. Es brauchte lange, bis er verstand.
    »Das ist doch ewig her«, jammerte er und kratzte über die Haut. »Kriegt man nicht mehr ab, die Scheiße.«
    Trojan ließ ihn los und wandte sich von ihm ab. Es vergingen etwa zwei Minuten, ohne dass jemand etwas sagte.
    Schließlich flüsterte Schuch in seinem Rücken: »Darf ich jetzt zur Toilette, bitte?«
    Manchmal hasse ich meinen Job, dachte Trojan.
    Dann ging er wortlos zu der Eisentür, drückte auf den Signalknopf, und man ließ ihn hinaus.
    Im Nebenraum warteten Landsberg, Kolpert, Holbrecht und Stefanie Dachs hinter dem Einwegspiegel.
    Landsberg trat auf ihn zu. »Und, was meinst du?«
    Trojan zuckte mit den Schultern. »Wir müssen die Kleine finden, und zwar schnell.«
    »Die Vermisstenmeldung ist raus«, sagte Stefanie. »Ich hab ein Foto von ihr aus der Wohnung geholt, das ging an alle Dienststellen, an Presse und Fernsehen. Da gibt es auch noch eine Tante, die ich befragt habe, aber auch sie weiß nicht, wo Lene sein könnte. Sie hatte schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Schwester und zu ihrer Nichte. Überhaupt muss die Halldörfer sehr zurückgezogen gelebt haben.«
    Sie schauten durch die Scheibe zu Schuch hinüber, der die Oberschenkel zusammenpresste.
    »Was machen wir jetzt mit ihm?«, fragte Holbrecht.
    »Lasst ihn hier noch eine Weile schmoren«, sagte Landsberg.

    »Lenes Verletzungen«, murmelte Trojan, »die Striemen an ihrer Schulter«, er schluckte, »stammen aller Wahrscheinlichkeit nach von Rasierklingen. Das stand in dem Bericht vom Krankenhaus.«
    Sie schwiegen alle.
    »Was ist mit seiner Wohnung?«, fragte er in die Stille

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