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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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mit dem Fleck sagte zu ihm: »Bitte Geheimzahl eingeben und bestätigen.« Es wunderte ihn, weil er doch gar nicht mit der Karte bezahlen wollte, aber die Worte kamen wie aus einem Automaten aus ihr heraus, und sie bemerkte den Irrtum nicht. Darüber musste er ein wenig lächeln.
    Er verstaute die Einkäufe im Stoffbeutel und schlurfte damit am Kanal entlang.
    Heb die Füße, dachte er bei sich, du bist kein alter Mann.
    Seine Laune hatte sich leicht gebessert, und einer plötzlichen Eingebung folgend, beschloss er, den Elektromarkt in den Neukölln-Arkaden aufzusuchen, um sich dort die Digitalkameras anzuschauen. Das schien ihm eine sinnvolle Beschäftigung für den Vormittag zu sein, vielleicht konnte er sich sogar dazu durchringen, so ein Gerät zu kaufen.
    Das Fotografieren hatte ihm doch früher einmal Spaß gemacht. Er musste lange überlegen, was ihm noch alles in seinem Leben Freude bereitet hatte, es gab nicht viel.
    Und wieder tauchte Magdas Lächeln vor seinem inneren Auge auf.

    Seine Gesichtsmuskeln begannen zu zucken. Er wechselte den Stoffbeutel von der einen Hand in die andere.
    Die Einkäufe könnte er mitnehmen, die Wurst würde so schnell nicht schlecht werden.
    Als sei es ein Zeichen der Bestätigung, bog der M 29er genau in diesem Augenblick um die Ecke, als er die Bushaltestelle erreichte. Er zeigte dem Fahrer einen alten Fahrschein vor und freute sich, dass der den Trick nicht durchschaute.
    An der Ecke Sonnenallee stieg er aus und wechselte zur Haltestelle des M 41ers über, von hier aus war es nur noch eine Station. Noch einmal klappte die Finte mit dem Fahrschein.
    Kurz darauf betrat er das Einkaufszentrum. Es war laut und eng darin, zu viele Menschen. Er wusste, dass sich hier arabische Jugendbanden herumtrieben und die Ladenbesitzer schikanierten, Taschen und Geldbörsen stahlen, einen mit Messern bedrohten. All das wusste er. Er hielt seine Hand auf die Hosentasche gepresst, spürte das Portemonnaie darin. In Sicherheit bleiben, dachte er, unbehelligt.
    Er fuhr mit der Rolltreppe ins erste Stockwerk hinauf, von irgendwoher drang Musik zu ihm, und wieder musste er an Magda denken, wie er sie einmal in einen Club ausgeführt hatte, Magda war eine gute Tänzerin gewesen. Er sah sie vor sich, wie sie ihr Haar in den Nacken warf.
    Er war oben angelangt und steuerte direkt auf den Eingang des Elektromarktes zu.
    Plötzlich blieb er stehen.
    Etwas in seinen Augenwinkeln fesselte seine Aufmerksamkeit.

    Er drehte sich um.
    Da hockte jemand auf einem der weißen Sitzwürfel. Ruheinseln nannte man das in diesen Einkaufszentren.
    War es denn möglich, war das nicht —?
    Noch so ein Wink, ein Tag voller Zeichen.
    Er hielt den Stoffbeutel mit seinen Einkäufen fest umklammert. Lange Zeit rührte er sich nicht.
    Aber er musste eine Entscheidung treffen.
    Endlich gab er sich einen Ruck und ging zu dem Sitzwürfel hin.
    Da war noch Platz für ihn.
    Er atmete rasch ein und aus, dann setzte er sich.
    »Hallo«, sagte er leise zu dem Mädchen.

ZEHN
    E r hätte Zwiebeln einkaufen sollen, zu einer anständigen Tomatensoße gehörten doch Zwiebeln. Nun konnte er die Wohnung nicht mehr verlassen.
    Er rührte in dem Topf, Knoblauch war auch nicht mehr im Haus. Was war nur in den letzten Wochen mit ihm los gewesen? Alles war so karg um ihn herum.
    Er ließ die Spaghetti aus der Verpackung in das kochende Wasser gleiten und knickte sie vorsichtig ein, wenigstens für ein Nudelgericht war gesorgt.
    Eine Zeit lang stand er reglos vorm Herd, dann schlich er sich zu der verschlossenen Wohnzimmertür hin. Nach kurzem Zögern presste er das Ohr an das Türblatt.
    Alles, was er hören konnte, war das Rauschen seines Bluts.
    Es war ungewohnt, einen Gast zu haben, aufregend und verstörend zugleich.
    Zurück in der Küche, stieß er einen leisen Fluch aus. Die Tomaten wären beinahe angebrannt, er drehte den Schalter herunter und rührte hektisch mit dem Holzlöffel im Topf. Er war ja nicht einmal mehr in der Lage, Spaghetti zu kochen.
    Er kostete, es fehlte der letzte Pfiff. Er streute eine Prise Salz und etwas von dem Pizzagewürz in die Soße, drehte
an der Pfeffermühle, aber ohne Zwiebeln und Knoblauch wurde das nichts. Da fiel ihm ein, dass er ja Wurst eingekauft hatte. Er holte sie aus dem Kühlschrank, zerschnitt sie in kleine Würfel und warf sie in den Topf.
    Er stellte sich den Küchenwecker bereit, in der Hinsicht musste man genau sein, neun Minuten Kochzeit, es war 15:37, er wartete, bis die Ziffern auf

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